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in den Hintergrund zu rücken und sie als alte oder neue Informationen zu deklarieren (dazu später mehr). Dieser beabsichtigte, kommunikative Effekt geht von Hypothesen aus, die der Sprecher über den Wissensstand des Hörers anstellt und entsprechend anpasst.

      Prince (1981: 224) drückt diese Anpassung an den Informationsstand des Hörers plastisch mit dem »Zuschneiden« der Äusserung auf den Hörer aus:

      On all levels the crucial factor appears to be the tailoring of an utterance by a sender to meet the particular assumed needs of the intended receiver. That is, information packaging in natural language reflects the sender’s hypotheses about the receiver’s assumptions and beliefs and strategies.

      Der Begriff des information packaging geht zurück auf Chafe (1976), der betont, dass für den Linguisten in erster Linie die Muster der linguistischen Verpackung von Informationen im Vordergrund stehen und nicht die Information selbst. Durch die Auswahl, die der Sprecher für die Kodierung oder das »packaging« der Informationen trifft, treten seine eigenen Vermutungen bezüglich des Wissenstandes des Hörers zutage:

      [The phenomena at issue] have to do primarily with how the message is sent and only secondarily with the message itself, just as the packaging of toothpaste can affect sales in partial independence of the quality of the tooth paste inside (…). The statuses to be discussed here have more to do with how the content is transmitted than with the content itself. Specifically, they all have to do with the speaker’s assessment of how the addressee is able to process what he is saying against the background of a particular context (…). Language functions effectively only if the speaker takes account of such states in the mind of the person he is talking to. (Chafe 1976: 27–28)

      Mit dieser ersten Annäherung an eine Definition von Informationsorganisation wird deutlich, dass es bei der Gliederung von Informationen im Prinzip um zwei Ebenen geht:

      1 Zum einen geht es um eine sprachliche Ebene, die Mittel für die Verpackung von Informationen zur Verfügung stellt (Syntax, Morphologie, Prosodie). Es handelt sich dabei um Optionen, die ein Sprecher hat, um ein und denselben Sachverhalt je nach kommunikativen Erfordernissen in unterschiedlichen Kontexten darzustellen (Andorno 2003).

      2 Zum anderen geht es um eine aussersprachliche, konzeptuelle, psychologische Ebene, die die Hypothesenbildung des Sprechers in Bezug den Status von Informationen beim Hörer betrifft. Zu dieser psychologischen Ebene gehören »ausserlinguistische kognitive oder ‚mentale’ Zustände der Referenz, wie Aktion, Örtlichkeit oder auch Zeitlichkeit« (Féry 2010: 2).4

      Es wird deutlich, dass sich das Feld der Informationsorganisation an der Schnittstelle von verschiedenen linguistischen Disziplinen befindet: Aspekte der Grammatik, der Pragmatik, der formalen Semantik und der Diskursanalyse werden berücksichtigt (Chini 2010: 9).

      Lambrecht betont jedoch in seinen Ausführungen, dass die psychologische Komponente, die der Informationsorganisation zugrunde liegt (Lambrecht verwendet den Begriff Informationsstruktur) und sich auf die Hypothesenbildung in Bezug auf die »mental states« des Hörers bezieht, nur dann relevant ist, wenn sie sich auch in grammatischen Strukturen widerspiegelt:

      Information is NOT concerned with psychological phenomena which do not have correlates in grammatical form. (Lambrecht 1994: 3)

      Damit verankert Lambrecht die Informationsstruktur in einem grammatischen Rahmen und folgt somit Traditionen wie beispielsweise denen der Prager Schule (vgl. Daneš 1966), die die Informationsstruktur als eine der drei Ebenen der Grammatik ansehen (vgl. auch Fillmore 1976) und gelangt so zu folgender Definition von Informationsstruktur:

      That component of sentence grammar in which propositions as conceptual representations of states of affairs are paired with lexikogrammatical structure in accordance with the mental states of interlocutors who use and interpret these structures as units of information in given discourse contexts. (Lambrecht 1994: 5)

      Der oben zitierte Ansatz findet in der vorliegenden Arbeit insofern eine Entsprechung, dass nicht nur der grammatische Ausdruck von Informationsstruktur im Vordergrund steht, sondern auch, dass die »grammatikalische Ausstattung« einer Sprache, sprich die grammatikalisch-typologischen Eigenschaften wie das Vorhandensein eines Nullsubjekts oder bestimmter Wortstellungsregeln, sich in spezifischer Weise auf die Informationsorganisation auswirkt.

