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dem Löwen scheute die Hündin, denn die Witterung des Tarmangani war nicht der Geruch der Schwarzen, und sie knurrte und schnappte nach ihrem neuen Herrn; aber schließlich legte sie sich ruhig neben ihn, während er ihr den Kopf kraulte. Die nächste Schwierigkeit war, den Löwen mit ihr zusammenzubringen, denn beide hatten voreinander Furcht – der Löwe fauchte und spuckte und die Hündin fletschte knurrend die Zähne. Aber mit einiger Geduld ließ sich die Angelegenheit doch erfolgreich erledigen, und die Hündin säugte den Sohn Numas. Hunger überwand den angeborenen Argwohn des Löwen, während die feste, aber gütige Behandlung durch den Affenmenschen das Zutrauen der Hündin gewonnen hatte, die ihr ganzes Leben lang mehr Püffe und Tritte als Liebkosungen kennengelernt hatte.

      Tarzan band die Hündin für die Nacht in der ihm zugewiesenen Hütte an und ließ sie zweimal bis zum Morgen niederliegen, um das Junge zu nähren. Am nächsten Tage nahmen sie von Umanga und seinem Stamme Abschied und machten sich mit der an einer Leine nebenherlaufenden Hündin weiter auf den Heimweg, wobei der kleine Löwe bald zusammengerollt in Tarzans Arm ruhte, bald in einem Sack getragen wurde.

      Den Löwen nannten sie seines goldenen Felles wegen Dschadbalja; dies bedeutet nämlich in der Sprache der Menschenaffen von Pal-ul-don goldener Löwe. Er gewöhnte sich täglich mehr an sie und seine Pflegemutter, die ihn ihrerseits schließlich wie Fleisch von ihrem Fleisch ansah. Die Hündin wurde Za, Frauchen, genannt. Am zweiten Tage folgte sie ihnen schon willig durch der Dschungel und machte gar keinen Versuch zum Entlaufen. Ein paar Tage später traten sie aus dem den Blick behindernden Grün des Waldes heraus und erblickten nach langer Abwesenheit wieder die Bäume und Sträucher ihres Bungalows.

      Die umliegenden Felder und Gärten waren bebaut, denn die treuen Waziri hatten in Abwesenheit ihres geliebten Herrn alles getan, um die Besitzung in Ordnung zu halten.

      So kamen Dschadbalja, der goldene Löwe, und Za, die Hündin, mit Tarzan, Jane und Korak heim.

      Groß war die Freude über die Heimkehr der drei in den Hütten der Waziri. Nicht nur eine Nacht, nein, viele Nächte lang hielten Tanz und Freudenfest an, bis Tarzan gezwungen war, Einhalt zu gebieten, um sich und seiner Familie wenigstens ein paar Stunden ungestörten Schlummers zu sichern. Die treuen Waziri hatten unter der Anleitung seines nicht minder ergebenen englischen Aufsehers Jervis sowohl Ställe, Koppel und Außenhäuser, wie auch das Innere des Bungalows in peinlichster Ordnung gehalten.

      Jervis war zwar in Geschäften der Farm nach Nairobi geritten und kam erst einige Tage nach ihrer Ankunft wieder zur Besitzung zurück. Seine Freude war aber nicht weniger echt als die der Waziri. Stundenlang saß er mit dem Häuptling und den Kriegern zu Füßen des großen Bwana und lauschte den Erzählungen von dem merkwürdigen Lande Pal-ul-don und den Abenteuern, die den dreien während Lady Greystokes Gefangenschaft dort begegnet waren. Er staunte ebenso wie die Waziri über die merkwürdigen Schoßtiere, die sich der Affenmensch mit nach Hause gebracht hatte. Dass Tarzan eine Vorliebe für einen rasselosen einheimischen Köter hatte, war schon merkwürdig genug, aber dass er gar ein Junges seiner Erbfeinde Numa und Sabor als Pflegling annahm, schien fast unglaublich.

      Beinahe noch erstaunter waren sie bald über die Art und Weise, wie Tarzan den kleinen Löwen erzog.

      Der goldene Löwe und seine Nährmutter hatten zusammen eine Ecke in des Affenmenschen Schlafzimmer, der täglich manche Stunde mit der Erziehung und dem Abrichten des scheckigen kleinen gelben Balles verbrachte – vorläufig war der Kleine voller Spielerei und Anhänglichkeit, aber eines Tages musste ein riesiges wildes Raubtier daraus werden.

      Die Zeit verging.

      Der goldene Löwe wurde groß, und Tarzan brachte ihm viele Listen und Künste bei – etwas zu ergreifen und herbeizubringen, bis auf ein fast unhörbares Kommandowort regungslos im Verborgenen liegen zu bleiben, sich nach seines Herrn Angabe von Punkt zu Punkt zu schleichen, versteckte Sachen mit dem Geruch zu suchen und herauszuholen. Als dann später Fleischnahrung seiner Ernährungsweise zugefügt wurde, bekam er sein Futter stets in einer Weise, die ein grimmiges Lächeln auf den wilden Lippen der Waziri-Krieger hervorrief. Tarzan hatte nämlich eine menschenähnliche Puppe angefertigt, und das dem Löwen als Nahrung bestimmte Fleisch war immer an den Hals der Puppe gebunden. Niemals änderte der Affenmensch etwas an dieser Art der Fütterung. Auf ein Wort des Affenmenschen kauerte sich dann der goldene Löwe mit dem Bauch bis auf die Erde, Tarzan deutete auf die Puppe und flüsterte nur das eine Wort: fass!

