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jemand ungünstige unbewusste Programme hat. Diese können dann die Lebensqualität extrem verringern. Auch hierfür will ich Ihnen ein Beispiel geben: Stellen Sie sich vor, ein kleiner Junge, sagen wir mal drei Jahre alt, sitzt vor seinem Teller und möchte irgendetwas absolut nicht essen, sagen wir mal Fisch. Seine Mutter sitzt daneben, schiebt ihm ein Stück in den Mund und zwingt ihn zu schlucken. In diesem Moment empfindet das Kind Ekel und schon hat es das unbewusste Programm: Fisch ist ekelig, kann man nicht essen.

      Jahre später ist der Junge ein erwachsener Mann. Das auslösende Ereignis ist längst verdrängt und vollkommen vergessen. Und der Mann fragt sich, warum er während seines ganzen Lebens eine solche Abscheu vor Fisch hatte, dass er sich noch nicht einmal überwinden konnte, jemals ein Stück zu probieren. Und das, obwohl es immer appetitlich ausgesehen hatte, wenn seine Tischnachbarn Fisch aßen.“

      Manfred hatte aufmerksam zugehört. Er war noch nachdenklicher geworden. Im Stillen fragte er sich, ob es in seinem Unterbewusstsein ein Programm geben könnte, das seine unerklärlichen, immer wiederkehrenden Anfälle von Eifersucht auslöste. Und wenn ja, ob man dies ändern könnte …

      „Könnte der Mann, der als Kind genötigt wurde, Fisch zu essen, seine Aversion gegen Fisch durch Hypnose beseitigen lassen?“, fragte er hoffnungsvoll. „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann bräuchten Sie ihn dazu doch nur in eine hypnotische Trance zu versetzen und ihm zu suggerieren, dass Fisch die leckerste Speise der Welt sei.“

      Entsetzt blickte die Hypnosetherapeutin ihn an. „Eine solche Wirksuggestion, so nennt man das, würde ich niemals geben. Das Fatale bei Wirksuggestionen ist, dass sie sehr sorgfältig formuliert werden müssen und dass man sich nach allen Seiten vergewissern muss, dass sie genau das enthalten, was der Klient damit erreichen möchte. Das Unterbewusstsein nimmt jede Wirksuggestion wortwörtlich an. Es interpretiert nicht. Es fragt sich nicht, was der Hypnotiseur jetzt mit dieser Wirksuggestion gemeint haben könnte. Es nimmt sie gnadenlos genauso an, wie sie gegeben wurde.“

      „Aber Sie haben doch die ganze Zeit von solchen Wirksuggestionen gesprochen.“ Manfred wirkte etwas irritiert und seine gerade aufkeimende Hoffnung begann zu schwinden. „Ich habe Ihnen anhand von Beispielen die Wirkungsweise des Unterbewusstseins erklärt“, schmunzelte die Hypnosetherapeutin.

      „Lassen Sie uns doch einfach einmal gemeinsam überlegen, was man mit einer solchen Wirksuggestion tatsächlich bewirken würde. Was denken Sie?“ Manfred überlegte einen Moment und schaute Frau Papenfuß verständnislos an. „Nun ja, der Mann würde gerne Fisch essen.“ „Stimmt“, antwortete sie. „Der Mann würde gerne Fisch essen. Fisch wäre für ihn die leckerste Speise der Welt.“ Manfred schaute sie verständnislos an. „Das sage ich doch. Und damit wäre doch das Problem des Mannes gelöst.“

      „Davon bin ich nicht ganz so überzeugt“, gluckste Frau Papenfuß vor Vergnügen. „Stellen Sie sich vor, der Mann sitzt mit Freunden in einem Restaurant und bestellt sich, nachdem er Fischsuppe als Vorspeise und Forelle zum Hauptgang hatte, zum Dessert nun einen Krabbencocktail, während die anderen vor ihren Eisbechern sitzen. Er kommt aber gar nicht mehr dazu, sein Dessert anzurühren, weil er bereits bei der Forelle einen allergischen Schock erleidet und mit Blaulicht in höchster Lebensgefahr ins nächste Krankenhaus gefahren wird. Die Aversion gegen Fisch hatte ihn nämlich vor seiner Fischallergie geschützt. Ob damit das Problem des Mannes wirklich gelöst ist, wage ich zu bezweifeln“, grinste die Hypnosetherapeutin.

      Während Frau Papenfuß erzählt hatte, waren Manfred kalte Schauer den Rücken heruntergelaufen. Er hatte schlagartig begriffen, dass man mit Hypnose gravierende Veränderungen in kürzester Zeit herbeiführen konnte. Hierbei musste man als Hypnotiseur offensichtlich aber auch sehr umsichtig und präzise zu Werke gehen.

