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des Textes wird von jenen Äusserungen gebildet, die eine direkte Antwort auf die Quaestio liefern. Nebenstrukturen hingegen werden von jenen Äusserungen gebildet, die von dem Rahmen abweichen, der von der Quaestio gesetzt wird. Darunter werden Informationen gefasst, die von Stutterheim (1997: 29) als rahmensetzend und beschreibend bezeichnet. Nehmen wir erneut das oben besprochene Beispiel: »Was habt ihr gestern Nachmittag eigentlich gemacht?«:

      1 Wir sind nach der Vorlesung in die Stadt gegangen.

      2 Ich bin in das Schreibwarengeschäft gegangen.

      3 Lea ist in die Bibliothek.

      4 Luca hat dann eine Eisdiele gesehen und Lust auf ein Eis bekommen.

      5 Das Wetter war ja zum Glück bis zum Abend noch sehr schön und warm.

      6 Dass wir auch noch Keren, Nina und Lenny getroffen haben,

      7 war der Knaller.Kurzerhand sind wir noch ins Schwimmbad gefahren.

      8 Der Nachmittag war echt schön.

      Anhand dieses Abschnitts wird deutlich, dass nicht alle Äusserungen eine Antwort auf die redeeinleitende Fragen geben. Die in kursiv abgedruckten Äusserungen wie »das Wetter war ja zum Glück bis zum Abend noch sehr schön und warm«, »war der Knaller« und »Der Nachmittag war echt schön« geben Auskünfte, die nicht zur Beantwortung der Frage dienen, sondern stellen zusätzliche Informationen dar. Die Hauptstrukturäusserungen hingegen geben eine unmittelbare Antwort auf die Frage und sind entsprechend des Linearisierungskriteriums der chronologischen Abfolge der Ereignisse organsiert.1

      3.3. Quaestio und Informationsstruktur

      Im empirischen Teil der vorliegenden Arbeit wird die Informationsorganisation in Erzählungen, also in komplexen Texten und nicht auf Äusserungsebene im Vordergrund stehen (vgl. Lambrecht 1994). In den folgenden Abschnitten werden im Kapitel 3.3.1. zunächst das Gebiet der Informationsstruktur sowie der Topikbegriff in Anlehnung an die Forschungsliteratur überblicksartig diskutiert. In Kapitel 3.3.2. wird auf die Topik-Fokusgliederung in Zusammenhang mit dem Quaestio-Ansatz eingegangen, um einen Lösungsansatz für terminologische Schwierigkeiten darzustellen, die sich im Bereich der informationsstrukturellen Forschung ergeben. Der folgende Abschnitt skizziert in Form eines Exkurses diese Schwierigkeiten.

      3.3.1. Exkurs: Informationsstruktur und der Topikbegriff

      Im Kapitel 3.3.2. wird die strukturelle Auswirkung der Quaestio behandelt, die sich auf die Topik- und Fokusgliederung innerhalb des Textes bezieht. Damit befinden wir uns in einem Kernbereich der informationsstrukturellen Forschung, in der aufgrund terminologischer Undurchsichtigkeiten die Handhabung der Begriffe wie Topik und Fokus jedoch nicht immer eindeutig ist. Es gibt kaum eine Veröffentlichung, die sich mit der Gliederung von Informationen in sprachlichen Kontexten beschäftigt, die nicht auf die scheinbar beklagenswerte Tatsache verweist, dass die zentralen Begrifflichkeiten wie Topik und Fokus sehr heterogen verwendet werden. Levinson geht so weit, dass er dieses terminologische Problem als Belastung für die Fachliteratur beschreibt: »Terminological profusion and confusion, and underlying conceptual vagueness plague the relevant literature to a point where little may be salvagable« (Levinson 1983: X, vgl. auch von Stutterheim 1997, Musan 2010). Bereits seit den Anfängen der informationsstrukturellen Forschung tritt diese terminologische, sich zum Teil widersprechende Vielfalt zutage (s. den Gebrauch der Begrifflichkeiten »psychologisches Subjekt« und »psychologisches Prädikat« als Vorläufer der Begriffe Topik und Fokus bei Georg von der Gabelentz 1868 und Hermann Paul 1919/1920, vgl. Musan 2002).

