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euch vor ihm. Ihr könntet kein Wort von dem, was er spricht, verstehen. Endlich paukt er durch manchmal sogar rohe Mittel eurem Gehirn seine Wünsche ein. Ihr mögt wohl tun, was er von euch verlangt, aber tut ihr es im Geiste selbstloser Ergebenheit? Nein, ihr tut es unter Zwang, und ihr hasst das Wesen, das euch seinen Willen aufzwingt. Im selben Augenblick, in dem ihr glaubt, dazu imstande zu sein, würdet ihr ihm den Gehorsam verweigern, ja, ihr würdet euch gegen ihn wenden und ihn vernichten. Nun zum andern Falle: Einer kommt zu euch, den ihr gut kennt; er ist euer Freund, euer Beschützer. Er versteht und spricht eure Sprache. Er hat euch ernährt, hat durch Güte und Schutz euer Vertrauen gewonnen, und endlich verlangt er, ihr sollt etwas für ihn tun. Weigert ihr euch? Nein, ihr gehorcht mit Freuden. So wird mir mein goldener Löwe gehorchen.«

      »Solange es ihm in seinen Kram passt«, setzte Korak hinzu.

      »Lasst mich noch einen Schritt weiter gehen«, sagte der Affenmensch. »Was, wenn dies Wesen, das ihr liebt und dem ihr gehorcht, die Macht hat, euch zu strafen, ja unter Umständen zu töten, falls das nötig wird, um seine Befehle zu erzwingen? Wie steht es dann um euren Gehorsam?«

      »Wir werden ja sehen«, sagte Korak, »wie leicht mir der goldene Löwe hundert Pfund einbringt.«

      Am gleichen Nachmittag ritten sie auf die Ebene hinaus, während sich Dschadbalja dicht hinter Tarzans Pferd hielt. In einiger Entfernung vom Bungalow stiegen sie bei einer kleinen Baumhecke vom Pferde und schritten vorsichtig auf eine Senke zu, in der sich gewöhnlich Antilopen fanden. Jetzt kamen sie verstohlen an das dichte Gestrüpp, das den Rand der Senke auf einer Seite einfasste. So kamen sie an, Tarzan, Jane und Korak, und dicht neben Tarzan der goldene Löwe – vier Dschungelgänger –, aber Dschadbalja, der Löwe, war von den vieren der am wenigsten erfahrene. Leise krochen sie durch das Gestrüpp, kaum dass ein Blatt dabei raschelte, bis sie endlich unten in der Senke eine kleine, friedlich grasende Antilopenherde erblickten. Ein alter Bock stand ihnen am nächsten, und diesen machte Tarzan auf irgendeine geheimnisvolle Art Dschadbalja kenntlich.

      »Fass«, flüsterte er, und der goldene Löwe brummte kaum hörbar, als Antwort, dass er den Befehl verstanden hatte.

      Verstohlen bahnte er sich durch das Buschwerk seinen Weg. Die Antilope äste ahnungslos weiter. Der Abstand, der den Löwen von seiner Beute trennte, war für einen erfolgreichen Ansprung noch zu groß, deshalb wartete Dschadbalja im Busch verborgen, bis die Antilope beim Grasen näherkam oder ihm den Rücken zukehrte. Von den vieren, die den grasenden Pflanzenfresser beobachteten, ließ keiner einen Laut hören, und kein Anzeichen verriet, dass das Tier eine Ahnung von der ihm drohenden, nahen Gefahr hatte. Langsam kam der alte Bock näher auf Dschadbalja zu. Fast unmerklich bereitete sich der Löwe zum Sprunge vor. Die einzige sichtbare Bewegung war das Zucken seiner Schwanzspitze. Dann, wie ein Pfeil von der Sehne, schnellte er im Zeitraum eines Augenblicks vom Zustand voller Unbeweglichkeit in schreckenerregende Schnelligkeit. Er war beinahe auf dem Bock, ehe dieser überhaupt nur die Nähe der Gefahr merkte, und dann war es längst zu spät, denn die Antilope hatte sich kaum herumgeworfen, als der Löwe auch schon auf der Hinterhand hochstieg und sie packte, während die übrige Herde in kopfloser Flucht davonstürzte.

      »Jetzt werden wir ja sehen«, sagte Korak.

      »Er wird mir die Antilope bringen«, sagte Tarzan zuversichtlich.

      Der goldene Löwe zögerte einen Augenblick und stand knurrend über dem Körper seiner Beute. Dann packte er sie am Rücken und schleppte sie in dem auf eine Seite gedrehten Rachen nebenher über den Boden, während er sich langsam auf den Rückweg zu Tarzan machte. Er zerrte die erbeutete Antilope durch das Gestrüpp, bis er sie seinem Herrn vor die Füße gelegt hatte. Dann stand er vor ihm und sah dem Affenmenschen mit einem Ausdruck ins Gesicht, der sich nicht anders denn als Stolz auf seine Leistung und Bitte um Anerkennung deuten ließ.

