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ergibt sich das qualitative Paradigma der Studie (s. für die Sozialwissenschaften Bortz / Döring 2006: 296ff., Flick / Kardorff von / Steinke 2007b: 13-23, Prengel / Friebertshäuser / Langer 2010: 17-39, für die Fremdsprachenforschung Hu 2001: 12f.; Caspari / Helbig / Schmelter 2007: 499, Grotjahn 2006: 247-270, 2007: 494f., Riemer 2006: 454, Schramm 2016: 52). Da es im empirischen Teil der Studie darum geht, die narrativen Interaktionen der Akteure des Unterrichts in deren Aktionsfeld situationsbezogen zu erforschen und daraus Erkenntnisse über den Gebrauch der Potenziale mündlichen Erzählens als Performance zu gewinnen und da zur Auswertung der Daten interpretative Verfahren angewandt werden sollen, liegt eine Festlegung auf das explorativ-interpretierende Paradigma vor, in dem

      […] das Ziel verfolgt [wird], zu einem Verstehen komplexer Zusammenhänge zu gelangen, wie sie beim Lehren und Lernen von Fremdsprachen entstehen. Dieses Verstehen geschieht mittels einer detaillierten und zugleich umfassenden Beschreibung und Interpretation des entsprechenden Wirklichkeitsbereichs (Exploration). (Caspari /Helbig / Schmelter 2007: 499)

      Die beiden von mir gewählten diskursiven Daten, der Erhebungskontext und die gewählten Untersuchungsperspektiven geben der Studie eine ethnografische Ausrichtung, für die eine wichtige Einschränkung gilt: Die Datensammlung erfolgt nicht „unter hochgradig unkontrollierten Bedingungen“ (Schramm 2016: 51). Andere, für die ethnografische Forschung wesentliche Merkmale treffen jedoch auf meine Studie zu. Im Rekurs auf die von Müller-Hartmann vorgetragenen Prinzipien ethnografischer Forschung für das fremdsprachliche Klassenzimmer lassen sich folgende ethnografische Charakteristika meiner Studie festhalten (Müller-Hartmann 2001)1: die Forschung in natürlichen Settings (Kap. 2.1.1), die aktive Rolle der Beforschten innerhalb des Forschungsprozesses (Kap. 8.1), die Verknüpfung der Außensicht auf den Forschungsgegenstand mit der Innensicht der Akteure (Kap. 10) und eine mehrfache Perspektivierung des Forschungsgegenstandes durch Daten- und Methodentriangulation (Kap. 12.4).

      Einzelfallstudien als Basisdesign der empirischen Studie

      Die Wahl des Basisdesigns ergibt sich aus dem Weiterbildungskontext. Dieser bietet die Möglichkeit, die Unterrichtsprojekte der Teilnehmerinnen und -teilnehmer als Forschungsgrundlage zu wählen. Zwischen den Polen Einzelfall und Vergleichsstudie ist meine Studie in einer Zwischenstufe (Flick 2007a: 254) angesiedelt und „stellt die Verbindung mehrerer Fallanalysen dar, die als solche durchgeführt werden und dann komparativ oder kontrastierend gegenüber gestellt werden.“ (Flick a.a.O.) Dabei wird ein in der Fremdsprachendidaktik angewandtes „engeres Verständnis von Fallstudie zugrunde gelegt: Fallstudie verstanden als eine mehrmethodische Untersuchung unterschiedlicher Konstituenten eines oder mehrerer komplexer Fälle.“ (Caspari 2016b: 69).

      Die Verknüpfung der Einzelfallstudie mit Prinzipien von Aktionsforschung

      Legt man die von der Bildungswissenschaft und seit den 2010er Jahren auch in der Fremdsprachendidaktik vertretene Konzeption von Praxis- und Aktionsforschung2 zugrunde, so sind einige wichtige Charakteristika von Aktionsforschung in den Projekten der Weiterbildungslehrkräfte realisiert (Altrichter/Posch 2007: 15ff., Altrichter / Aichner / Soukup-Altrichter / Welte 2010: 803, Hermes 1997: 5ff., Bergfelder-Boos 2011, Prengel 2010: 785f., Caspari 2016c: 72f.). Dazu gehört vor allem der subjektbezogene Ansatz, denn in diesem Projekt sind Lehrkräfte nicht nur ‚Beforschte‘, sondern werden selbst als Forschende ihres eigenen Unterrichts tätig. Weitere Merkmale von Aktionsforschung sind die innovative, auf die Weiterentwicklung ihrer Praxis ausgerichtete Zielsetzung der Projekte, ferner die prozesshafte Verbindung von Aktion im Unterricht und Reflexion in der Weiterbildung, die Perspektivierung der Forschung durch Einbeziehung unterschiedlicher Sichtweisen sowie die kollegial-kooperativen Arbeitsformen und die Einbettung der Forschung in eine professionelle Gemeinschaft. Ein weiteres Merkmal – eine aus der Praxis sich ergebende Fragestellung – trifft nur bedingt zu, denn die Motivation zur Erkundung des Potenzials mündlichen Erzählens ist zwar eine für die Praxis relevante Fragestellung, sie entstand jedoch außerhalb des Praxisfeldes3. Nur in Ansätzen vorhanden ist der „wissenschaftlich-reflexive Habitus“ (Altrichter / Posch 2007: 337), der sich in einem systematischen methodischen Vorgehen realisieren müsste, das Prengel für die Praxisforschung wie folgt beschreibt:

