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«Da die von der Mehrheit des Volkes gewählte Regierung unserer Dienste nicht mehr bedarf, wollen wir wieder in unsere Quartiere zurückkehren.»

      Kappe wollte die günstige Gelegenheit nutzen und begann, Trampe immer neben sich, den wartenden Soldaten das mitgebrachte Photo zu zeigen.

      «Das hier ist mein Bruder. Den suche ich ganz verzweifelt. Er war im Detachement von Randow, hat auch das Kreuz bekommen. Sie haben ihn alle Schluchti genannt.»

      Die Soldaten reagierten nicht unfreundlich, niemand aber hatte den Mann gesehen oder irgendwann einmal den Spitznamen Schluchti gehört.

      Nach einer Viertelstunde geriet Kappe an einen Bayern, der lauthals loslachte, als er hörte, dass nach einem Schluchti gesucht wurde.

      «Davon gibt’s Hunderttausende!»

      «Wieso?», fragte Kappe.

      «Weil bei uns alle Österreicher so heißen.»

      Kappe verstand noch immer nichts. «Alle Österreicher?»

      «Ja, ein Schluchti ist ein Schluchtenscheißer.»

      «Ah, danke.» Kappe steckte das Photo schnell wieder weg, um nicht auch als Schluchtenscheißer verspottet zu werden.

      Was bedeutete das? Höchstwahrscheinlich, dass der Mann, den er suchte, Österreicher war und sich Erna Reczyn vielleicht über ihn lustig gemacht hatte, wie offenbar über alle Männer, die hinter ihr her und ihr hörig waren. Also mussten sie nicht nach einem Schlucht, Schluchter oder Schluchtermann suchen, sondern nach einem Österreicher, der dem Detachement von Randow angehört hatte.

      Der Ausmarsch der Truppen erfolgte gegen sechs Uhr abends in geschlossenen Kolonnen und mit wehenden schwarz-weiß-roten Fahnen und Hakenkreuzen an den Helmen.

      «Diese verdammten Schweine!», schrie Trampe.

      Er war nicht der einzige, der sich nicht derart verhöhnen lassen wollte.

      «Mörderbande, haut bloß ab aus Berlin!»

      «Feige Hunde! Auf wehrlose Menschen schießen, das könnt ihr, aber mehr auch nicht!»

      Es war unschwer zu erkennen, dass sich da noch einmal etwas zusammenbraute, und Kappe fürchtete, erneut in einen Kugelhagel zu geraten. Also stieß er Trampe beiseite.

      «Los, ins Adlon rein!»

      «Ich habe geschworen, nie ins Adlon zu gehen!» Ein aufrechter Sozialdemokrat hasste die Leute, die im Adlon übernachteten, als Parasiten und Ausbeuter. Dennoch gab Trampe nach. «Ehe ich mich zu guter Letzt noch erschießen lasse!»

      Kappe zog ihn mit durch die Drehtür. Kaum hatten sie in der Lounge Platz genommen, ging es draußen auch schon los. Die Menge hatte die Durchlässe des Brandenburger Tores völlig versperrt, kein Soldat kam durch. Die Mannschaften gaben zuerst Schreckschüsse ab, doch als die Menge gegen sie Front machte und sie zurückdrängen wollte, schwärmte eine Kompanie aus und gab scharfes Feuer. Zwölf Tote und über zwanzig Verletzte blieben auf dem Platze. Als nicht mehr geschossen wurde, trug man sie ins Adlon.

      «Da hätten wir auch dabei sein können», sagte Trampe.

      «Was nicht ist, kann ja noch werden.» Kappe liebte es in letzter Zeit, sarkastisch zu werden. «Die Nachwehen des Putsches werden wohl noch eine Weile anhalten.»

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