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und Resilienz zu entwickeln.

      Einige Kinder kommen mit einem etwas schwierigeren Temperament auf die Welt und für jene Kinder ist unsere innere Arbeit als Eltern sogar noch wichtiger. Aber unabhängig davon, was dein Kind mitbringt, wie du auf seine Persönlichkeit eingehst, wird seine Fähigkeit prägen, aus seinem Leben das Beste zu machen.

      Dein Kind wird dich erfreuen und zur Verzweiflung bringen, dich begeistern und wütend machen. So wird es dich auch unabsichtlich zum Wachsen auffordern. Wenn du das Triggern merkst und noch bevor du handelst, dein Gleichgewicht wiedergewinnst, wenn du deine eigene Angst beruhigen kannst, über deine eigene Erfahrung nachdenken und dich damit versöhnen kannst, dann kannst du zufriedene, emotional gesunde Kinder ins Leben begleiten, die in jeder Hinsicht ihren Weg finden. Du kannst zu einem gelassenen Elternteil werden, der mit zufriedenen Kindern wächst.

       Achtsamkeit: Es einer Emotion erlauben zu kommen und wieder zu gehen, ohne darauf zu reagieren.

      BENEDICT CAREY1

       Achtsamkeit: Jemandem keins auf die Schnauze hauen.

      Ein Elfjähriger,

      zitiert nach Sharon Salzberg2

      Dein Kind wird sich ziemlich sicher wie ein Kind benehmen, was heißt, dass jemand, der noch lernt, andere Prioritäten hat als du und nicht immer seine Gefühle oder Handlungen steuern kann. Garantiert wird dich sein kindliches Verhalten manchmal in Rage bringen, deine Knöpfe aktivieren. Das wird dann zum Problem, wenn wir selbst anfangen, wie Kinder zu handeln. Wenn wir unserem Kind Erwachsensein vermitteln wollen, muss auch jemand erwachsen handeln! Wenn wir stattdessen achtsam bleiben können – das heißt, unsere Emotionen wahrnehmen und sie vorüberziehen lassen, ohne darauf zu reagieren, dann zeigen wir den Kindern, wie emotionale Regulation geht, und sie lernen von uns durch Beobachtung.

      Nicht ohne Grund werden wir im Flugzeug dazu angehalten, zuerst unsere eigene Sauerstoffmaske aufzusetzen. Kinder können diese Masken nicht erreichen oder verlässlich anwenden. Wenn wir nicht mehr zurechnungsfähig sind, können die Kinder weder uns noch sich selbst retten. Selbst wenn wir uns für unsere Kinder opfern würden, ist es unsere Verantwortung, zuerst die eigene Sauerstoffmaske anzulegen.

      Ebenso wenig können Kinder allein mit ihrer Wut zurechtkommen. Sie finden nicht allein aus dem Gewirr der Eifersucht, das sie dazu drängt, die kleine Schwester zu schlagen. Da benötigen sie unsere Hilfe, um mit der Befürchtung umzugehen, wir liebten sie vielleicht nicht, weil sie irgendwie nicht so ganz genügen. Sie wissen, wären sie wirklich gut genug, dann würden sie die Schwester nicht hauen wollen, oder die Süßigkeit mopsen, oder sich nicht schreiend auf den Boden werfen. Aber sie können nicht anders, so sehr sie sich auch darum bemühen (vergleichbar damit, wenn wir das bewusste eine Stück Kuchen zu viel essen).

      Genauso wie bei der Sauerstoffmaske ist es unsere Aufgabe, unserem Kind im Umgang mit seinen Emotionen zu helfen, was ihm wiederum hilft, sein Verhalten zu steuern. Wenn du stressgeplagt bist, völlig am Ende deiner Kraft, kannst du leider ebenso wenig konstruktiv für dein Kind da sein, wie wenn du im Flugzeug ohnmächtig wirst.

      Deshalb besteht deine erste Elternpflicht darin, achtsam auf deinen inneren Zustand einzugehen. Achtsamkeit ist das Gegenteil davon, die Beherrschung zu verlieren. Versteh mich nicht falsch – Achtsamkeit bedeutet nicht, dass du den Ärger nicht fühlst oder verdrängst. Achtsam zu sein, bedeutet, dass du zwar aufmerksam auf deine Gefühle achtest, aber nicht ihrem Handlungsimpuls nachgibst. Ärger gibt es in allen Beziehungen. Darauf gedankenlos in Worten oder Taten zu reagieren ist es, was unseren elterlichen Bemühungen schadet.

      Emotionen sind nützlich, so wie Hinweisleuchten am Armaturenbrett. Wenn in deinem Auto ein rotes Licht blinkt, würdest du es doch nicht zudecken oder die Verkabelung herausreißen, die es verursacht hat? Du würdest die Information beachten und darauf reagieren, etwa indem du das Auto zu einem Öl-Check in die Werkstatt fährst. Bei menschlichen Gefühlen besteht die Herausforderung darin, dass wir oft nicht wissen, was wir tun sollen, während wir sie fühlen. Wir sind so verdrahtet, dass wir für alle »schwierigen« Gefühle (diese roten Blinklichter in unserer Psyche, die im Laufe des Tages aufleuchten) nur drei Reaktionsweisen haben: Kampf, Flucht oder Erstarren.

