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sein Klingeln öffnete ihm eine junge hübsche Frau. „Moin“, begrüßte sie ihn lächelnd.

      Für einen Moment glaubte er an eine Sinnestäuschung, denn er sah einen Strahlenkranz um sie herum. Er blinzelte dieses Bild fort, dennoch durchlief ihn ein Gefühl der Wärme. „Haben Sie noch eine Ferienwohnung frei?“

      Ein Rottweiler schob sich an der Frau vorbei und begrüßte ihn wedelnd.

      „Was bist du nur für ein Hübscher? – Ist doch ein Rüde, oder?“ Mark ging in die Hocke und nahm den Kopf zwischen seine Hände.

      „Orko! Aus! – Entschuldigung, das macht er sonst nie. Aber kommen Sie doch herein. Da Orko Sie offensichtlich mag, kann mir wohl nichts geschehen“, lachte sie. „Ich heiße Sabrina. Sabrina Hoffmann.“ Sie streckte ihm die Hand entgegen.

      „Mark. Mark Foster. Ohne ‚r‘.“

      „Mark ohne r?“

      Er schaute sie verdutzt an, dann merkte er, dass sie einen Scherz machte, und lachte. „Ich muss meist erklären, dass ich nicht wie der Sänger heiße.“

      Nett, dachte Mark. Sehr nett.

      ***

      „Verdammt! – Wenn wir doch nur verstehen könnten, was sie sagen.“ Gerda und Rolf hatten sich in der Nähe der beiden Russen postiert und beobachteten sie bei ihrem Frühstück im Hof. Dabei ließ Gerda den Jüngeren nicht aus den Augen. Sie fürchtete, dass er sie vielleicht doch wahrnehmen würde. Aus ihren Lebzeiten wusste sie, dass es Menschen mit diesen Fähigkeiten gab. Gerade in Russland war diese Feinfühligkeit häufiger anzutreffen.

      Doch diesmal verhielt er sich völlig unauffällig. Oder er war einfach zu sehr mit seinem Frühstück beschäftigt und ins Gespräch vertieft. Iwan schaute sich sichernd um, beugte sich dann dichter zu Anton und sprach leise auf ihn ein. Dieser nickte nur, runzelte mal die Stirn, gab jedoch keine Antwort.

      Rolf blickte sehnsüchtig auf den Frühstückstisch.

      Seine Kleine hatte den Männern etwas Feines zubereitet. Rührei, Saft, Wurst, Käse, Marmelade, ein paar Cherrytomaten, frische Brötchen und eine Thermoskanne voll frischem Filterkaffee.

      Ihm lief förmlich das Wasser im Mund zusammen. Wie gut konnte er sich noch an diesen Genuss erinnern. Ein absolutes irdisches Vergnügen. Wenn die Menschen nur wüssten, wie sehr es ihnen nach dem Tod fehlen wird, dann wären sie bestimmt dankbarer und achtsamer mit ihren Mahlzeiten, sinnierte er.

      „Irgendetwas stimmt mit den beiden ganz und gar nicht!“, wiederholte sich Gerda zum x-ten Mal. „Kannst du dir vorstellen, was sie im Schilde führen?“

      „Nein, wirklich nicht. Auf jeden Fall versuchen sie etwas zu verheimlichen. Das ist klar. – Los, lass uns noch mal in ihre Wohnung gehen, während sie frühstücken. Da sind wir vor ihnen erst mal sicher.“

      Nicht, dass Rolf wirklich glaubte, die beiden könnten ihnen etwas antun. Aber er fühlte sich einfach wohler, wenn sie nicht in ihrer Nähe waren.

      Gleich darauf befanden sich die beiden in deren Zimmer.

      Auf der Küchenzeile standen zwei Sixpacks Bier und eine Flasche Wodka. Zum Bonbonpapier auf dem Esstisch waren noch einige Blätter hinzugekommen, die mit kyrillischer Schrift beschrieben waren. Außerdem eine Zeichnung.

      „Schau mal, Rolf! Kannst du erkennen, worum es sich bei dieser Zeichnung handelt?“

      Rolf wollte das Blatt Papier an sich nehmen, was ihm nicht gelang. „Mist! Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, dass ich nichts mehr anfassen kann.“

      „Dafür können wir durch Wände gehen. Ist doch auch ganz nett“, grinste Gerda.

