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mit Vorrang gegenüber dem deutschen Recht, selbst gegenüber deutschem Verfassungsrecht,[70] was Art. 3 Nr 1 ausdrücklich und enumerativ klarstellt. Das Verhältnis europarechtlicher Instrumente zu Völkerverträgen wird häufig detailliert in der jeweiligen Verordnung geregelt, wobei vermieden wird, dass Europarecht die Mitgliedstaaten zum Vertragsbruch zwingt (zB Art. 75 EU-ErbVO: Vorrang älterer Verträge mit Drittstaaten, Beispiele Rn 94). Soweit dies möglich ist, kann jedoch generell eine Pflicht zur Behebung von Unvereinbarkeiten zwischen Europarecht und bestehenden völkervertraglichen Bindungen bestehen.[71] Es kann sich auch, wie in Art. 15 EG-UntVO, mit einer Verweisung auf einen Völkervertrag begnügen.

III. Völkerrechtliche Abkommen

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      Bilaterale Abkommen enthalten häufig international-zivilprozessuale Regelungen über die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen, jedoch nur selten Kollisionsregeln. Gelegentlich finden sich in Konsularabkommen Bestimmungen international-familien- oder -erbrechtlichen Inhalts. Häufig sind in solchen Abkommen allerdings nur Befugnisse der Konsuln im Zusammenhang mit der Eheschließung und der Verwaltung von Nachlässen geregelt; nur selten finden sich auch Bestimmungen zum anwendbaren Recht.

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      a) Erheblich größere Bedeutung haben multilaterale Abkommen.

      Ein Hinweis zur Arbeitstechnik in der Praxis: Die amtliche Quelle, um für völkervertragliche, vor allem für multilaterale Abkommen die Geltung für die Bundesrepublik Deutschland sowie im Verhältnis zu bestimmten Staaten zu prüfen – beachte aber, dass zahlreiche Abkommen als „loi uniforme“ unabhängig von der Geltung in einem anderen am Fall beteiligten Staat anwendbar sind – ist der „Fundstellennachweis B zum Bundesgesetzblatt II“, in dem jährlich der Stand der Geltungsbereiche aller Abkommen, welche die Bundesrepublik Deutschland in Kraft gesetzt hat, chronologisch nach dem Zeichnungsdatum der Abkommen aufgelistet ist. Zwischenberichte finden sich regelmäßig in der IPRax. Nicht im Fundstellennachweis B finden sich naturgemäß Völkerverträge, denen Deutschland nicht angehört, die aber in der Rückverweisungsprüfung als IPR einer vom deutschen IPR verwiesenen Rechtsordnung anwendbar sein können. Für Haager Abkommen (Rn 96 ff) findet sich die aktuellste und nicht von der Geltung für Deutschland abhängige Information zu Zeichnung, Ratifikation und Vorbehalten auf www.hcch.net unter dem „status table“ der jeweiligen „convention“.

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      Die Europäische Union hat derzeit folgende kollisionsrechtlich bedeutsame Haager Abkommen auch für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft gesetzt (zu Haager Abkommen im Internationalen Prozessrecht Rn 1645 ff):

Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht v. 23.11.2007, ABl. EU 2009 L 331/17 (Haager Unterhaltsstatutprotokoll 2007).

      Die Bundesrepublik Deutschland hat derzeit folgende kollisionsrechtlich bedeutsame Haager Abkommen in Kraft gesetzt:

Haager Abkommen zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschließung v. 12.6.1902, RGBl 1904, 221 (Haager Eheschließungsabkommen); nur noch im Verhältnis zu Italien; dem neuen Eheschließungsübereinkommen v. 14.3.1978 ist Deutschland nicht beigetreten;
Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht v. 24.10.1956, BGBl. 1961 II 1013 (Haager Unterhaltsstatutübereinkommen 1956); wegen des Vorrangs des späteren Abkommens von 1973 und des späteren Protokolls von 2007 (jeweils Art. 18) nur noch im Verhältnis zu Liechtenstein;
Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht v. 5.10.1961, BGBl. 1965 II 1145 (Haager Testamentsformübereinkommen);
Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht v. 2.10.1973, BGBl. 1986 II 837 (Haager Unterhaltsstatutübereinkommen 1973); ersetzt nach seinem Art. 18 in den Beziehungen zwischen den Vertragsstaaten das Haager Unterhaltsstatutübereinkommen 1956; wegen des Vorrangs des späteren Protokolls von 2007 (Art. 18) nur noch im Verhältnis zu Albanien, Japan, Schweiz und Türkei;
Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung v. 25.10.1980, BGBl. 1990 II 207 (Haager Kindesentführungsübereinkommen); ein vorwiegend die internationale Rechtshilfe regelndes Abkommen, das jedoch

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