      Diese Strategien funktionieren in den meisten Notfallsituationen. Aber das Elterndasein ist – all unseren Ängsten zum Trotz – normalerweise kein Notfall. Normalerweise ist die beste Antwort auf aufwühlende Emotionen, ob als Eltern wie auch im übrigen Leben, die, erst einmal inne zu halten anstatt spontan zu reagieren. In anderen Worten: Tu erst einmal nichts, wenn du getriggert wirst.

      Du kannst dich darauf verlassen, dass du manchmal von Kampf- oder Fluchthormonen vereinnahmt wirst. Wenn du aber lernst, darauf zu achten, wann du allmählich die Beherrschung verlierst, kannst du die Wahl treffen, wieder in den Gleichgewichtszustand zurückzukehren. Dieser friedvolle, innere Ort sorgt dafür, dass wir gemäß unseren wahren Werten weise und liebevoll handeln.

      Aber was geschieht, wenn wir einfach nicht dorthin gelangen? Wenn unser Kind etwas tut, das uns verrückt macht, und all unsere Versuche, uns selbst zu beruhigen, nicht funktionieren?

       Ohne Reflexion wiederholt sich Geschichte oft … die Forschung hat deutlich gezeigt, dass die Verbundenheit unserer Kinder mit uns davon beeinflusst wird, was wir selbst als Kinder erlebt haben; sofern wir diese Erfahrungen nicht verarbeitet und verstanden haben.

      DAN SIEGEL3

      Von dem berühmten Psychologen Donald Winnicott stammen viele weise Beobachtungen zu Eltern und Kindern. Meine liebste lautet, dass Kinder keine perfekten Eltern brauchen. Wir müssen nur darauf achten, ihnen möglichst keinen Schaden zuzufügen und ihnen das Maß an »gewöhnlicher Hingabe« zu gewähren, das von den Eltern schon immer gefordert wird.

      Leider ist das nicht so einfach, wie es sich anhört. Zuerst einmal hat Hingabe nichts »gewöhnliches« an sich. Wie Eltern wissen, bedeutet Hingabe, mit einem schreienden Baby, das eine Mittelohrentzündung hat, um zwei Uhr nachts in der Wohnung auf und ab zu gehen. Hingabe bedeutet, sich nach einem langen Tag dazu zu zwingen, seinen Kindern ein Essen zuzubereiten, wenn man eigentlich nur abschalten und es sich auf dem Sofa gemütlich machen will. Hingabe bedeutet, während einer Autofahrt in einer kalten Nacht, die Jacke auszuziehen und sie über das auf dem Rücksitz schlafende Kind auszubreiten. Diese gewöhnliche Hingabe ist dieselbe intensive Liebe, die Eltern im Lauf der Menschheitsgeschichte immer wieder dazu veranlasst hat, sich zwischen ihr Kind und eine Gefahr zu werfen, ob es sich dabei um fliegende Glasscherben oder feindliche Soldaten handelt.

      Aber selbst wenn wir unsere Hingabe so ausdrücken, dass wir unsere Kinder bereitwillig an die erste Stelle setzen, ist es noch immer nicht leicht »hinreichend gute Eltern« zu sein. Sogar eine hingebungsvolle Mutter oder ein hingebungsvoller Vater verletzt unabsichtlich das eigene Kind oder hinterlässt bei ihm Narben. Das schließt auch diejenigen Eltern mit ein, denen ihre Kinder über alles gehen, die sich, wenn nötig, völlig selbstlos verhalten würden. Weshalb diese Kluft zwischen unseren Absichten und unseren Handlungen? Der Grund dafür ist, dass sich, während wir unserem Kind niemals absichtlich wehtun würden, in unserm Elterndasein wie auch in jeder anderen Beziehung, so vieles außerhalb unseres bewussten Gewahrseins abspielt.

      Tatsächlich wurden wir praktisch alle in der Kindheit verwundet und wenn wir diese Wunden nicht heilen, hindern sie uns daran, die Eltern für unsere Kinder zu sein, die wir wirklich sein wollen. Wenn es einen Bereich gibt, in dem du als Kind Narben davongetragen hast, dann kannst du damit rechnen, dass dir dieser Bereich als Eltern Kummer bereitet – und du wiederum dein Kind verletzt.

      Uns allen fallen dafür Beispiele ein: der Vater, der bei seinem Sohn unabsichtlich das verurteilende Erziehungsverhalten des eigenen Vaters wiederholt. Die Mutter, die dem Verhalten ihrer Kinder keine Grenzen setzen kann, weil sie deren Ärger auf sie nicht ertragen kann und schließlich selbstbezogene, ängstliche Kinder heranzieht. Die Eltern, die beruflich extra Überstunden machen, weil sie die eigene Fähigkeit, sich für ihr

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