      „Also? Was erkennst du?“

      Die Wohnungstür wurde geöffnet, und die Männer polterten herein. Iwan schaute zur Arbeitsfläche und wies Anton an, die Getränke kühl zu stellen.

      Dann zogen sie Jacken über, setzten Sonnenbrillen und Kopfbedeckungen auf. Alle Kleidungsstücke waren in dunklen und unauffälligen Farben gehalten. Gleich darauf verschwanden sie wieder nach draußen.

      „Komm! Sicher fahren sie jetzt mit den Rädern. Wir müssen hinterher.“ Gerda eilte voraus, während Rolf sich nicht vorstellen konnte, wie sie das bewerkstelligen sollten.

      Schließlich hatten sie noch nie ihr Grundstück verlassen, seit sie sich nach ihrem blitzartigen Tod, den sie nicht im Mindesten mitbekommen hatten, plötzlich unsichtbar und ohne festen Körper in ihrem Zuhause wiedergefunden hatten. Sie selbst konnten einander sehen, aber auch gleichzeitig durch sich hindurch.

      Nur durch die Gespräche, die Sabrina zu Hause führte, erfuhren sie, was ihnen widerfahren war.

      Rolf gesellte sich zu Gerda, die die beiden Männer beobachtete, wie sie sich auf die Sättel schwangen und in die Pedale traten.

      „Jetzt geht es los! Auf!“ Gerda nahm Rolf an die Hand. Anders als gedacht, war ihnen das tatsächlich möglich. Vielleicht weil sie Hand in Hand gestorben waren.

      Sie hefteten sich an die Räder, und solange diese noch auf dem Hof fuhren, klappte es prima, ihnen zu folgen.

      Dann verließen die Männer das Gelände und bogen nach links ab. Der Abstand vergrößerte sich, und sie konnten den beiden nur noch nachschauen.

      Es war, als würden sie festgehalten werden. Oder eine unsichtbare Wand ließ sie nicht weiterkommen.

      „So ein Mist!“, schimpfte Gerda.

      „Hab ich mir irgendwie gleich gedacht.“ Rolf wirkte erleichtert. Heimlich fürchtete er sich davor, das gewohnte Umfeld zu verlassen. Wer weiß, was ihnen dort draußen widerfuhr?

      ***

      Damit hatte Olga nicht gerechnet. Mark war verschwunden. Die umgestürzten Möbel wiesen in ihren Augen auf einen Kampf hin.

      Davon hatte Rasputin nichts gesagt. Waren seine Leute ihr zuvorgekommen?

      Aber das passte doch gar nicht zusammen.

      Sie zückte ihr Smartphone und wählte Rasputins Nummer.

      „Schlampe, wie oft soll ich dir noch sagen, dass du mich nicht anrufen sollst. Nur im Notfall“, ertönte sofort seine erboste Stimme.

      Die Beleidigung überhörte Olga. Es hatte keinen Sinn, aufzubegehren.

      „Na, wenn das kein Notfall ist. Wieso schickst du mich zu Mark zurück, ich solle alles in Ordnung bringen, wenn er gar nicht mehr in der Wohnung ist?“

      „Was hab ich damit zu tun? Vielleicht ist er einkaufen oder im Büro?“

      „Beides nein. Die Wohnung sieht verwüstet aus – hier muss jemand gewesen sein. Tisch und Stühle sind umgestoßen. Sieht nach einem Kampf aus.“

      „Verdammt! Soweit ich informiert bin, waren wir das nicht! Fehlt was? Wo sind seine Unterlagen, sein Laptop?“

      Olga ging mit dem Smartphone am Ohr ins Schlafzimmer.

      „Die Schranktüren stehen offen und auch die Schubladen.“

      Sie ging ins Arbeitszimmer. Der Schreibtisch war leer.

      „Laptop ist weg.“

      „Und du bist ganz sicher, dass es ein Überfall war?“

      „Na, was denn sonst? Ich kann dir gerne ein paar Fotos schicken.“

      „Nein! Versuch ihn anzurufen. Mal sehen, wer abnimmt.“

      „Okay. Ich melde mich gleich wieder.“

      „Nein. Kein Anruf – komm her! In der Zwischenzeit versuche ich herauszufinden, was passiert sein könnte.“ Rasputin drückte das Gespräch weg.

      Olga suchte in den Kontakten Marks Nummer und wählte sie an.

      Sofort antwortete die Mailbox,

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