      Alle systematischen Methoden der Praxisforschung enthalten im Kern zwei Phasen: erstens diagnostizieren sie „was ist“, zweitens entwerfen sie, „wie es weitergeht“. Die vorhandene Perspektive auf den „Fall“ wird analysiert und zum Ausgangspunkt genommen für intendierte und inszenierte Suche nach neuen Perspektiven. (Prengel 2010: 791)

      Für die Lehrkräfte dieser Weiterbildung wird ihre eigene Unterrichtssituation nicht zum ‚Fall‘. Sie führen weder eine selbstständige Datenerhebung wie z.B. eine Befragung der Schülerinnen und Schüler noch eine systematische Datenauswertung auf der Grundlage ausgewiesener methodischer Verfahren durch. Die sehr zeit- und arbeitsaufwändige Projektarbeit sollte machbar, die inhaltlichen und organisatorischen Anforderungen sollten überschaubar sein. Aus den bisher erläuterten Aspekten folgt, dass die Projektarbeit der Lehrkräfte lediglich Elemente von Aktionsforschung enthält. Diese verleihen ihr ein besonderes Profil, das in Abgrenzung vom o. g. wissenschaftlich-reflexiven Habitus als experimentierend-reflektierend charakterisiert werden kann. Anders verhält es sich mit dem Projekt der Forscherin. Für sie stellen die Ergebnisse der Unterrichtsprojekte die Einzelfälle dar, die systematisch, anhand ausgewiesener Forschungsmethoden untersucht werden. Chancen und Herausforderungen dieses Forschungskontextes werden im Zusammenhang mit der Präsentation der Projektarbeit und der Darstellung der Datenerhebung erläutert (Kap. 8.1).

      2.3 Forschungsverfahren und Forschungsinstrumente

      Zur Umsetzung der Zielsetzungen und Forschungsentscheidungen wähle ich einen Mehr-Methodenansatz, mit dessen Hilfe sich eine reichhaltige und detaillierte Beschreibung des Forschungsgegenstandes realisieren lässt (Riemer 2006: 452).

      2.3.1 Datenerfassung und -gewinnung

      Zur Durchführung der empirischen Studie werden einige für den ethnografischen Ansatz und die Einzelfallstudie typische Verfahren der Datenerfassung und -gewinnung eingesetzt: die Sammlung unterrichtsbezogener Dokumente (1), die Beobachtung (2) und die Befragung (3).

      1 Das Erfassen von Dokumenten (Kap. 2.2.2), die im Rahmen der Projektarbeit entstehen, bietet sich an, weil diese den Arbeitsprozess der Lehrkräfte und die Ergebnisse der narrativen Aktivitäten der Lernenden auf besonders gewinnbringende Weise abbilden:Der große Gewinn der Arbeit mit unterrichtsbezogenen Texten liegt darin, dass diese nicht gezielt für Forschungszwecke verfasst wurden, sondern in natürlichen Kontexten entstanden sind. Das heißt, dass es keine durch Designs und Instrumente sonst notwendigerweise einhergehende Beeinflussungen, Begrenzungen und Artefakte gibt, sondern dass sie das Resultat authentischer Lehr-/Lern- bzw. Aus- und Weiterbildungssituationen in der Gegenwart oder der Vergangenheit sind. (Caspari 2016e: 200)

      2 Das Verfahren der Beobachtung bietet sich an, weil auf diese Weise die Gestaltung der Erzählperformances und die narrative Interaktion der Akteure der Erzählstunden erfasst werden können. Als Instrument der Beobachtung werden die direkte Beobachtung und die Videografie eingesetzt. Die direkte Beobachtung nutze ich, um mir einen unmittelbaren, nicht durch die Kamera gefilterten akustischen und visuellen Eindruck von der unterrichtlichen Aktion und dem ästhetischen Erlebnis der Performances zu verschaffen. Ich führe sie durch als observer-as-participant (Schramm / Götz 2016: 143) aus überwiegend etischer Perspektive (s. die Diskussion dieser Problematik in Kap. 8.1.3). Allerdings nutze ich das Instrument der direkten Beobachtung nicht zur Auswertung des empirischen Materials, sondern stütze mich auf das zweite Erhebungsverfahren, die Videografie. Die Videografie eignet sich in besonderem Maße zur mehrdimensionalen Erforschung des mündlichen Erzählens. Das Datenmaterial ist dynamisch und vielschichtig (Burwitz-Melzer 2001: 137), weil es sowohl das Verbale als auch das Non-Verbale, das Körperliche und das Atmosphärische einfängt und Möglichkeiten bietet, das Material in Mikro- und Makrosequenzen einzuteilen und damit einzelne Szenenausschnitte, aber auch den Gesamtablauf in den Blick zu nehmen.

      3 Das Verfahren der Befragung von Lehrenden und Lernenden bietet sich an, weil mit ihrer Hilfe die Innenperspektive der Akteure

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