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Palette der Chansontexte von schmissig, ironisch-satirisch, wienerisch bis anmutsvoll-lyrisch von den oft trivialen Prosatextstellen abhob. Für die Kleinkunst parodierte er auf köstliche Art Axel an der Himmelstür mit dem Titel Axel und Leander und „stahl“ dabei natürlich seine Textideen und Ralph Benatzkys Musik. Das Lied Hollyhollyhollywood durfte ebenso wenig fehlen wie die berühmten Gebundenen Hände:

       Gebundene Hände, das ist das Ende,

       jeder verliebten Passion.

       Es spricht noch der Blick,

       von Liebe und Glück,

       und doch, weiß das Herz

       nichts mehr davon.

       Man sagt gern: verzeih,

       so geben wir uns frei,

       du fühlst doch auch wie ich,

       es ist vorbei.

       Und doch, ohne Ende,

       tragen die Hände,

       Fesseln; der Liebe Sklaverei …

       Gebundene Hände,

       Das ist das Ende

       Meines Gastspiels an der Wien.

       ich möchte zurück,

       Doch hab’ ich kein Glück,

       Ab Januar film ich in Berlin.

       Und alles ist vorbei,

       Die Reichsfilmkammer ruft mich schon herbei.

       Bald singt nicht mehr an der Wien die Leander,

       Trägt Fesseln der Ufasklaverei!

      Diese Gebundenen Hände fanden auch Eingang in das Kapitel Von Literaten und Literatur des bekannten Anekdotenbuches Die Erben der Tante Jolesch von Friedrich Torberg, der darin bestätigte, dass Weigel, der „zu den witzigsten, aggressiven Köpfen des literarischen Cabarets“ zu rechnen war, damit den Ruhm der Zarah Leander begründete und für sich mit seinen Texten großen Erfolg einheimste. Nachdem die Tante Jolesch in Anekdoten den Untergang des Abendlandes schildert, wie es im Untertitel heißt, durfte auch hier die entsprechende Anekdote nicht fehlen: Weigel und Torberg besuchten ein Nachtcafé, in dem ein Klavierspieler diskret die Gäste unterhielt. Kaum hatten sie Platz genommen, spielte der Pianist die Gebundenen Hände, nach kurzer Zeit wieder, dann noch ein weiteres Mal, konnte er doch nicht wissen, dass dem Textautor Melodie und Text „nun schon weidlich zum Halse und zu den Ohren hinaushingen“. Mit dem Gästebuch trat der Musikus danach an den Tisch von Torberg und Weigel, dessen Eintragung lautete: „Gebundene Hände – dies wünscht Ihnen Hans Weigel.“

      Auch für das Volksstück Krach im Hinterhaus des Deutschen Maximilian Böttcher wurde Hans Weigel vom Theater an der Wien als Liedtexter eingesetzt, um für die „grandiose Schauspielerin von leicht groteskem Äußeren“, die hinreißende Komikerin und große Menschendarstellerin Gisela Werbezirk, die neben Attila Hörbiger und Heidemarie Hatheyer eine Büglerin spielte, ein Lied ihrem Text hinzuzufügen. Er „erfand einen Nachbarn, der im Nebenzimmer den ,Frühlingsstimmenwalzer‘ spielt, in den sie sich dann einschaltete“:24

      Allweil bügeln,

      Nix wie bügeln,

      Früh um acht

      Bis auf d’Nacht,

      Dass man Gröscherln verdient

      Für ein’ selbst und für’s Kind,

      Hat man

      Jeden Tag

      Müh und Plag,

      Steht sich krumm,

      Wird ganz dumm,

      Strengt sich an

      Bis man dann

      ’S Eisen gar nimmer derhalten kann.

