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      Kurt Thümmler

      DIE SPECKBEMME

      und Konrads Radtouren

       Erzählungen

      Engelsdorfer Verlag

      Leipzig

      2016

      Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek:

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

       detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.dnb.de abrufbar.

      Copyright (2016) Engelsdorfer Verlag Leipzig

      Alle Rechte beim Autor

      Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

      1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2016

       www.engelsdorfer-verlag.de

      ISBN (mobi) 978-3-960083-33-7

      ISBN (epub) 978-3-960083-23-8

      INHALT

       Cover

       Titel

       Impressum

       Vorwort des Verfassers

       Die Geschichte

       Vater und Mutter

       Die Schule – I. Teil

       Reise nach Berlin

       Die Schule – II. Teil

       Der Landwirt Gericke

       Kohlenhandlung Gericke

       Die erste Speckbemme

       Wandlung

       Konrads Radtouren

       Bad Düben

       Bad Schmiedeberg

       Kyffhäuserdenkmal mit Barbarossahöhle

       Ostsee-Tour 1956

      Meine Geschichte handelt von einem kleinen Jungen, ich nenne ihn Konrad, der im Krieg geboren wurde und unter ärmlichen Verhältnissen in einer Kleinstadt in Ostdeutschland, später DDR, aufwuchs.

      Wir schreiben das Jahr 1950, Konrad ist acht Jahre alt. Der Krieg war fünf Jahre her. Glücklicherweise hatte Konrads Heimatstadt keine größeren Kriegsschäden davongetragen, nur das Bahnhofsgebäude des Unteren Bahnhofs hatte eine Bombe abbekommen, wahrscheinlich zufällig von einem der Bomber gefallen, welche im letzten Kriegsjahr zu Hunderten über unsere Stadt in Richtung Leipzig flogen, um bekannterweise diese Stadt zu zerstören.

      Die Erinnerungen an diese furchtbaren Ereignisse lasse ich in diesem Buch weg.

      1950 war die DDR zwei Jahre alt. Die Kommunisten hatten unter der Führung der Russen, das heißt der Sowjetarmee einen Arbeiter- und Bauernstaat gegründet. Zu dieser Zeit kamen die Russen zu der Erkenntnis, die Produktionsanlagen Ostdeutschlands nicht weiter sinnlos zu demontieren, sondern wieder aufzubauen und zum Nutzen der Sowjetarmee produzieren zu lassen, und so liefen die Reparationszahlungen an die Sowjetunion ausschließlich aus der DDR bis in die Ewigkeit, wenn 1989 die Wende nicht gekommen wäre. 1950 herrschte bitterste Armut in der DDR. Es ging ums blanke Essen. Wir Kinder hatten ständig Hunger, Lebensmittel wurden mittels Lebensmittelmarken zugeteilt. Die Kinder bekamen in der Schule anfangs eine Grießsuppe, wir nannten sie Rennfahrersuppe. Später gab es dann einen Blechtopf, jeder musste ein Gefäß von zu Hause mitbringen, Milch und eine Semmel dazu. Das war die erste Errungenschaft der DDR.

      Wir wohnten in der Nähe einer Erfassungsstelle für landwirtschaftliche Produkte (VEAB). Dieser wurde eigenartigerweise von Polen kontrolliert. Heute finde ich es richtig, dass die Bauern gezwungen wurden, möglichst viele Nahrungsmittel zu produzieren und abzuliefern. Ich kann mich noch sehr gut an die langen Schlangen der Pferdewagen, die meist mit Weißkohlköpfen beladen, an der VEAB, das heißt Volkseigener Erfassungs- und Aufkaufbetrieb, anstanden, um ihre Produkte abzuliefern. Für uns Kinder war das eine günstige Möglichkeit unseren unbändigen Hunger zu stillen – wir klauten Kohlköpfe. Von einem Kohlkopf konnte die Familie eine ganze Woche leben. Die Bauern tolerierten unsere Diebstähle, da sie ohnehin an die Kommunisten nichts liefern wollten. Dass das hungernde Volk dahinterstand, interessierte sie nicht. Es war die Zeit, als die Bauern ihren Kuhstall mit Teppichen auslegen konnten, weil die Städter ihr letztes Hab und Gut zum Bauern schleppen mussten, um etwas zu essen zu bekommen und der Bauer war erbarmungslos: Für ein Paar nagelneue Herrenschuhe gab es ein Kilo Kartoffeln. Hintenherum schlachtete der Bauer ein Schwein und verkaufte das Fleisch auf dem schwarzen Markt. Allerdings haben das die bösen Kommunisten auch hart bestraft, wenn sie das rausbekamen.

      Ährenlesen und Kartoffeln stoppeln waren Möglichkeiten für die Menschen, etwas Essbares zu beschaffen. In den ersten Nachkriegsjahren kamen sogar unsere Verwandten aus Berlin zu uns in die Provinz, um ein paar Kartoffeln zu ergattern – wir hatten selbst nichts.

      Nachdem sich die BRD gegründet hatte und der Marschallplan ins Leben gerufen wurde, wendete sich das Blatt, besonders für die Berliner, grundsätzlich. Ab jetzt waren wir aus der Ostzone die Bettler.

      Konrad kam aus der Schule, endlich. Die Schule lag in der unmittelbaren Nähe seiner Straße. Vorher musste er eine große und gefährliche Kreuzung passieren. Die ersten paar Mal wurde er von der Mutter zur Schule begleitet und entsprechend belehrt. Hauptsächlich waren Pferdefuhrwerke, einige Lastkraftwagen, meist mit Kohlevergaser, sowie auch Pkws unterwegs. In der Mitte, das heißt über der Mitte der Kreuzung, hing eine Verkehrsampel, Ampel im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Straßenkreuzung war für Konrad auf dem Nachhauseweg von der Schule erst einmal ein Zwischenstopp, viel zu interessant, als dass man da einfach vorbeigehen kann. Immer bewegte sich ein Fahrzeug, ob Pferdefuhrwerk, Lastkraftwagen oder Personenkraftwagen – immer fuhr etwas und Konrad musste, trotz seines ständigen Hungers, erst einmal seine Kreuzung, er nannte sie so, beobachten.

      Vor allem die Ampel hatte es ihm angetan, die Farben Rot, Grün, Gelb. Was bedeuteten sie? In der Schule lernte man so etwas nicht. Um das zu ergründen, lief Konrad immer dort über die eine Straße, auf der die

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