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ich im Zusammenhang mit den Erläuterungen zum Weiterbildungs- und Forschungskontext (Kap. 2.2 und Kap. 8.1) vorstellen.

      Die Weiterbildungssituation trug einen weiteren problematischen Aspekt in sich. Ich musste mich sofort entscheiden und mit der Projektplanung beginnen, denn die Weiterbildungsstudiengänge waren zeitlich begrenzt. Ich entschloss mich, den ersten Weiterbildungskurs (2004-2007) für ein Pilotprojekt zu nutzen. Die Rahmenbedingungen dieses ersten Studiengangs erwiesen sich jedoch nicht als durchweg projektförderlich. Das Fehlen eines unterrichtspraktischen und fachdidaktischen Lernbereichs in der Studienordnung und die hohe Arbeitsbelastung der studierenden Lehrkräfte brachten es mit sich, dass ein kontinuierliches, verlässliches und motiviertes Arbeiten nur teilweise zu realisieren war. Diese und andere Voraussetzungen, u.a. meine zum damaligen Zeitpunkt noch nicht weit entwickelten Vorstellungen von einem systematischen Umgang mit empirischen Daten, waren verantwortlich dafür, dass ich aus dem Pilotprojekt zwar Ideen zur Ausarbeitung einer Studie entwickeln und die ‚Stolpersteine‘ des partizipatorischen Ansatzes absehen konnte, aber nicht genügend Möglichkeiten zur Erprobung der Datenerhebung und -auswertung hatte. Die Lehrkräfte setzten sich intensiv mit dem narrativen Ansatz der Fachdidaktik und der Erzählpädagogik, insbesondere mit den Videoaufnahmen der von Marie-Célie Agnant gehaltenen Erzählstunden und der literaturwissenschaftlichen Erzähltheorie auseinander. Sie waren jedoch lediglich bereit, Unterrichtsstunden zu entwerfen und zu diskutieren, nicht aber sie durchzuführen. Auch wollten sie keine Videoaufnahmen ihres eigenen Erzählens zulassen. Aus dem Pilotprojekt ergab sich als erste Konsequenz eine Veränderung des Studienplans (Kap. 8.1.1) und des von mir verantworteten Lernbereichs, was ein höheres Maß an Verbindlichkeit erbrachte. Als zweite Konsequenz für den Forschungskontext wurden bereits im Vorfeld Verantwortlichkeiten geklärt und Verabredungen getroffen (Kap. 8.1.2).

      Die Entscheidung für das Projekt war getroffen. Einen weiteren, wesentlichen Faktor hatte ich jedoch übersehen. Ich hatte keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Datenerhebung. Die Erzählprojekte waren zu Beginn des Studiengangs im Kontext der vorgesehenen Lehrveranstaltungen durchzuführen. Es blieb keine Zeit für meine eigene intensive Auseinandersetzung mit den neueren, von mir zur Lektüre vorgesehenen wissenschaftlichen Ansätzen. Bei Durchsicht des Materials wurde mir klar, dass ich den performativen Aspekt der in den Erzählprojekten vorgeführten narrativen Aktivitäten nicht ohne eingehendes Studium des Performativen, seiner Theorie und seiner Analyseinstrumente analysieren konnte. Weitere Theoriearbeit war notwendig. Aus den genannten Gründen ergibt sich als dritte Konsequenz der Ausgangslage ein spiralförmiger Verlauf des Forschungsprozesses, in dem Phasen der Feldbeobachtung, der Datenerhebung, der Theoriebildung und der Datenauswertung aufeinander folgen und sich auseinander ergeben. Auf dieselbe Weise veränderten sich Zielsetzungen und Gesamtkonzeption der Studie. Deren endgültige Fassung wird im Folgenden dargestellt.

      2.1.2 Thema, Zielsetzungen und Desiderata

      Das Thema meiner Arbeit umfasst

      1 die Erkundung einer spezifischen Form des Erzählens – des mündlichen Erzählens als Performance,

      2 die Verwendung dieser sprachlich-ästhetischen Ausdrucksform im Fremdsprachenunterricht,

      3 die Weiterbildungssituation als Arbeits- und Forschungskontext der Projektteilnehmerinnen und -teilnehmer und der Forscherin.

      Ziel der Arbeit ist es, die Potenziale des mündlichen Erzählens als Performance für die Entwicklung narrativer Diskurse im Fremdsprachenunterricht zu erforschen und damit einen Beitrag zur Weiterentwicklung des Fremdsprachenunterrichts und der Lehrerbildung zu leisten. Als Arbeitshypothese dieses Vorhabens diente mir von Beginn an die Mehrdimensionalität der Diskursform Erzählen (Kap. 1).