      Tarzan streichelte ihm den Kopf, sprach ihm mit leiser Stimme zu und lobte ihn. Dann zog er sein Jagdmesser, schnitt der Antilope die Halsschlagader durch und ließ den Körper ausbluten. Jane und Korak standen dicht dabei und passten auf Dschadbalja auf; was würde der Löwe tun, wenn ihm der Geruch des frischen, warmen Blutes in die Nüstern kam? Dieser schnüffelte und knurrte erst, dann fletschte er die Zähne und sah die drei böse an. Der Affenmensch schob ihn mit der flachen Hand zurück, da knurrte der Löwe wieder bösartig und schnappte nach ihm.

      Nun ist Numa flink, flink ist auch Bara, der Hirsch, aber Affentarzan war wie der Blitz. So rasch und kräftig schlug er zu, dass Dschadbalja auch schon im selben Augenblick auf den Rücken fiel, als er seinen Herrn anknurrte. Er kam schnell wieder auf die Beine und nun standen die beiden und sahen einander an.

      »Leg dich«, befahl der Affenmensch. »Leg dich, Dschadbalja.« Seine Stimme war leise, aber fest. Der Löwe zögerte noch einen Augenblick, dann legte er sich auf dies Befehlswort nieder, wie es ihm Affentarzan beigebracht hatte. Tarzan drehte sich um und hob den Körper der Antilope auf seine Schulter.

      »Komm«, sagte er zu Dschadbalja. »Bei Fuß!« Und ohne noch einen Blick auf das Raubtier zu tun, ging er zu den Pferden.

      »Das hätte mir eigentlich klar sein können«, sagte Korak, »dann hätte ich mir meine hundert Pfund erspart.«

      »Natürlich hättest du es wissen können!«, lachte seine Mutter.

      In einem Londoner Gasthaus von eher zweifelhaftem Ruf saß eine überelegante junge Dame beim Essen. Sie fiel weniger durch ihr hübsches Gesicht und ihre schlanke Gestalt auf als durch die Erscheinung ihres Begleiters, eines riesigen und wohlgebauten Mannes Mitte der Zwanziger, der einen so üppigen Bart trug, dass es aussah, als ob er dahinter im Hinterhalt liege.

      Die beiden waren tief im Gespräch, und man merkte, dass die Unterhaltung gelegentlich zu erhitzten Auseinandersetzungen führte.

      »Ich sage dir«, erklärte der Mann, »ich sehe nicht ein, wozu wir die anderen brauchen. Warum sollen sie einen Anteil haben – weshalb in sechs Teile gehen lassen, was du und ich allein haben können?«

      »Es gehört Geld dazu, um den Plan durchzuführen«, erwiderte sie, und du hast so wenig wie ich. Sie haben es aber und werden uns damit den Rücken decken – mir für das, was ich weiß, dir für deine Erscheinung und deine Kräfte. Zwei Jahre lang haben sie nach dir gesucht, Esteban, und nun, da sie dich endlich gefunden haben, möchte ich nicht in deinen Stiefeln stehen, wenn du sie sitzen lässt. Jetzt, wo du alle Einzelheiten des Planes kennst, würden sie dir heute noch die Gurgel durchschneiden, wenn sie dächten, sie brauchten dich nicht mehr. Aber wenn du den Versuch machen willst, sie um ihren Gewinn zu bringen – sie machte eine Pause und schloss dann achselzuckend: Nein, mein Lieber, mein Leben ist mir zu lieb, als dass ich mich mit dir auf so etwas einließe!«

      »Aber Flora, du lieferst alle Angaben und ich nehme alle Wagnisse auf mich – warum sollen wir nicht mehr als ein Sechstel davontragen.«

      »Sprich doch selbst mit ihnen darüber«, sagte das Mädchen achselzuckend, »aber wenn du auf meinen Rat hören willst, dann sei zufrieden mit dem, was dir angeboten ist. Ich habe für meinen Teil nicht nur die Angaben, ohne die sie nichts unternehmen können, ich habe noch obendrein dich gefunden, und doch verlange ich nicht mehr – ich muss mit meinem Sechstel ganz zufrieden sein. Aber du kannst mir glauben, wenn du die Sache nicht vermasselst, dann würde nur ein Sechstel von dem, was du herausholst, für uns alle zusammen schon bis an unser Lebensende genug sein, selbst wenn wir alle eines natürlichen Todes sterben.«

      Der Mann schien keineswegs überzeugt zu sein, und das junge Weib hatte das Gefühl, dass bei ihm Vorsicht am Platze war. Sie wusste eigentlich recht wenig von ihm und hatte ihn persönlich erst ein paarmal gesehen, seit sie ihn etwa zwei Monate vorher zum ersten Male auf der Leinwand eines Londoner Lichtspielhauses entdeckt hatte, als sein Konterfei die Rolle eines römischen Soldaten in der Garde der Prätorianer spielte.

      Bei dieser Gelegenheit gaben ihm lediglich seine heldenhafte Größe und sein vollendeter Wuchs ein Anrecht auf Beachtung, denn seine Rolle war nur klein, und zweifellos war von all den Tausenden, die ihn auf der silbern schimmernden Fläche sahen, Flora Hawkens die einzige, die ein mehr als

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