      Nichtsdestotrotz ist es für die Beschreibung von Informationsorganisation von Bedeutung, die konzeptuellen, psychologischen oder kognitiven Kategorien zu behandeln. Féry (2010: 2) verdeutlicht, wie sich die aussersprachlichen und innersprachlichen Aspekte bedingen, auch wenn von Lambrecht die aussersprachlichen Aspekte den sprachlichen untergeordnet werden:

      Diese kognitiven und aussersprachlichen Aspekte der Informationsstruktur sind entscheidend, da sie sich an den grammatischen Bausteinen beteiligen, die die informationsstrukturellen Kategorien wiederum implementieren.

      Nachdem nun die beiden Ebenen der informationsstrukturellen Beschreibung hervorgehoben wurden (die sprachliche und die aussersprachliche, konzeptuelle Ebene) soll an einem Beispiel aus Lambrecht (1994) verdeutlicht werden, wie der gleiche Sachverhalt im Italienischen mit unterschiedlichen sprachlichen Mitteln in Bezug auf den Status5 der darin enthaltenen Informationen variiert werden kann:

      a) La mia macchina si è ROTTA.

      b) È la mia MACCHINA che si è rotta.

      c) Mi si è rotta la MACCHINA.

      Ohne im Moment im Detail auf einzelne informationsstrukturelle Kategorien einzugehen, soll anhand der Beispiele aus Lambrecht verdeutlicht werden, welche Einheiten in den obigen Beispielsätzen hervorgehoben werden und somit entsprechend der Kommunikationsabsicht in den Fokusbereich verschoben werden (zu der Begrifflichkeit Fokus später im Einzelnen).

      Lambrecht unterscheidet zunächst zwischen drei Typen von Hervorhebungen: Hervorhebung des Prädikats (predicate focus), Hervorhebung einer Konstituente (argument focus) und Hervorhebung einer ganzen Äusserung (sentence focus) (Lambrecht 1994: 15ff.).

      Im Beispiel a) liegt der Fokus auf dem Prädikat. Es wird hervorgehoben, dass das Auto kaputt gegangen ist und nicht etwa gestohlen wurde. In b) liegt der Fokus auf der Nominalphrase (Argument) und es wird hervorgehoben, dass das Auto und nicht etwa der Rasenmäher kaputt gegangen ist. Im Beispiel c) wird die ganze Äusserung hervorgehoben ohne einzelne Einheiten zu fokussieren.

      Obwohl alle drei Sätze den gleichen Sachverhalt ausdrücken, unterschieden sie sich jedoch in Bezug auf ihren informationellen Wert für den Hörer, den der Sprecher aufbauend auf seine Hypothesen präsupponiert. Sehr verkürzt kann in Bezug auf den angenommenen Wissensstand des Hörers ausgedrückt werden, dass in a) dem Hörer das Auto bekannt ist, in b) dem Hörer bekannt ist, dass etwas kaputt gegangen ist.

      Je nach Kontext wird somit verdeutlicht, welchen Status die Informationen in den genannten Äusserungen haben. Die gewählte formale Struktur wird dabei von den pragmatischen Funktionen der Äusserungen begründet. Kanonische Wortstellungsregeln werden verändert, um Erfordernissen des Diskurses gerecht zu werden (Lambrecht 1994: 24–25). Je nach Kontext können sich somit Informationen voneinander unterscheiden. So schreibt Musan (2006: 200):

      Die Informationsstruktur versucht nun unter anderem zu erfassen, dass der Satz nicht nur eine bestimmte Information ausdrückt, sondern auch im konkreten Informationsfluss zwischen einem ‚Sprecher’ und einem ‚Hörer’ im weiteren Sinne bestimmte Informationen übermittelt. Die Informationen, die ein Satz ausdrückt, und die Informationen, die der übermittelt, können sich voneinander unterscheiden.

      Die Begriffe Informationsstruktur oder Informationsorganisation stellen somit einen Überbegriff für verschiedene Konzepte dar, die den »Statuts von Individuen und den Status von Informationen über ihre Eigenschaften« (Musan 2006: 1999) unter Zuhilfenahme von bestimmten sprachlichen Mitteln beschreiben. Für Chini (2010:9) steht der Begriff Informationsstruktur für die sprachliche Kodierung von zentralen Dichotomien wie topic vs. comment oder focus vs. background.

      In dieser

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