      Der Grund für diese terminologische Problematik liegt darin, dass verschiedene informationsstrukturelle Phänomene mit denselben Begrifflichkeiten etikettiert werden, obwohl sie verschiedene Erscheinungen beschrieben. Die Bezeichnung für eine Information, die bereits bekannt und kontextuell gebunden ist, wird beispielsweise derweilen unter Topik (vgl. Höhle 1982, Lambrecht 1994, Meinunger 1995), Thema (vgl. Ammann 1928, Danes 1974, Halliday 1967, Sgall 1972) oder auch Hintergrund bzw. Präsupposition (vgl. Prince 1981, Vallduvì 1992) gefasst. Gemeint sind damit Ausdrücke, die den Gegenstand für etwas liefern, worüber etwas gesagt wird (Ammann 1928, Halliday 1967). Sie sind somit von Bedeutung für die folgende Prädikation (Dik 1997), identifizierbar (Molnar 1993) und weisen somit einen hohen Grad an Vorhersehbarkeit sowie eine niedrige kommunikative Dynamik auf (Firbas 1964).

      Informationen, die neu, unbekannt und kontextuell ungebunden sind, werden als Rhema (Ammann 1929, Halliday 1967), Kommentar (Hocket 1958, Gundel 1985) oder Fokus bezeichnet (Vallduvì 1992). Diese Informationen werden von Ausdrücken gestellt, die etwas über die Topik oder das Thema etc. darstellen.

      Begriffe wie Topik oder Thema sind dabei nicht etwa als Synonyme zu betrachten. Je nach Autor werden verschiedene Aspekte der Informationsstruktur hervorgehoben.1 Musan (2010: 60) fasst die Gründe für die terminologischen »Irrungen und Wirrungen«, die in besonderer Weise die Fachliteratur zur Informationsstruktur prägen, folgendermassen zusammen:

      Was sich hier abzeichnet – die Betrachtung verschiedener sprachlicher Phänomene, die Verwendung unterschiedlicher Begriffspaare, unterschiedliche Definitionen für ein und denselben Begriff – hat sich seitdem in der Forschung weiter entwickelt, und weiter verwickelt: Es wurden mehr informationsstrukturelle Dimensionen entdeckt und untersucht; es wurden noch mehr Begriffspaare in die Diskussion eingeführt; und diese wurden munter mal so und mal anders miteinander gepaart und einmal so und einmal anders definiert.2

      Im empirischen Teil der vorliegenden Arbeit steht der Informationsaufbau im Vordergrund. Dabei geht es insbesondere um die Prozesshaftigkeit, die der Informationsorganisation zugrunde liegt. Für jeden produzierten mündlichen Erzähltext kann informationsstrukturell eine »fertige« Struktur beschrieben werden, jedoch wird in dieser Arbeit auch der Weg zum fertigen Muster, insbesondere der Weg zum Subjektstatus von Entitäten einen entscheidenden Raum einnehmen.

      Bewusst distanzieren wir uns im empirischen Teil vom Begriff der Informationsstruktur,3 der von Halliday 1967 eingeführt wurde, um eine deutliche Abgrenzung zu jenen Studien zu vollziehen, in denen die Informationsgliederung im Hinblick auf einzelne Äusserungen untersucht wird (vgl. Lambrecht 1994). Weitere Begrifflichkeiten, die sich mit der Gliederung von Information im Satz beschäftigen sind zum einen die funktionale Satzperspektive, die von der Prager Schule (vgl. Danes 1974) geprägt wurde, zum anderen aber auch das information packaging (vgl. Chafe 1976). Vorgezogen wird für den empirischen Teil der Arbeit der Begriff der Informationsorganisation, der, wie bereits angedeutet, der Prozesshaftigkeit, insbesondere auf dem Weg zum Subjektstatus von Entitäten, gerechter wird.

      Im Folgenden werden einleitend Grundgrössen für die Beschreibung der Informationsorganisation behandelt. Dabei wird ein knapper forschungsgeschichtlicher Überblick gewährt, der auch auf Studien zur Informationsstruktur auf Äusserungsebene verweist, da diese forschungsgeschichtlich den Ausgangspunkt für informationsstrukturelle Untersuchungen für komplexere Texte wie Erzähltexte darstellen, wie sie hier empirisch behandelt werden.

      Wenn von Informationsstruktur oder Informationsorganisation die Rede ist, geht es um die Art und Weise wie Informationen in einer Äusserung oder in einem Text »verpackt« werden, um den kommunikativen Anforderungen in einem bestimmten Kontext gerecht zu werden. Sprecher versehen demnach ihre Äusserungen durch den Einsatz von syntaktischen, morphologischen oder prosodischen Mitteln mit einer bestimmten Struktur. Sie verpacken sie folglich auf eine bestimmte Art und Weise, um die darin enthaltenen Informationen an den Informationsstand des Hörers anzupassen (Engdahl und Vallduví 1996, Musan 2010).

      Die gewählte Enkodierung, die ein Sprecher vornimmt, stellt immer eine Auswahl an verschiedenen sprachlichen Strukturen dar, die einen bestimmten kommunikativen Effekt erzielt (Foley 1994). Ziel eines solchen kommunikativen Effektes ist es, beispielsweise bestimmte

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