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des eingeführten Sachverhalts verbunden ist. Es geht dabei um einen subjektiven Betrachtungswinkel, der die Gültigkeit einer dargestellten Information auf eine bestimmte Person innerhalb eines Diskurses beschränkt (Sanders und Redeker 1996). Graumann und Kallmeyer geben folgende Defintion für Perspektive:

      With ‚perspective’ and ‚viewpoint’ we refer to a position from which a person or group view something (things, persons or events) and communicate their views. (Graumann und Kallmeyer 2003: 1)

      Jede Äusserung in einem Diskurs enthält eine Perspektive, die entweder durch grammatische Phänomene oder durch die Wahl bestimmter lexikalischer Einheiten zum Ausdruck kommt (Sanders und Redeker 1996: 290ff.). In Bezug auf den grammatikalischen Ausdruck einer Perspektive soll hier das Beispiel des viewpoints angebracht werden.

      Im Falle des grammatikalischen Aspekts wird durch den viewpoint beispielsweise ausgedrückt, welche temporale Eigenschaft einer darzustellenden Situation hervorgehoben wird. Dazu schreibt Smith (1991):

      Aspectual viewpoints function like the lens of a camera, making objects visible to the receiver. Situations are the objects on which viewpoint lenses are trained. And just as the camera lens is necessary to make the object available for a picture, so viewpoints are necessary to make visible the situation talked about in a sentence.

      Selbst wenn das metaphorische Moment des »Sehens« nur bedingt für die tatsächliche Erfassung von aspektuellen Kategorien nutzbar gemacht werden kann (vgl. die Kritik von Sasse 2002 und Klein et al. 2000), soll hier hervorgehoben werden, dass mit der Wahl bestimmter grammatischer Kategorien eine bestimmte Perspektive auf ein Geschehen deutlich gemacht werden kann. Durch die Kodierung eines Verbs mit dem progressiven Aspekt (vgl. die Form stare + gerundio im Italienischen) wird beispielsweise zum Ausdruck gebracht, dass sich das Ereignis, auf das referiert wird, im Verlauf befindet.

      Die Perspektive, im Sinne einer »Blickpunkt bezogenen Verarbeitung kognitiven Materials« (von Stutterheim & Klein 2008: 220), hat folgende Auswirkungen auf die sprachliche Darstellung eines Sachverhalts (von Stutterheim 1997: 24ff.):

      1 Sie schafft eine Auswahl für das Wahrnehmbare. Innerhalb des Wahrnehmbaren wird eine Menge durch die Perspektive ausgewählt.

      2 Durch die Perspektive werden Relationen zwischen den beteiligten Grössen einer Konfiguration festgelegt.

      3 Mit der Perspektive verleiht der Sprecher einzelnen Komponenten einer Sachverhaltsdarstellung eine bestimmte Gewichtung.

      Die Quaestio wirkt sich dahingehend auf die Sprachproduktion aus, die für die vorliegende Arbeit von besonderem Interesse ist, dass der Aufbau einer konzeptuellen Struktur immer unter einer bestimmten Perspektive erfolgen kann. Die Quaestio bestimmt Auswahl, Anordnung und Gewichtung der Informationen, die für die Darstellung eines Sachverhalts relevant sind.

      Zusammenfassend soll hier festgehalten werden, dass mit der Quaestio ein conceptual perspective point auf den darzustellenden Sachverhalt festgelegt wird, der in seiner Reichweite unendlich spezifiziert sein kann. Die durch die Quaestio eingeführte Perspektive gilt global und bildet in gewisser Weise den default-Wert für die sprachliche Umsetzung, in der Weise, dass Abweichungen davon explizit markiert werden müssen. (von Stutterheim 1997: 26)

      Zu bemerken ist hierbei, dass der Sprecher jederzeit von den Vorgaben der Quaestio abweichen kann. In diesem Fall muss er allerdings in Kauf nehmen, dass der produzierte Text nicht mehr als Antwort auf eine Frage betrachtet wird und somit im Sinne der Frage auch kein kohärenter Text entsteht (von Stutterheim und Klein 2008).

      Nachdem in den vorangegangenen Abschnitten der Einfluss der Quaestio im Hinblick auf ihre inhaltlichen Auswirkungen behandelt wurde, stehen im folgenden Unterkapitel strukturelle Faktoren im Vordergrund, die die Quaestio für den Antworttext macht.

