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aber zu angespannt, um viel zu reden. Die anderen Mädchen waren bereits in Wiesbaden und als wir mitten in der Nacht am Hotel ankamen, schliefen sie schon.

      Hier wartete die erste Hürde auf mich – Lovelyn und Sabrina sollten sich ein Zimmer teilen, während ich einem fremden Mädchen zugeteilt wurde, welches natürlich bereits schlief. Ich musste nun leise und vorsichtig alles aus meinem Koffer suchen, mich bettfertig machen und hinlegen. Das Mädchen (Sophie) war dann am nächsten Morgen ziemlich überrascht, dass sie nicht mehr allein im Zimmer war, aber wir haben uns zum Glück von Anfang an verstanden.

      Nur war ich viel zu schüchtern und zurückhaltend, um von mir aus auf die anderen Mädchen zuzugehen, die sich nun auch schon einen Tag lang kannten und bereits Freundschaft geschlossen hatten.

      Deshalb war ich wirklich froh, dass wir heute unsere Eltern noch wiedersehen würden, da sie beim ersten Shooting im Wiesbadener Kurhaus dabei sein konnten. Aufstehen mussten wir übrigens um 4.00 Uhr – ich habe knapp vier Stunden geschlafen und musste trotzdem total fit und munter aussehen, denn schließlich würde heute schon die erste Entscheidung fallen. (Eine wichtige Eigenschaft für Models – mit Schlafmangel gut umgehen zu können und im besten Fall auch nicht so viel Schlaf zu brauchen!)

      Als wir das Thema erfuhren, war ich total überrascht: Aschenputtel wird zur Prinzessin – es gab genau das wieder, was ich fühlte und dachte! Ich, Jacqueline Thießen, würde ein 30 000 Dollar Kleid anziehen und eine Prinzessin sein dürfen – der Traum jedes Mädchens, oder?

      Ich gab meine ersten Interviews und das ist schwerer, als man sich das vorstellt. Man muss immer die Frage mit aufgreifen und schöne ganze Sätze bilden. (Redakteur: „Wo wohnst du?“ Da antwortet man nicht: „In Hamburg“, sondern „Ich wohne in Hamburg.“) Man darf nicht in die Kamera schauen und muss genau auf Gestik, Mimik sowie Wortwahl achten – zuerst ganz schön anstrengend, aber mit der Zeit fiel es mir immer leichter und begann sogar richtig Spaß zu machen. Bei einigen Redakteuren natürlich mehr, bei anderen weniger, wie man auch in jedem Job manche Mitarbeiter sympathischer findet als andere.

      Unsere Eltern warteten in einem anderen Haus, während wir uns fertig machten. 25 Mädchen – das dauerte! Und der „Schedule“ (Zeitplan) verschob sich immer mehr. Statt um 12.45 Uhr war ich dann endlich als vierzehnte um 13.45 Uhr dran (angezogen war ich seit 11.00 – und mit solchen teuren Kleidern war das Hinsetzen unmöglich – ich stand also geschlagene vier Stunden auf High Heels – ein echter Einblick ins Modelleben!).

      Es hatte angefangen zu schneien und war dementsprechend kalt. Da stand ich nun drinnen, in furchtbar unbequemen Schuhen, eine Decke um die Schultern und wartete darauf, dass das Mädchen vor mir fertig wurde. Die Zeit schien einfach nicht zu vergehen …

      Ich zitterte – noch nicht vor Kälte, sondern vor Aufregung –, ich wollte gut sein, Heidi überzeugen und meiner Mutter und Schwester zeigen, wie wohl ich mich fühlte, wie verwandelt, wie neu und unbekannt diese „schöne Seite“ an mir war. Mich selbst im Spiegel anzusehen und sagen zu können, ja, ich finde mich hübsch! Ich habe es verdient hier zu sein.

      In diesem Moment vor dem Shooting habe ich mich dann ganz auf mich konzentriert und habe mich wortwörtlich verwandelt – ich war nicht mehr Jacqueline, die schüchterne Schülerin aus Hamburg, sondern Jacqueline, die Prinzessin, die alles schaffen konnte, was sie wollte!

      Und dann ging es los.

      Die ersten drei Schritte hinaus hatte ich noch Angst hinzufallen, dann spürte ich die Kälte und meine Aufregung wuchs noch mehr. Da standen ziemlich viele Menschen und Kameras, aber ich konzentrierte mich ganz auf meine Mutter, meine Schwester, Heidi Klum, den Juror Thomas Hayo und den Fotografen (Andreas Ortner). Die Kälte blendete ich aus, ich war ja jetzt eine Prinzessin, die störte so etwas nicht, und durch das Adrenalin vergaß ich sowieso alles.

