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sein sollte, erschien ihm schier unglaublich. Aber schließlich hatte Frau Papenfuß ihm sehr glaubhaft erklärt, dass sie und ihr Kollege diese Erfahrung schon bei vielen Hypnosen gemacht und sogar jede Einzelne protokolliert hätten. Sollte es tatsächlich möglich sein, dass er in einer viel größeren Realität lebte, als in der, die er täglich mit eigenen Augen sehen konnte?

      Manfred begann zu grübeln. Wenn die Hypnosetherapeutin Recht hatte, dann würden seine urplötzlich aufsteigenden Eifersuchtsattacken vielleicht in seinem eigenen Unterbewusstsein entstehen. Die ganzen Sorgen, die ihn jetzt quälten, hätte er selbst unbewusst herbeigeführt – nicht die anderen, wie er immer geglaubt hatte. Für ihn war diese Vorstellung absolut unglaublich. Sie war sogar vollkommen absurd. Aber, grübelte er weiter, wenn es vielleicht doch so wäre, dann hätte er fast sein ganzes Leben lang unter einem Phänomen gelitten, das er gar nicht hätte beeinflussen können. Moment, noch einmal und ganz ruhig, konzentrierte er sich: Wenn es tatsächlich so sein sollte, dass sein Unterbewusstsein eine Million mal schneller war als sein bewusstes, logisches Denken, dann würde er bewusst nie etwas gegen seine Eifersuchtsanfälle ausrichten können. Dazu hätte er auch keine Chance, wenn das unbewusste Programm “Eifersucht“ nur doppelt so schnell ausgeführt werden würde, als er mit seinem bewussten Denken dagegenhalten könnte. Aber eine Million mal schneller – da würde er nicht die Spur einer Chance haben, seine Eifersucht bewusst in den Griff zu kriegen.

      Während ihm diese Gedanken durch den Kopf gingen, war seine Bereitschaft, sich von Frau Papenfuß hypnotisieren zu lassen, sprunghaft gestiegen. Er gierte geradezu danach, seine Eifersucht und all die Enttäuschung, die Wut und schließlich das Leid, das hiermit verbunden war, endlich loslassen zu können. Und in der Hypnose sah er nun seine Chance dazu. Diese Chance wollte er auf jeden Fall nutzen.

      Mit sanfter Stimme riss ihn die Hypnosetherapeutin aus seinen Gedanken. „Und, war das jetzt ein bisschen viel auf einmal?“ Es dauerte ziemlich lange, bis Manfred antwortete. „Nein, das war jetzt nicht zu viel, aber es klingt für mich so unglaublich, dass gerade mein gesamtes Weltbild durcheinandergeraten ist.“ Bedeutsam und entschlossen fuhr er fort: „Ich möchte gerne eine Hypnosebehandlung durchführen lassen. Ich möchte es wirklich. Ich sehe hierin nun eine echte Chance, mein Problem zu lösen. Und ich vertraue Ihnen“, fügte er hinzu.

      „Schön“, freute sich die Hypnosetherapeutin. Sie stand auf und ging zum Wandschrank. Als sie zurückkam, hatte sie ein Schreibbrett in der Hand, an das einige Formulare geklemmt waren. Draußen war es inzwischen vollständig dunkel geworden, sodass die Lichter von gelegentlich vorbeifahrenden Autos sich in den Scheiben der hohen Rundbogenfenster widerspiegelten. Frau Papenfuß zog die raumhohen, weißen Leinenvorhänge zu. „Dies ist unser Erfassungsbogen“, erklärte sie und überreichte Manfred das Schreibbrett mit den Formularen. Sie setzte sich wieder auf das Sofa und schaute Manfred an: „Dieser Bogen“, fuhr sie fort, „enthält einige ganz persönliche Fragen. Es ist sehr wichtig, dass Sie ihn vollständig ausfüllen, damit ich Ihr Problem und Ihre Zielstellungen genau erfassen kann. Ich werde Sie dazu gleich für eine halbe Stunde allein lassen.“ Und als ob sie Gedanken lesen könnte, fuhr sie fort, „selbstverständlich werden alle Ihre Angaben ebenso wie alles, was in diesen Räumen besprochen wird, streng vertraulich behandelt. Hierzu verpflichte ich mich auf dem Beiblatt mit meiner Unterschrift.“ Manfred spürte, dass es langsam ernst wurde. Eine leichte Nervosität kam in ihm auf.

      „Bevor wir jetzt weitermachen, weise ich Sie hiermit formal darauf hin, dass es sich bei unseren Hypnosebehandlungen nicht um medizinische Behandlungen handelt. Selbstverständlich ersetzt unsere Behandlung auch keine medizinische Behandlung durch einen Arzt oder Psychotherapeuten.“ Manfred hob verwundert den Kopf. „Das ist mir vollkommen klar“, entgegnete er. „Das brauchen Sie doch nicht besonders zu erwähnen.“ „Doch“, entgegnete die Hypnosetherapeutin, „diese Erklärung ist sehr wichtig, um der geltenden Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland Genüge zu tun. Die Ausübung der Heilkunde im medizinischen Sinne ist approbierten Ärzten vorbehalten. Daneben dürfen Heilpraktiker die Heilkunde “ohne Bestallung“ ausüben. Dies ist im Heilpraktiker-Gesetz, dem sogenannten HPG, eindeutig geregelt.

