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Anraten einer Freundin den Termin bei dem Hypnoseinstitut in Mönchengladbach gemacht. Er hatte sie entsetzt angeschaut und ihr erklärt: „Ich gehe zu keinem Hypnoseonkel!“ Aber als Doris ihn daraufhin entsetzt anschaute und er die schiere Verzweiflung in ihren Augen sah, hatte er eingelenkt und gesagt: „Na ja, ich kann´s ja mal versuchen.“ Und jetzt war er unterwegs zu seinem ersten Hypnosetermin. Ihm war schon sehr mulmig zumute, denn er hatte Angst, dass der Hypnotiseur irgendetwas mit ihm machen könnte, was für ihn nicht zu kontrollieren wäre.

      Als das Navi ihn durch die gewundene Dorfstraße von Wickrathberg führte, wurde er richtig unruhig. „Das Ziel liegt links vor Ihnen“, ertönte es aus dem Navi und schon sah er auch das beleuchtete Schild des Hypnoseinstituts.

      Es war ein gewaltiges, altes Bauernhaus mit zwei Geschossen, was an den vielen, hinterleuchteten Rundbogenfenstern gut zu erkennen war. Er parkte seinen Wagen in der Einfahrt, direkt vor dem großen, grünen Rundbogentor, und stellte den Motor ab.

      Manfred wollte aussteigen, doch irgendwie ging das nicht. Die Schmerzen in seinem rechten Bein wurden auf einmal unerträglich und er konnte seinen eigenen Herzschlag hören, zumindest hatte er das Gefühl. Er atmete einige Male tief durch. Dann öffnete er entschlossen die Tür und stieg aus. Irgendwie fühlte er sich wie ein Tiger vor dem Sprung, als er auf den Klingelknopf drückte.

      „Hallo, Herr Schneider“, ertönte eine freundliche Frauenstimme aus der Wechselsprechanlage. „Bitte kommen Sie herein. Ich bin im anderen Gebäude und komme gleich rüber.“ Zugleich summte der Türöffner und die antike Eingangstür sprang auf. Zögernd trat Manfred ein und schloss die Tür hinter sich. Er befand sich in der großen, zentralen Eingangshalle, die hell erleuchtet war. Alle Wände waren mit einem weißen Lehmputz versehen, was er als Bauphysiker direkt erkannte. Er stand auf einem roh belassenen Dielenboden aus Mooreiche und eine hohe, moderne Holztreppe führte in die obere Etage. Manfred sah sich noch interessiert um, als er hörte, dass irgendwo auf der Rückseite des Gebäudes eine Tür geöffnet wurde. Jetzt hörte er Schritte, die schnell näher kamen und durch die Tür, die der Eingangstür gegenüberlag, kam eine Frau mit gewinnendem Lächeln auf ihn zu. „Brigitte Papenfuß“, stellte sie sich vor und streckte ihm die Hand entgegen. „Manfred Schneider“, sagte er mit einiger Erleichterung in der Stimme und gab ihr die Hand. Hierbei schaute er nach unten, denn die Frau, die etwa in seinem Alter sein mochte, war gut zwei Köpfe kleiner als er. „Möchten Sie ablegen?“ Manfred nickte und schälte sich aus seiner fellgefütterten, dunkelbraunen Lederjacke. Die zierliche Frau nahm ihm die Jacke ab, hängte sie ordentlich auf einen Kleiderbügel und verstaute sie in der Garderobe.

      „Wenn Sie mir bitte folgen wollen“, lächelte sie ihn an und ging bereits voraus, ohne sein höfliches „Ja, gerne“, abzuwarten. Sie gingen einen langen Gang entlang, der sich an der Rückseite des Gebäudes befand. Durch die Fenster erblickte Manfred einen begrünten, großen Innenhof, der von drei Seiten durch weitere Gebäude gebildet wurde. Obwohl es immer noch sehr diesig war, schien das Ganze in ein eigentümlich warmes, gelbliches Licht getaucht. Frau Papenfuß öffnete die letzte Tür und sie betraten einen Raum, der entgegen seinen Erwartungen überhaupt nichts von einem Behandlungszimmer hatte. Der Raum war über kunstvolle Bodenlampen in den Ecken spärlich, aber vollkommen ausreichend beleuchtet. Hier stand eine Sitzgruppe aus einem gemütlichen Sofa und zwei bequemen Ledersesseln, die um einen niedrigen Glastisch gruppiert waren. Auf dem Tisch standen diverse Getränke, eine Schale mit Süßigkeiten und zwei silberne Kannen sowie zwei Gläser und zwei Tassen.