      „Kann man“, fragte er, „eine solche Wirksuggestion, die sich als fehlerhaft herausgestellt hat, wieder korrigieren?“ „Das kann man“, erklärte Frau Papenfuß. „Dies setzt allerdings voraus, dass der Hypnotiseur präzise gearbeitet und die Wirksuggestion wörtlich protokolliert hat.“

      „Wirksuggestionen“, sinnierte sie, „sind sowieso immer nur die zweitbeste Lösung. Bei der SOL Hypnose verwenden wir Wirksuggestionen so gut wie nie. Und wenn es doch irgendwann einmal nicht anders gehen sollte, zum Beispiel, wenn keine ausreichende Trancetiefe für eine analytische Hypnose erreicht werden kann, dann sprechen wir diese Wirksuggestionen vor der Hypnose ganz klar mit unseren Klienten ab. Wir formulieren sie sorgfältig und prüfen sie gemeinsam mit unseren Klienten nach allen Seiten ab. Dann wird die Wirksuggestion Wort für Wort aufgeschrieben und von unseren Klienten gegengezeichnet. Während der Hypnose lesen wir dann die Suggestion wörtlich ab. Aber, wie gesagt, wir verwenden solche Wirksuggestionen so gut wie nie. Der wesentliche Vorteil einer Wirksuggestion besteht allerdings darin, dass sie bereits bei einer sehr geringen Trancetiefe gut vom Unterbewusstsein angenommen wird. Insofern sind Wirksuggestionen genau dann das Mittel der Wahl, wenn der Hypnotisand nur geringe Trancetiefen erreicht. Dies ist allerdings eher die Ausnahme als die Regel.“

      „Was machen Sie denn stattdessen?“, fragte Manfred wissbegierig. „Ganz einfach“, erklärte die Hypnosetherapeutin. „Wir leiten möglichst tiefe Trancen auf absolut neutrale Weise ein, indem wir nur Wohlbefinden und Entspannung suggerieren – nichts anderes. Hiermit schließen wir aus, dass wir irgendetwas Unbeabsichtigtes suggerieren. Und wenn eine genügende Trancetiefe erreicht ist, was wir im Übrigen gut an den Augenbewegungen und den Gesichtszügen erkennen können, dann machen wir das Einfachste und Natürlichste auf der Welt: Wir fragen das Unterbewusstsein nach der Ursache des Problems. Das Unterbewusstsein weiß alles! Es weiß jedes noch so kleine Detail über uns, aber auch über alle Zusammenhänge und Dimensionen, die weit jenseits all unserer bewussten Wahrnehmungsmöglichkeiten liegen.

      Unbewusst sind wir zu jedem Zeitpunkt mit allem verbunden, was existent ist – auch mit jedem anderen Menschen, aber auch mit Dimensionen und Wesenheiten, zu denen wir auf unserer bewussten, rationalen Ebene keinen Zugang haben. Diese Verbindung ist durch eine subtile, psychische Energie gegeben. Wir strahlen diese Energie über unser körpereigenes Energiefeld, unsere Aura, in Form von Energiewellen aus. Die Art dieser Energiewellen ist abhängig von unseren momentanen Gefühlen und unseren unbewussten Überzeugungen. Wir senden Energiewellen aus, die von anderen Menschen empfangen werden und zugleich empfangen wir Energiewellen. Wir stehen also immer mit unserem Umfeld unbewusst in Wechselwirkung. Die Dimension, in der diese Wechselwirkung von psychischen Energien stattfindet, ist nicht an die Dimension von Raum und Zeit gebunden, so wie wir sie täglich wahrnehmen. Diese energetische Wechselwirkung findet also auch auf tausenden von Kilometern Entfernung statt. Wie ich schon sagte, tun sich bei unseren energetischen Hypnosen weit größere Dimensionen auf, viel größer, als wir uns bewusst jemals vorstellen können – und mit ungeahnten Perspektiven für unser Leben und unser gesamtes Sein.“

      Manfred hatte erstaunt und ungläubig seine Augen umso weiter aufgerissen, je mehr die Hypnosetherapeutin ins Schwärmen kam. Bis jetzt war er von allem, was sie ihm bisher erklärt hatte, tief beeindruckt. Es hatte für ihn zwar stellenweise unglaublich geklungen, aber er hatte dennoch alles logisch nachvollziehen können. Und das war wichtig für ihn. Nun aber waren sie an einem Punkt angelangt, der sich jeglicher logischer Betrachtungsweise entzog. „Das klingt ja absolut fantastisch, absolut unglaublich!“, entfuhr es ihm. Er blickte die Hypnosetherapeutin zweifelnd an.

      „Das ist es“, sagte sie. „Es ist für unser gesamtes, bewusstes Denken einfach nicht vorstellbar. Es ist durch unsere fünf Sinne nicht erfahrbar und es passt zugegebenermaßen auch nicht in ein mechanistisches Weltbild, das viele Menschen in unserem Technik- und erfolgsorientierten Umfeld haben. Aber, fuhr sie fort, es ist dennoch absolute Realität. Eine übergeordnete Realität, die sich aus dem Unbewussten erschließt und die wir als Hypnosetherapeuten bei fast allen Hypnosen immer wieder aufs Neue erfahren. Und wenn ich sage erfahren, dann meine ich hunderte und aberhunderte von minutiös protokollierten Hypnosesitzungen, die mein Kollege und ich in über zehn Jahren mitgeschrieben haben.“

      „Möchten Sie noch einen Kaffee?“ Manfred nickte entgeistert, „ja gerne“, murmelte er. Für ihn war alles, was er bis jetzt

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