      Der Löwe lernte bald, nicht eher an das Fleisch heranzugehen, so hungrig er auch sein mochte, ehe sein Herr nicht dies Wort gesagt hatte. Aber dann schoss er mit einem wilden Knurren pfeilgerade auf das Fleischstück los. Solange er noch kleiner war, war es für ihn nicht so einfach, an der Figur bis zu dem am Hals festgemachten Stück Fleisch hinaufzuklettern, aber je älter und größer er wurde, desto leichter fiel es ihm, den Gegenstand zu erreichen, und zuletzt genügte ein einziger Satz, um ihn ans Ziel zu bringen, die Puppe fiel auf den Rücken und auf ihr saß der junge Löwe, der an der Kehle herumriss.

      Ein Dressurstück war dabei, das von allen anderen am schwierigsten beizubringen gewesen war, und es ist zweifelhaft, ob irgendein anderer als Tarzan, der von Tieren unter Tieren aufgezogen war, imstande gewesen wäre, die wilde Blutgier des Raubtieres zu dämpfen und dessen angeborene Instinkte dem Willen seines Herrn und Meisters dienstbar zu machen. Wochen und Monate geduldiger Bemühungen waren nötig, um diese einzelne Anforderung an die Dressur des Löwen zu erreichen. Auf das Wort »such« musste er einen angegebenen Gegenstand ausfindig machen und zu seinem Herrn bringen. Selbst wenn es die Puppe mit dem an die Kehle gebundenen Stück Fleisch war, durfte er dabei weder das Fleisch anrühren, noch die Puppe oder den anderen Gegenstand beschädigen, den er zu holen hatte; er musste alles vorsichtig zu Tarzans Füßen legen. Mit der Zeit lernte er es einsehen, dass er seiner Belohnung dafür, meist einer doppelten Portion Fleisch, stets sicher war.

      Lady Greystoke und Korak waren oft gespannte Zuschauer dieser Erziehung des goldenen Löwen, obgleich die erstere ihrer Verwunderung darüber Ausdruck gab, wozu diese mühselige Abrichtung des kleinen Löwen gut sein sollte; sie äußerte sogar Bedenken, ob diese Art der Erziehung auch klug war.

      »Was kannst du denn nur um alles in der Welt mit solch einer Bestie anfangen, wenn sie ausgewachsen ist?«, fragte sie. »Er verspricht wohl, einmal ein mächtiger Numa zu werden. Da er an die Menschen gewöhnt ist, wird er nicht die geringste Scheu vor ihnen haben, und nachdem er bisher sein Fressen stets an der Kehle einer Puppe gefunden hat, wird er später an der Kehle lebender Menschen danach suchen.«

      »Er wird nur das fressen, was ich ihn zu fressen heiße«, erwiderte der Affenmensch.

      »Du willst ihm doch hoffentlich nicht lauter Menschen zu fressen geben?«, fragte sie lachend.

      »Er wird niemals Menschen fressen.«

      »Aber wie kannst du das denn verhindern, wenn du ihn von klein auf lehrst, immer Menschen zu fressen?«

      »Jane, ich fürchte, dass entweder du die Intelligenz eines Löwen stark unterschätzest, oder dass ich sie viel zu hoch einschätze. Wenn deine Annahme richtig ist, dann steht mir der schwerste Teil der Aufgabe noch bevor, aber wenn ich recht habe, dann ist er in Wirklichkeit bereits getan. Doch wir können einen kleinen Versuch anstellen und wollen sehen, wer von uns beiden recht hat. Wir wollen einmal Dschadbalja heute Nachmittag mit uns auf die Ebene hinausnehmen. Wild gibt es genug, da wird es für uns nicht schwierig sein, festzustellen, wieviel Gewalt ich eigentlich nach alledem über meinen jungen Numa habe.«

      »Hundert Pfund wette ich«, sagte Korak lachend, »dass er tun wird, was ihm gerade am besten gefällt, sobald er erst warmes Blut geschmeckt hat.«

      »Diese Wette halte ich, mein Junge«, sagte sein Vater. »Ich denke, ich werde dir und deiner Mutter heute etwas zeigen, was weder ihr noch andere im Traume für möglich halten.«

      »Lord Greystoke, der beste Dresseur der Welt!«, rief Jane, und Tarzan stimmte in ihr Gelächter mit ein.

      »Es handelt sich hier nicht um Dressur«, sagte er dann. »Mein Arbeitsplan wäre für jeden anderen als mich unmöglich. Ich will euch einmal

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