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      dd) Als theoretische Basis dieser Tendenzen wird angesichts der kollisionsrechtlichen Wirklichkeit seit den 60er Jahren ein Interessenwandel behauptet, der Zweifel am Staatsangehörigkeitsprinzip nährt.

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      Historisch spielte im 19. Jahrhundert der Gedanke der Personalhoheit des Staates über seine Angehörigen eine entscheidende Rolle, die nicht die Interessen des Anknüpfungssubjekts, sondern die des Staates reflektiert. Für die Epoche der neu entstehenden Nationalstaaten in Europa lässt sich aber auch wenigstens im Grundsatz annehmen, dass die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit als Indikator der Bindung an einen Staat optimal die Interessenlage widerspiegelte.

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      ee) Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts haben sich aus höchst unterschiedlichen Gründen Bevölkerungsverschiebungen ergeben. Hierbei sind grundsätzlich drei Phänomene zu unterscheiden: Die Verschiebung von staatlichen Grenzen sowie die Dismembration von Staaten, Flüchtlingsbewegungen sowie Arbeitsmigration.

      Nach dem ersten Weltkrieg kam es zu erheblichen Grenzverschiebungen, vor allem im ehemaligen Raum der österreichisch-ungarischen Monarchie, die den Wechsel der Staatsangehörigkeit großer Bevölkerungsgruppen zur Folge hatten; in diesem Zeitraum wurde häufig durch staatsangehörigkeitsrechtliche Optionslösungen die Identifizierung des Einzelnen mit „seinem Staat“ ermöglicht, was kollisionsrechtlich die Staatsangehörigkeit weiter als taugliches Kriterium erhielt. Auch die beiden großen Dismembrationen des endenden 20. Jahrhunderts, die Auflösung der UdSSR und der SFRJ nähren keine Zweifel am Staatsangehörigkeitsprinzip; diese Dismembrationen haben Nationalstaaten (wieder-) entstehen lassen, in denen die Staatsangehörigkeit stärker als vorher identifizierender Faktor ist.

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      ff) Im Zuge des zweiten Weltkriegs kam es zu gewaltigen Vertreibungs- und Flüchtlingsströmen; Vertriebene und Flüchtlinge verloren oder behielten oft eher zufällig ihre bisherige Staatsangehörigkeit, wurden aus Staatsangehörigkeiten entlassen oder umgekehrt an ihnen festgehalten, hatten im Zeitpunkt der Flucht bereits eine andere Staatsangehörigkeit erworben, erwarben sie am Zielort ihrer Flucht oder blieben staatenlos. Diese Vorgänge setzten sich durch die aus dem damaligen Ostblock nach Westeuropa fließenden Flüchtlingsbewegungen der Nachkriegsjahrzehnte fort. Hier entwickelte sich vor allem das Phänomen der zweifelsfreien Loslösung eines Menschen von seinem bisherigen Heimatstaat: Um den vielfältigen Varianten von Staatsangehörigkeitssituationen gerecht zu werden, aber auch zur Vermeidung zeitaufwendiger Ermittlungen von staatsangehörigkeitsrechtlichen Schicksalsläufen haben Normen wie Art. 12 Genfer Flüchtlingskonvention, § 3 AsylG oder auch das Gesetz über den Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen korrigierend in das Staatsangehörigkeitsprinzip eingegriffen.

      Dabei sind die Regelungen im Einzelnen unterschiedlich. Die Bestimmungen zum Personalstatut von Flüchtlingen knüpfen angesichts der staatsangehörigkeitsrechtlichen Desintegration anstelle der Staatsangehörigkeit an den Wohnsitz, später den gewöhnlichen Aufenthalt an; die Regelung zum Güterstand geht hingegen von einer neuen Integration in das deutsche Recht aus und kann diese kollisionsrechtlich durch einen Wandel des Ehegüterstatuts nachvollziehen.

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