      „Bitte nehmen Sie Platz – wo immer Sie möchten“, forderte Frau Papenfuß ihn freundlich auf und deutete mit einer einladenden Geste auf die Sitzgruppe. Instinktiv wählte Manfred den bequemen Ledersessel am Fenster aus. Von hier hatte er die Eingangstür am besten im Blick. Er sah sich kurz um und bemerkte, dass der ganze Raum in dem gleichen, schlichten Stil gehalten war, der ihm schon in der Eingangshalle aufgefallen war. Manfred war immer noch sehr angespannt, aber Frau Papenfuß schien davon nichts zu bemerken. Sie setzte sich auf das Sofa, sodass er links von ihr saß. „Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten oder einen Tee? Oder lieber etwas Kaltes?“ „Einen Kaffee nehme ich gerne“, antwortete Manfred. Frau Papenfuß griff nach einer der Kannen, goss zwei Tassen dampfenden Kaffees ein und stellte eine Tasse vor ihm auf den Tisch. „Eine Kleinigkeit noch, dann kann es sofort losgehen.“ Sie stand auf, ging zu einem Wandschrank und kam mit einer dicken, weißen Kerze zurück, die sie auf den Tisch stellte und anzündete. „Ich finde es so einfach gemütlicher“, stellte sie fest. „Sie doch auch, oder?“ Manfred nickte und nahm einen Schluck Kaffee. Frau Papenfuß schien das leichte Zittern seiner Hand dabei nicht zu bemerken.

      „Schön, dass Sie zu uns gekommen sind, Herr Schneider“, eröffnete die Hypnosetherapeutin das Gespräch. „Haben Sie schon eine Vorstellung von dem, was eine Hypnose ist und was man damit bewirken kann?“ Manfred blickte überrascht auf. Eigentlich war er ja nur hierhergekommen, um Doris von seinen ehrlichen Bemühungen zu überzeugen.

      Natürlich hatte er schon lange nach einem gangbaren Weg gesucht, seine immer wiederkehrende Eifersucht zu besiegen. Jedes Mal, wenn die Eifersucht in ihm aufstieg, begannen sich seine Gedanken aufzuschaukeln – und dann war es zu spät. Sobald er seine Partnerin dann sah, machte er ihr eine fürchterliche Szene. Und eine Beziehung verträgt das nicht, jedenfalls nicht immer wieder und schon gar nicht in immer kürzeren Abständen. Das hatte er schon oft erlebt – immer wieder. Und mit Doris war es jetzt schon wieder fast so weit. Ja, er wünschte sich nichts sehnlicher, als die Eifersucht, die ihn immer wieder übermannte, loslassen zu können.

      Aber sich dafür in einer Hypnose umdrehen zu lassen, davor hatte er eine tiefe, innere Abneigung, auch wenn Doris noch so viel Hoffnung in die Hypnose setzte. Bedächtig antwortete er:

      „Ehrlich gesagt, habe ich schon einige Showhypnosen im Fernsehen gesehen. Ich konnte nie verstehen, dass sich erwachsene Menschen hier vor staunendem Publikum von einem Hypnotiseur zum Affen machen lassen. Offengestanden, habe ich diese Hypnosen immer für ein abgekartetes Spiel gehalten. Einmal habe ich allerdings in einer Fernseh-Show eine junge Frau gesehen, die in Hypnose vollkommen versteift wurde, vom Kopf bis zu den Füßen. Zwei Helfer hatten sie dann auf zwei Stühle gelegt, einen unter ihren Kopf und einen unter ihren Füßen. Die Frau war steif wie ein Brett und sogar, als sich eine andere Frau auf ihren Bauch setzte, sackte sie keinen Millimeter ab. Dann wurde sie wieder von den beiden Helfern auf die Beine gestellt. Der Hypnotiseur pustete in ihr Gesicht und sie war sofort wieder vollkommen beweglich. Wie der Trick funktioniert hat, weiß ich bis heute nicht.“ Manfred hatte sich fast in Rage geredet.

      „Das war kein Trick“, erklärte die Hypnosetherapeutin. „So etwas bezeichnet man in der Hypnose als “kataleptische Brücke“. Es ist ziemlich einfach, die Muskulatur zum Beispiel eines Armes mittels Hypnose vollkommen zu versteifen. Der Betreffende kann in dem Moment seinen Arm nicht mehr bewegen. Und je mehr er es versucht, desto steifer wird der Arm. In der Hypnose bezeichnet man so etwas allgemein als “Katalepsie“. Bei einer kataleptischen Brücke wird dann während der Showhypnose der gesamte Körper versteift. Dieses Versteifen selbst ist hierbei noch vollkommen ungefährlich. Aber die Tatsache, dass man diesen versteiften Körper dann vollkommen frei tragend auf zwei Stühle legt und ihn dazu noch mit dem zusätzlichen Gewicht einer anderen Person belastet, ist in höchstem Maße unverantwortlich. Kein Mensch kann hierbei körperliche Spätfolgen ausschließen. Der hiermit verbundene Showeffekt ist allerdings so eindrucksvoll, dass ein verantwortungsloser Showhypnotiseur alle hiermit verbundenen Risiken vehement abstreiten würde. Dabei mag dieses “Pusten ins Gesicht“, was Sie gesehen haben, den Showeffekt, also die Demonstration der Macht des Hypnotiseurs, noch unterstreichen, aber für mich ist das einfach äußerst unhygienisch.

      Hierbei will ich nichts gegen die Showhypnose als solche sagen. Sie beruht schließlich immer auf einer Absprache zwischen dem Hypnotisierten und dem Hypnotiseur, wobei die Möglichkeiten der Hypnose eindrucksvoll präsentiert werden. Nur schließt ein wirklich guter Showhypnotiseur jegliche Gefahr von Spätfolgen von vornherein

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