      Die Posen fielen mir plötzlich leicht, ich probierte immer neue aus und hörte genau zu, was Heidi und der Fotograf anmerkten, um es direkt umzusetzen. Ich hatte Spaß – das war genau das, was ich tun wollte. Und ich schien es tatsächlich zu können! Heidi lobte mich und teilte mir mit, dass ich eine Runde weiter sei!

      Mama, meine Schwester und ich weinten alle gemeinsam vor Freude. Ich natürlich auch, weil die ganze Anspannung von mir abfiel. Zu hören, wie das Shooting bei anderen Mädchen gelaufen war, hatte mich nervös gemacht – würde ich mithalten können? Und jetzt durfte ich sagen: Ja! Ich kann und werde mithalten, denn das hier ist mein Traum und den werde ich so lange wie möglich ausleben! Stolz und erhobenen Hauptes ging ich wieder rein und schaffte es auch endlich, wirklich auf die Mädchen zuzugehen und mich zu ihnen zu setzen – das Shooting hatte mir Selbstvertrauen und Mut geschenkt.

      Vor allem war ich aber auch froh, mich umziehen und endlich wieder hinsetzen zu können. Eine wahre Erlösung für meinen Rücken – nach nur vier Stunden Schlaf und der ganzen Aufregung war der nämlich reichlich verspannt.

      Nun hieß es noch weiter warten, bis wirklich alle durch waren. Ein paar Mädchen waren Wackelkandidaten und die Jury (bestehend aus Heidi Klum und Thomas Hayo – Enrique Badulescu kam erst in Dubai dazu) beriet sich, wer mitkommen dürfe. Das Warten ging also weiter.

      Das Warten ist ebenfalls sehr typisch für jeden Beruf, der mit dem Fernsehen oder Modeln zu tun hat: Ob nun auf Entscheidungen, Kleider, Stylisten, das Licht oder wen/​was auch immer, ständig muss man warten – also stets Musik oder ein gutes Buch dabei haben!

      Nach der Entscheidung ging es dann gleich in den Bus (die Koffer hatten wir bereits am Morgen aus dem Hotel mitgenommen) und auf zum Flughafen – das Ziel? Dubai! Mit noch 24 Mädchen ging es weiter.

      Auch dieser Abschied war tränenreich, war er diesmal doch für länger … Am liebsten hätte ich alles hingeschmissen und wäre mit Mama und Jasmin nach Hause gefahren. Aber ich bin auch sehr ehrgeizig und zielorientiert. Ich konnte jetzt nicht einfach aufhören. Immer würde ich mich fragen, was wäre gewesen, wenn …? – und hey, das war doch mein Traum! Da würde ich eine Trennung von meiner Familie ja wohl überleben. Wir konnten telefonieren, das Heimweh würde bald verschwinden und das Ganze würde auch höchstens drei Monate dauern! Also: Kopf runter und durch!

      Heute bin ich doch sehr froh, dass ich damals (auch durch das Veto meiner Mutter und Schwester) nicht aufgehört, sondern weiter gekämpft habe – was hätte ich sonst alles verpasst?!

       Dubai – es geht richtig los

       Der Herr richtet auf, die niedergeschlagen sind. (Psalm 146, 8)

       Ein jegliches hat seine Zeit – weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit, klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit. (Prediger 3, 4)

      Nun war es so weit – ich war allein.

      Na ja, allein zwischen 25 Mädchen und dem ganzen Team, aber allein ohne Familie und Freunde und das für die bisher längste Zeit meines Lebens.

      Klar, Klassenfahrten für fünf Tage – kein Problem, nette Ausflüge, alles entspannt und mit Klassenkameraden, die man kennt und gernhat. Und das Wichtigste: Es gibt keinen Wettbewerb und man hat sein Handy ☺.

      Hier war nun aber alles anders, denn es war ja schließlich ein Wettbewerb und das Handy mussten wir im Bus abgeben, damit wir nicht aus Versehen vertrauliche (noch nicht im Fernsehen gezeigte und veröffentlichte) Informationen rausgaben oder sogar auf Facebook/​Instagram posteten. Also konnten wir für die gesamte Zeit auch nicht ins Internet.

      Telefonieren konnten wir natürlich trotzdem – von einem Haustelefon aus. Das allerdings stand vor einer Kamera, beide Gesprächspartner wurden aufgenommen – es ist eine Fernsehshow, aber egal.

      Zu der Zeit hatte ich noch kein Smartphone, nur ein uraltes Ding und deshalb machte es mir nichts aus, es abzugeben, da es im Ausland eh nicht funktionierte, keine integrierte Kamera hatte und natürlich auch kein Internet.

      Schwer

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