      3.2. Strukturelle Vorgaben: Haupt- und Nebenstruktur

      Die Eigenschaften, die oben in Bezug auf den referentiellen Rahmen, die Wissensbasis und die Perspektive beschrieben wurden, lassen sich nicht nur auf Erzählungen, sondern auch auf andere Texte anwenden (wie beispielsweise Beschreibungen oder argumentative Texte). Diese Angaben definieren die »konstitutiven makrostrukturellen Eigenschaften eines Textes«, die, so von Stutterheim und Carroll (2018), als »Gerüst« zu verstehen sind, in das Informationen auf mikrostruktureller Ebene implementiert werden. Aus diesem »Gerüst« ergibt sich dann eine Auswahl an Informationen und Ausdrucksmitteln, die für jede Frage-Antwort-Konstellation angewandt werden kann. Darin enthalten sind folgende Elemente:

      1 Die zu spezifizierenden Kategorien in den relevanten konzeptuellen Domänen (wie Zeit und Raum).

      2 Die referentielle Bewegung innerhalb der Domänen (die Bewegung von einer Hauptstrukturäusserung zur nächsten).

      3 Die Zuweisung von spezifischen Bedeutungselementen zur Topik- oder Fokuskomponente.

      Zu bemerken ist, dass diese Angaben die Wahlmöglichkeiten einschränken, aber dem Sprecher auch Wahlmöglichkeiten eröffnen, innerhalb derer sprachspezifische Einschränkungen wirksam werden, die in dieser Arbeit in Bezug auf die Informationsorganisation im Vordergrund stehen.

      In Bezug auf die bereits besprochenen konzeptuellen Domänen des referentiellen Rahmens gelten folgende strukturellen Angaben:

      1 Modalität Der zugewiesene Status wird beibehalten (faktisch oder fiktiv).

      2 Zeit Die einzelnen Bezüge auf die Zeit erfahren eine Verschiebung (gemäss der Anordnung der Ereignisse, auf die referiert wird) und bewirken so die Progression der Information.

      3 Raum Den Raum betreffend sind die Bezüge nicht festgelegt (sie können beibehalten und verschoben werden oder unspezifiziert bleiben).

      4 Entitäten Bezüge auf Entitäten werden entweder eingeführt oder beibehalten.

      5 Prädikate Müssen jeweils neue Informationen einführen.

      Sie werden im Folgenden anhand eines kurzen Textes erläutert, der auf die folgende Frage eine Antwort gibt. »Was habt ihr gestern Nachmittag eigentlich gemacht?«

      Wir sind nach der Vorlesung in die Stadt gegangen. Ich bin noch in das Schreibwarengeschäft gegangen, Lea in die Bibliothek und Luca hat eine Eisdiele gesehen und hat dann noch Lust auf ein Eis bekommen. Das Wetter war ja zum Glück bis zum Abend noch sehr schön und warm. Dass wir auch noch Keren, Ninaund Lenny getroffen haben, war der Knaller. Kurzerhand sind wir noch ins Schwimmbad gefahren. Der Nachmittag war echt schön.

      Die Modalität bleibt faktisch, es geht nicht um ein fiktives, sondern um ein »reales« Ereignis. Die Bezüge auf die Zeit sind auf der Zeitachse entsprechend der chronologischen Abfolge der Ereignisse, auf die referiert wird, in Bezug aufeinander verschoben. Alle Ereignisse liegen vor dem Sprechzeitpunkt und sind als abgeschlossen zu betrachten.

      1___ 2___ 3___ 4___ 5___ 6___

      1 nach Vorlesung in die Stadt fahren

      2 ins Geschäft gehen

      3 in die Bibliothek gehen

      4 Eis essen

      5 Keren, Nina und Lenny treffen

      6 ins Schwimmbad gehen

      Die Bezüge auf den Raum, die nicht festgelegt sind, werden in diesem Beispiel verschoben: Universität, Stadt, Schwimmbad. Die Entitäten (individuelle, spezifizierte Personen) werden eingeführt (zunächst Lea und Luca, dann Keren, Nina und Lenny) und beibehalten. Die Prädikate enthalten entsprechend der Ereignisse, auf die sie referieren, jeweils neue Informationen und umfassen sowohl Zustände als Ereignisse.

      Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es in Bezug auf die strukturellen Vorgaben der Quaestio um eine »strukturierte Informationsentfaltung« handelt. Die Quaestio macht Vorgaben für die Kohärenzrelationen zwischen den Äusserungen, indem Muster für die referentielle Bewegung geschaffen werden (von Stutterheim 1997).

      Dabei

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