      Ja, die Büglerei

      Is a Plagerei,

      Aber int’ressant is’ doch dabei,

      Denn wer Augen hat, sieht,

      Was im Haus geschieht

      Aus der Wäsch, aus der Wäsch, aus der Wäsch …

      Hans Weigel entwickelte sich zu einer Art Hausdichter des Theaters an der Wien. Als ein Paul-Abraham-Vaudeville, seine Fußballoperette, die Weihnachtssensation 1936 in Budapest, fürs Theater an der Linken Wienzeile ventiliert wurde, fuhr er mit Direktor Hellmer nach Budapest. Das Stück gefiel ihm nicht, doch opponierte er nicht, obwohl er es für sich als „schrecklichen Dreck“ bezeichnete. Wie sollte er, der aufstrebende Junge, sich auch weigern? Ihn faszinierte sein Leben lang das Herstellen von Texten für Musik und es reizte ihn alles, was er noch nicht gemacht hatte, also hier etwa Liedtexte zu vorhandener Musik aus dem Ungarischen zu übertragen. Gemeinsam mit Alfred Grünwald, dem erfolgreichen Librettisten der Zwischenkriegszeit, der mit vielen namhaften Operettenkomponisten von Paul Abraham bis Robert Stolz zusammengearbeitet hatte, sollte Weigel das Buch dieses ungarischen Stückes ins Deutsche übertragen. Zwei der Hauptdarsteller, Rosy Barsony und Oskar Dénes, wurden für die Premierenbesetzung aus Ungarn übernommen, der junge Hans Holt gab den eigentlichen Liebhaber und Kapitän der ungarischen Fußballmannschaft.

      Wann immer es möglich war, vermittelte Hans Weigel seinen Freunden Jobs im Abraham-Ensemble, unter anderen auch Rudolf Steinboeck, Leo Askin und Peter Preses, der ihn sogar als „unser Brotgeber“ titulierte. Zur Generalprobe kam auch Jura Soyfer. „In einem großen Gespräch äußerte er Bedenken, weil ich meine Begabung an den Kitsch und Kommerz verkaufte. Ich wendete ein (nachträglich ist mir, als hätte ich’s ihm versprochen), daß ich sozusagen zweigleisig arbeite und daß ich das, woran wir beide glaubten, woran uns beiden lag, nicht verraten werde. (Immerhin war sogar das Musical von 1937 politisch brisant und riskant.)“25

       Oskar Dénes, Rosy Barsony und Hans Holt

      Die Premiere von Roxy und ihr Wunderteam fand in Anwesenheit der österreichischen Fußball-Nationalmannschaft am Gründonnerstag des Jahres 1937 (25. März) nur geteilte Aufnahme: Die Reichspost vom 26. März schloss sich Hans Weigels Ersturteil an, da in ihr zu lesen stand: „[…] diese Roxy und ihre ungarische Elf servieren uns eine ganz seichte, fadenscheinige Geschichte, der man beim besten Willen nichts abgewinnen kann. […] Die Texte sind ebenso einfallslos wie dumm und ihre Zotenhaftigkeit ist kaum mehr zu überbieten […]“ Andere Blätter nahmen diese leichte Unterhaltung nicht so ernst und stellten wie die Neue Freie Presse, ebenfalls am 26. März, die positiven Akzente der Aufführung in den Vordergrund: „Ein Match, halb ungarisch, halb englisch ausgetragen, manchmal auch deutsch. Ladislaus Zsilagy und Desider Keller haben die burleske Geschichte ersonnen, Alfred Grünbaum hat sie wirkungssicher und geschickt den Wiener Unterhaltungsbedürfnissen angepaßt und, gemeinsam mit Hans Weigel, mit gangbaren und gefälligen Texten versehen.“

      Für das ABC schrieb Hans Weigel in der Folge eine gesungene Attacke gegen das Theater an der Wien, der er den Titel Roxy – und das wundert ihn gab. Roxy wurde noch 1937 mit den Hauptdarstellern des Theaters an der Wien unter der Regie von Johann von Vásáry verfilmt und hatte am 14. Jänner 1938 Österreich-Premiere.

      Als Nächstes sollte aus dem Comedy-Drama Madame Sans-Gêne von Victorien Sardou und Émile Moreau, das am 27. Oktober 1893 im Pariser Théâtre du Vaudeville uraufgeführt worden war, ein Musikstück für das Theater an der Wien gemacht werden. Hans Weigel las das Stück, die Geschichte des aus dem Elsass stammenden Pariser Wäschemädels Catherine Hübscher,

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