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hält, und diese Kraft in demselben Augenblicke verlieren würde, wo man ihn in Verstand auflösen wollte«.16 Es gibt nicht den einen Archimedischen Punkt, aus dem sich der Wert des Geldes wie in einer mathematischen Formel stringent herleiten ließe, sondern nur Buchungen, Funktionen und Kontrollmechanismen, die, wenn sie verantwortlich gehandhabt werden, ihren Zweck erfüllen. Nicht mehr und nicht weniger.

      Privatpersonen machen Schulden meistens zum Erwerb oder zur Schaffung neuer Wirtschaftsgüter. Die durch die entsprechenden Buchungen bei der Bank gestiegene Geldmenge steht dann einer gestiegenen Menge an werthaltigen Wirtschaftsgütern (wozu Kriegswaffen nicht zählen, die in der Regel schnell kaputtgehen und nicht zur Produktion von etwas Neuem taugen) entgegen, so dass in der Regel kein inflationärer Effekt entsteht – zumal die Kredite irgendwann zurückbezahlt werden müssen, wodurch die Geldmenge wieder schrumpfen kann. Der Staat ist in einer anderen Situation: Da er (theoretisch) das ewige Leben hat, muss er seine Schulden nicht zurückzahlen, sondern kann sie bei Fälligkeit durch neue ersetzen (»rollen«), sofern er noch kreditwürdig ist. Und wenn er weder willige Geldgeber findet noch seinen Steuerzahlern zusätzliche Bürden zumuten möchte, kann er die Notenbank anweisen, die ausstehenden Staatsanleihen zurückzukaufen (zu monetisieren). Das vergrößert die Geldbasis, löst aber kurzfristig das Finanzierungsproblem. Da der Staat also die Möglichkeit hat, in schwierigen Situationen mit Hilfe der Zentralbank unbegrenzt Geld zu schaffen, das er oft nur langsam (oder gar nicht) zurückzahlt, ist der Zusammenhang zwischen hoher Staatsverschuldung und anschließender Geldentwertung theoretisch plausibel und in der Praxis oft beobachtet worden.

      Es gibt bis heute keine vollständig befriedigende Theorie zur Inflation. Aber es gibt eine Reihe von Faktoren, die immer wieder im Zusammenhang mit Inflation auftauchen, wie die Täter am Ort des Verbrechens. Die Staatsverschuldung zählt dazu. Ebenso wie die Geldmenge, die von der in den 1970er und 1980er Jahren beliebten Quantitätstheorie der Inflation als wesentliche Ursache ausgemacht wurde.

      7Zur deutsch-britischen Konkurrenz vor dem Ersten Weltkrieg und den Parallelen zum chinesisch-amerikanischen Antagonismus in der Gegenwart vgl. Markus Brunnermeier et al.: »Beijing’s Bismarckian Ghosts: How Great Powers Compete Economically«. In: The Washington Quarterly, Vol. 41/3 Herbst 2018, S. 161–176.

      8Helfferich: Deutschlands Volkswohlstand 1888–1913, S. 100 und S. 63.

      9Zu Helfferich gibt es nur eine brauchbare Biographie, aus der alle hier erwähnten Angaben zu seiner Lebensgeschichte stammen: Williamson: Karl Helfferich.

      10Das Protokoll der Reichstagssitzung findet sich unter https://www.reichstagsprotokolle.de/Blatt_k13_bsb00003402_00235.html.

      11Felix Pinner: »Entfesselte Instinkte«. In: Berliner Tageblatt, 21. 12. 1918, Abendausgabe, S. 4.

      12Vgl. Williamson: Karl Helfferich, S. 146. Diese Berechnungen stimmen ungefähr überein mit Holtfrerich: Die deutsche Inflation 1914–1923, S. 15.

      13Holtfrerich: Die deutsche Inflation 1914–1923, S. 185ff.

      14Vgl. beispielsweise Hans-Werner Sinn: Corona und die wundersame Geldvermehrung in Europa. Vortrag gehalten am 14. 12. 2020 am Ifo-Institut München. https://www.ifo.de/vortrag/2020/weihnachtsvorlesung/corona-und-geldvermehrung.

      15Anders verhält es sich, wenn der Schuldner (privat oder staatlich) Geld aufnimmt, indem er eine Anleihe auf dem Kapitalmarkt begibt. Dann fließt bestehendes Geld und es entsteht kein neues – oder nur wenn der Käufer der Anleihe sich die entsprechende Summe bei einer Bank leiht.

      16Schlegel: Über die Unverständlichkeit, S. 370.

      17Blanchard: »Public Debt and Low Interest Rates«. Dagegen ist eingewandt worden, dass ein Land seine Zinskosten nicht vollständig selbst kontrollieren kann. Es handelt sich teilweise um eine endogene Größe, die von der Markteinschätzung der Schuldentragfähigkeit eines Landes abhängt.

       Der Griff in die Darlehenskasse

      Money in its significant attributes is, after all, a subtle device for linking the present to the future.

       John Maynard Keynes, »General Theory« (1936)

      Deutschlands finanzielle Probleme hatten schon in den Wochen vor dem Kriegsausbruch begonnen. Die Industrie des Reiches zeigte sich leistungsfähig wie kaum eine andere und produzierte beinahe alle kriegswichtigen Güter schnell und in großer Menge. Allein die Geldbeschaffung, ein entscheidender Faktor in jedem Krieg, gestaltete sich schwierig, denn Deutschland fehlte ein international vernetzter und liquider Finanzplatz, der es mit London oder Paris hätte aufnehmen können. Seine Banken waren zwar groß, aber meist auf den Binnenmarkt ausgerichtet. Um die Forderung der Generalität zu erfüllen, Geld dürfe für die Kriegsanstrengung keine Rolle spielen, nutzten die Berliner Beamten den langen Sommermonat zwischen dem Attentat

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