      Die Behandlungen, die wir in unserem Hause durchführen, sind etwas gänzlich anderes als die der Schulmedizin.“ Frau Papenfuß grinste schelmisch. „Stellen Sie sich vor, Sie gehen zu einem Arzt. Und dem erzählen Sie dann, Sie seien energetisch mit allem verbunden, was existent ist. Und wenn Sie ihm dann noch erklären, dass Sie diese Verbindung über Ihr Unterbewusstsein in Hypnose wahrnehmen können, was meinen Sie, würde der Arzt wohl sagen? Er würde Sie doch wohl vermutlich mitleidig anschauen und Ihnen sagen: „Aaah ja, na dann legen Sie sich mal da hin. Jetzt kommen gleich zwei junge, kräftige Herren. Die bringen Ihnen ein schickes, weißes Jäckchen mit. Das ziehen Sie dann an und gehen mit den Herren mit. Und dann wird alles wieder gut!“

      „Aber Sie sind doch Hypnosetherapeutin?“, fragte Manfred einigermaßen verwirrt. „Ja“, antwortete Frau Papenfuß lächelnd. „Ich bin SOL Hypnosetherapeutin. Diese Berufsbezeichnung haben Herr Mooren und ich frei gewählt, um den Beruf, den wir hier ausüben, zu bezeichnen. Das dürfen wir auch in voller Übereinstimmung mit Artikel 12 des Grundgesetzes, in dem das Recht der freien Berufswahl festgelegt ist. Und ich denke, dass diese Berufsbezeichnung die therapeutischen Tätigkeiten, die wir in unserem Hause durchführen, sehr zutreffend widerspiegelt. Hiermit grenzen wir uns eindeutig von jeder Form von Showhypnose ab.“

      Das Wort “Therapeut“, fuhr sie fort, „kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie “Behandler“. Und da wir Hypnosebehandlungen durchführen, haben wir für unsere Tätigkeit den Begriff “Hypnosetherapeut“ gewählt. Die Art der Hypnosen, die wir durchführen, geht aus dem Zusatz “SOL“ hervor. SOL steht hierbei für den Namen unseres Hypnosezentrums: “Spirit-Of-Light“. Insgesamt führen wir also Hypnosebehandlungen nach einem selbstentwickelten System durch, die mit medizinischen Behandlungen absolut nichts zu tun haben und solche natürlich auch nicht ersetzen. Und hierauf müssen wir hinweisen, was ich gerade ausführlich getan habe.“

      Die Hypnosetherapeutin goss sich ein Glas Wasser ein und nahm einen Schluck. „Und jetzt“, fuhr sie fort, „kommen Sie ins Spiel, Herr Schneider – und mit Ihnen jeder andere unserer Klienten, der mit seinem ganz persönlichen Problem zu uns kommt. Ob es sich hierbei um eine körperliche Erkrankung, eine psychische Störung oder ein anderes belastendes Problem handelt, ist vollkommen gleichgültig. Jeder, der zu uns kommt, um sich von uns mit unserer Methode behandeln zu lassen, ist ein mündiger, freier Bürger. Und als solcher hat er selbstverständlich das Recht, in voller Eigenverantwortung selbst zu entscheiden, ob, wie und von wem er sich behandeln lässt oder nicht. Und damit er diese Entscheidung für sich treffen kann, sind wir verpflichtet, ihn darauf hinzuweisen, dass unsere Art der Behandlung eine medizinische Behandlung nicht ersetzt. Genau diese Auffassung vertritt auch das Bundesverfassungsgericht, welches mit seinem Urteil 1 BvR 784/​03 hier eindeutige Rechtssicherheit geschaffen hat. Selbstverständlich geben wir auch keine Heil- oder Erfolgsversprechen ab, was im Übrigen auch höchst unseriös wäre. Diagnosen stellen wir natürlich auch nicht, und zwar erstens, weil wir das gar nicht können, geschweige denn dürfen und zweitens, weil dies bei unserer Methode auch vollkommen überflüssig ist.

      In der hypnotischen Trance fragen wir einfach das Unterbewusstsein nach der Ursache des Problems. Durch gezielte Fragen, die wir aus jeder Antwort dann ableiten, und durch wiederum hieraus abgeleitete Verankerungen, veranlassen wir das Unterbewusstsein dazu, das Problem zu lösen. Und da das Unterbewusstsein alle Körperfunktionen steuert, also jede einzelne Zelle, kann es auch die Heilung von körperlichen Erkrankungen herbeiführen.

      Da unsere Tätigkeit also keine medizinische ist, unterliegen wir mit unserem “Therapie- und Ausbildungszentrum für Hypnose & Mentalenergetik“ auch nicht der Kontrolle durch medizinische Institutionen. Wir unterliegen mit unserer Tätigkeit der Kontrolle der Gewerbeaufsichtsbehörde.“

      Manfred hatte die ausführlichen Erklärungen von Frau Papenfuß hochinteressiert verfolgt. Ja, sein Entschluss stand absolut fest. Er wollte die Hypnose und hoffte inständig, hierdurch von seiner krankhaften Eifersucht geheilt zu werden. Er wollte endlich

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