      Als ich nach erster Durchsicht meines empirischen Materials feststellte, dass die mir zur Verfügung stehenden Analyseinstrumente keinesfalls ausreichten (Kap. 2.1.1), suchte ich zunächst in der fachdidaktischen und literaturwissenschaftlichen Fachliteratur nach Modellen, Konzepten und Instrumenten, mit denen die Mehrdimensionalität mündlichen Erzählens zu fassen sein könnte. Die entscheidenden Anregungen fand ich nicht in der Fachdidaktik, sondern in der interdisziplinären Erzählforschung (Nünning / Nünning 2002c), der intermedialen Erzähltheorie (Wolf 2002a) und der Performancetheorie (Fischer-Lichte 2004). Diese Ansätze trugen dazu bei, dass ich mehrere Dimensionen des Forschungsgegenstandes entdecken und aufeinander beziehen konnte. Dazu gehörten in erster Linie die Dimension des in Mündlichkeit sich realisie­renden Narrativen und die Dimension des performativ-ästhetischen Handelns.

      Da die genannten Ansätze jeweils auf eine mehrdimensionale Konzeptualisierung ihres Forschungsgegenstandes ausgerichtet sind, konnte ich mit ihrer Hilfe drei weitere Dimensionen des Erzählens erfassen:

       die Dimension der werkinternen Komponenten und charakteristischen Merkmale des Narrativen und des Performativen,

       die Dimension ihrer Realisierung in unterschiedlichen Vermittlungsformen, z.B. als mündliches oder schriftliches verbales Erzählen und als Performance sowie

       ihre funktionale Dimension, z.B. Sinn und Bedeutung zu schaffen, zu unterhalten, zu bilden – Funktionen, die in unterschiedlichen Anwendungsfeldern auf unterschiedliche Weise realisiert werden.

      Damit eröffneten sie meiner Forschung die Möglichkeit, den Forschungsgegenstand in zwei große, übergreifende Dimensionen zu gliedern: in eine werkseitige Dimension, die das Narrative und das Performative mit den werkinternen Komponenten und Vermittlungsformen erfasst, und in eine werkexterne Dimension, die unterschiedliche Anwendungsmodi in unterschiedlichen Praxisfeldern erfasst.

      Die Aufgliederung der werkexternen Dimension habe ich unter Zuhilfenahme der die Praxis des Erzählens erforschenden Fachliteratur (Kap. 2.2.2) vorgenommen. Daraus ergeben sich zwei für das mündliche Erzählen als Performance im Fremdsprachenunterricht relevante werkexterne Dimensionen: die Dimension der gesellschaftlich-kulturellen, erzähldidaktischen und ästhetischen Praxis und die Dimension einer fremdsprachendidaktischen Perspektive auf das mündliche Erzählen.

      Meine Recherche nach Möglichkeiten der mehrdimensionalen Modellierung mündlichen Erzählens als Performance führte demzufolge zu vier Dimensionen, die sich den zwei großen Dimensionen – der werkseitigen und der werkexternen Dimension ‒ zuordnen lassen. Dies illustriert die folgende Grafik:

      

Abb. 1:

      Die Dimensionen mündlichen Erzählens als Performance

      Diese Dimensionen werde ich auf ihre Potenziale für den Fremdsprachenunterricht befragen, auf dieser Grundlage Strukturierungs- und Analysemodelle entwickeln und diese auf die unterrichtliche Praxis anwenden. Aus den Ergebnissen der theoretischen Arbeit und der empirischen Analyse werde ich praxisrelevante Konzepte zur Entwicklung narrativer Diskurse im Fremdsprachenunterricht erarbeiten.

      Für den Fremdsprachenunterricht sind Zielsetzungen und Ergebnisse des Forschungsvorhabens insofern relevant, als mit ihrer Hilfe Desiderata fremdsprachendidaktischer Forschung aufgearbeitet werden können. Dies aus folgenden Gründen:

      1 Die Diskursform mündliches Erzählen wird in der Fremdsprachenforschung vornehmlich als eine Form monologischen oder interaktiven Sprechens erforscht und erfüllt somit überwiegend dienende Funktion im Hinblick auf die Kompetenz Sprechen (s. Sambanis 2007: 218-227, Diehr / Frisch 2008: 136-115, Grum 2010: 326-354). Ihren Eigenwert darzustellen ist insofern eine lohnende Aufgabe, als damit Impulse für die fachdidaktische Diskussion um den Einsatz der Diskursform Erzählen als Kompetenzziel (Bredella 2007, 2012b, Nünning / Nünning 2007, 2010, Hallet 2007) und als Unterrichtsprinzip (Bleyhl 2002b, Muller 2004, Bergfelder-Boos 2007, Mertens 2007, Bredella 2012a, 2012b) – nicht nur für die Grundschule1 – gegeben werden können.

      2 Bisher wurde noch nicht der Versuch unternommen, mithilfe eines interdisziplinären Ansatzes das Potenzial der narrativen Diskursform und des performativen Gestaltens einerseits und die werkexternen Anwendungspotenziale andererseits für den Fremdsprachenunterricht auszuloten und diese Zusammenhänge anhand konkreter unterrichtlicher Aktivitäten

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