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»Wer Geld besitzt, hat diejenigen, die keins besitzen, im Sacke.«) und »der Herzen Prüfstein« (Shakespeare in Timon von Athen), an dem sich der Charakter eines Menschen beweist.

      Heute definiert die Mehrheit der Ökonomen Geld von seiner Funktion her. Es ist eigenschaftslos, es kann jede Form annehmen. Es ist eine Quantität ohne Qualität, im täglichen Leben so vertraut, dass sein Gebrauch nicht mehr auffällt. Seine Verwendung liegt unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, weil es nur so als Tauschmittel am Markt tatsächlich brauchbar ist. Dieses Tauschmittel muss gewisse Eigenschaften mitbringen, etwa die Fähigkeit, die Kaufkraft über die Zeit zu bewahren. Daher sind alle vergänglichen Gegenstände – wie etwa Äpfel oder Fische – für die Geldfunktion ungeeignet. Geld muss allgemein akzeptiert, liquide und transportabel sein, um möglichst jederzeit und überall zu funktionieren. Geld sollte schließlich noch als Recheneinheit taugen, denn wenn es keinen allgemein anerkannten Wertmaßstab gibt, wird es schwierig, die relative Knappheit eines Gutes zu bestimmen.

      An dieser Stelle setzten die Quantitätstheoretiker des Geldes an. Die in einem bestimmten Zeitraum umgesetzte Geldmenge ist gleich dem in Geld bewerteten Güterumschlag. Als Formel ausgedrückt: M × V = P × Y, wobei M für die Geldmenge, V für die Umlaufgeschwindigkeit, P für das Preisniveau und Y für die Menge der gehandelten Güter steht. Geht man davon aus, dass Umlaufgeschwindigkeit und Gütermenge sich nicht stark ändern (was nicht selbstverständlich ist), muss eine steigende Geldmenge zu steigenden Preisen führen. Ist in einer Volkswirtschaft hartes Geld im Umlauf, bleibt also auch M einigermaßen konstant, so ist Preisstabilität zu erwarten.

      Auch mit dieser Theorie meint es die Realität aber nicht immer gut. Das Anwachsen der Geldmenge in Japan, den USA und der EU seit den 1990er Jahren hat dort nicht zu einer spürbaren Erhöhung des allgemeinen Preisniveaus geführt. Es ist, als müssten die Notenbanken gegen eine unersättliche Sparneigung andrucken, die das frische Geld ungenutzt in Horten verschwinden lässt.

      Kaum jemand beschäftigte sich zu Anfang des Krieges mit der Frage, ob und nach welcher Theorie Reichskassenscheine oder Darlehenskassenscheine Geld waren. Die Hauptsache war, dass sie für die täglichen Einkäufe akzeptiert wurden. Die neu geschaffenen Scheine fanden schnell Verbreitung und wurden zu einem alltäglichen Phänomen. An ihre zweifelhafte Herkunft dachte in einer Zeit, in der Europa ganz andere Sorgen hatte, niemand. Waren sie nicht nach dem Krieg von 1870/71 schnell wieder verschwunden, dank der Reparationszahlungen aus Frankreich? War nicht die Teuerung der frühen Kriegsjahre moderat (gegenüber dem Dollar verlor die Mark zwischen Ende 1914 und 1916 nur etwa ein Fünftel) und war nicht vielmehr die Knappheit der Güter auf die Seeblockade der Alliierten zurückzuführen (und nicht etwa auf eine Verschlechterung des Geldes)? So gelangten die neuen Scheine gedankenlos in Umlauf und oft genug wieder in die Kassen der Reichsbank, wo sie den Status von Gold annahmen. So glaubte das Deutsche Reich, einem Rumpelstilzchen gleich, aus Stroh Gold zu spinnen.

      Die Geldmenge ist nicht die einzige Determinante der Härte und Qualität einer Währung. Auch in der Zeit des Goldstandards hing die Glaubwürdigkeit einer Währung nicht allein an der Menge des Goldes in den Kellern der Notenbank, sondern mindestens so sehr am Glauben an die Wirtschaftskraft eines Landes. Banknoten wurden an der Stelle von Gold angenommen, solange man der Regierung vertrauen konnte, dass sie im Zweifelsfalle für ihr Versprechen geradestehen würde, Papiergeld in Gold zu tauschen. Ihr Versprechen konnte sie entweder einhalten, indem sie jede ausgegebene Note vollständig mit Gold hinterlegte oder indem sie über Steuereinnahmen verfügte, die es erlaubten, die nötige Menge Gold herbeizuschaffen. Je stärker die Wirtschaft und je solider der Haushalt eines Staates waren, desto weniger Edelmetall musste er auch in Zeiten des Goldstandards vorhalten, um dennoch eine über allen Zweifel erhabene Währung zu haben.

      Im Umkehrschluss bedeutete dies, dass ein Land mit zerrütteter Wirtschaft und schwacher Steuerbasis selbst unter den Bedingungen des Goldstandards keine starke Währung haben konnte. Kaum jemand sah die wirtschaftliche Achillesferse des Kaiserreichs, die in den kurzen Kriegen des 19. Jahrhunderts unsichtbar geblieben war: Die Steuerbasis von Bismarcks Koloss in der Mitte Europas war bereits in Friedenszeiten bestenfalls tönern. Das Reich lebte von einigen marginalen Steuern und von Zöllen (und war in dieser Hinsicht der heutigen EU vergleichbar), während die Länder, jedes für sich, eine eigene Steuerpolitik betrieben und sich in einen Wettbewerb um die niedrigste Belastung begaben. Deutschland war vor dem Ersten Weltkrieg, nach heutigen Maßstäben, eine Steueroase. Hat man aber je gehört, dass eine Steueroase einen Krieg gewonnen hätte? Eine wesentliche Voraussetzung nicht nur für eine stabile Währung, sondern auch für einen erfolgreichen Waffengang war der effiziente Zugriff auf Einkommen und Vermögen der Bürger und das darauf basierende Vertrauen eines weiten Kreises von Kreditgebern. Davon konnte 1914 keine Rede sein. Lediglich 3,5 % der Einnahmen des deutschen Staates kamen 1913 aus direkten Steuern, gegenüber 47,5 % in Großbritannien, welches bereits über eine moderne Steuerverwaltung verfügte. Die öffentlichen Ausgaben betrugen vor dem Krieg lediglich 15 % des Volkseinkommens. Bei allem Wohlstand, den Deutschland sich erarbeitet hatte, fehlte die finanzielle Infrastruktur für einen langen und verlustreichen Krieg. Woher das Geld nehmen, wenn der Gegner sich nicht besiegen ließ und seine Kassen außer Reichweite blieben? So stark Deutschland äußerlich erschien, die Kombination aus goldgebundener Währung, schwachem Steuerstaat und unterentwickelten Kapitalmärkten zwang die Regierung zu Kreativität bei der Finanzierung des Krieges. Die Ausweitung der Geldmenge war die logische Konsequenz. Das allein hätte aber auch nicht ausgereicht, um aus einer schleichenden Inflation eine trabende oder gar galoppierende zu machen.

      18Die Zitate von Friedrich Bendixen finden sich in: Währungspolitik und Geldtheorie im Lichte des Weltkrieges, S. 27.

      19Der Stein der Weisen, so viel ist heute sicher, befindet sich nicht in greifbarer Nähe. Gold kann nicht auf der Erde entstanden sein, ja nicht einmal in unserem Sonnensystem. Die größten hier verfügbaren

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