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       BJÖRKENDAL

      Fünf Jahre waren seit seiner Heimkehr ins Land gegangen und Alvitur stand auf einer kleinen Erhebung, westlich der Häuser von Björkendal, neben ihm Kylikki und Leif, sein alter Weggefährte.

      Leif legte ihm die Hand auf die Schulter und folgte seinem Blick. „Alter Freund, schau, wie du Björkendal verändert hast. Es gibt wieder Hoffnung für unser Dorf.“

      Alvitur nickte und schaute auf die blühenden Apfelbäume. Seit er sie vor fünf Jahren, gemeinsam mit ein paar Freunden gepflanzt hatte, waren sie kräftig gewachsen und blühten nun zum ersten Mal in so einer Pracht, dass man sie wirklich als Apfelhain bezeichnen konnte.

      Kylikki schaute auch mit einem Lächeln auf die blühenden Bäume; sie war davon so beeindruckt, dass sie flüsterte: „Djarfur, du hast ein Wunder vollbracht. Weißt du, dass du ungefähr für jeden, der Björkendal damals verlassen hatte, ein Bäumchen mitgebracht hast? Es ist wunderschön geworden, unser Björkendal.“

      „Kylikki, ich bin Alvitur. Mit Saida ist damals auch Djarfur gestorben.“

      „Dann sage aber auch Fifilla zu mir, wie mich alle anderen hier nennen. Kylikki ist auch damals gestorben, als der Mann, den sie liebte, sie einfach verlassen hatte, um sich in der weiten Welt herumzutreiben.“

      Über Alviturs Gesicht flog ein leichtes Lächeln und er nahm ihre Hände in seine. „Fifilla, es ist so viel Zeit vergangen seit damals und ich habe für all das, was ich falsch gemacht habe, bitter bezahlt. Lass uns Freunde sein und sei zuversichtlich, dass hier bald wieder glückliche Menschen und fröhliche Kinder leben werden.“

      Fifilla schaute ihm mit einem schmerzlichen Lächeln ins Gesicht und berührte die Stelle wo einst sein zweites Auge gewesen war. „Ja, so soll es sein.“ Dann drehte sie sich rasch um und lief zurück ins Dorf.

      Leif fragte: „Was hat sie? Gibt es ein Problem zwischen euch beiden?“

      „Nein, mein Freund, jetzt nicht mehr, aber ich habe ihr einmal sehr wehgetan, und es tut mir heute so unendlich leid, aber wäre ich bei ihr geblieben, dann wären wir nicht die, die wir jetzt sind und diese Apfelbäume gäbe es dann auch nicht.

      Kylikki, oder Fifilla, sie ist in jedem Fall eine wunderbare Frau und auch überaus klug. Aber ich weiß jetzt, dass ich mit ihr immer rechnen und auf sie zählen kann.“

      Alviturs Blick wurde nachdenklich und er schaute Leif ins Gesicht. „Ich glaube aber, dass sie im Moment auch etwas traurig ist, weil ihr Teemu wieder verschwunden ist. Damals, als er noch ein Kind war, verließ er seine Familie heimlich, um uns zu folgen. Irgendwann verließ er auch uns und verschwand. Nun kam er zwei Jahre nach uns zurück und verschwindet nach kurzer Zeit gleich wieder.“

      Leif wackelte leicht mit dem Kopf. „Ich glaube Teemu ist den Verlockungen dieser neuen Welt, hinter dem Dänenwall10, erlegen. Dass ihn so ein Mädchen wie Einurd hier nicht binden konnte, ist schon merkwürdig. Jetzt, wo Björkendal sich auf wunderbare Weise verändert hat, hätte er doch hier sehr nützlich sein können. Alvitur, mir geht da aber noch so ein Gedanke im Kopf herum: Ich erinnere mich, dass Teemu viel von seinem Volk geredet hat, kurz bevor er wieder verschwand; vielleicht ist er dorthin zurück.“

      „Leif, mein Freund, dass Teemu einfach verschwunden ist, hat Einurd richtig krank gemacht, dass ich sie manchmal kaum wieder erkenne. Ich glaube, sie hat ihn wirklich geliebt. Diesen Burschen würde ich gerne zwischen meine Finger bekommen. Erst macht er ihr ein Kind, obwohl sie eigentlich selbst fast noch zu jung war und dann verdrückt er sich heimlich.“

      Leif nickt. „Ja, er ist schon eine merkwürdige Gestalt, aber Einurd packt das schon, bei so einem Vater.“

      Leif deutete mit einer Hand auf die vielen blühenden Apfelbäume. „Alvitur, was machen wir jetzt mit so vielen Äpfeln? Irgendwann werde sie reif sein und ich bin nicht so begeistert davon, tagelang nur Äpfel essen zu müssen, oder meinst du, dass wir damit gut handeln können?“

      Alvitur lächelte. „Leif, du vergisst aber schnell. Erinnere dich, als wir damals bei den Franken waren, dort wo ich die Bäume geschenkt bekam, was hattest du dort am liebsten getrunken?“

      Leif zeigte mit einem verstehenden Lächeln, dass er sich erinnerte. „Aaah. Ja, stimmt. Meinst du, dass wir das hier auch machen können? Ich meine, weißt du wie das mit dem Apfelwein funktioniert?“

      Nun zwinkerte Alvitur ihm zu und zeigte ein Gesicht, das nicht alltäglich war. Wissen, Glück, Befriedigung und Stolz, all das zeigte sein Lächeln in diesem Augenblick.

      „Leif, du warst dabei, als mir die Leute den Namen Alvitur gaben, und selbstverständlich weiß ich noch, wie der Apfelwein gemacht wird. Ich habe doch genau zugesehen, wie sie ihn dort herstellten und alles ist hier drin.“ Alvitur tippte sich an seinen Kopf.

      „Wir brauchen nur noch einen guten Töpfer, der uns die Gärkrüge herstellen kann, die wir dazu benötigen. Wir haben zwar hier Leute im Dorf, die sich gut selbst versorgen können, aber wenn wir soviel Wein machen würden, dass sich der Handel damit lohnte, dann könnte das für Björkendal ein richtiger Segen werden.“

      Leif nickte nachdenklich. „Ja, du hast sicher Recht und ich beneide dich etwas um deinen Weitblick, aber dann sollten wir auch dafür sorgen, dass wir bald wieder ein gutes und schnelles Boot für Handelsfahrten haben.“

      „Ja, mein Freund, das brauchen wir unbedingt und wir haben noch viel mehr zu tun, aber es ist gut, dich an meiner Seite zu wissen. Leif, ich muss so oft an die Welt denken, die wir zusammen kennen gelernt haben. Wenn diese Welt bis hierher vordringt, ist es aus mit unseren Göttern und unserem Leben, wie es die Menschen hier seit langen Zeiten leben konnten.“

      „Alvitur, ich weiß, was du meinst, aber bei Haithabu ist doch dieser Wall, das Danewerk. Meinst du nicht, dass er uns schützen wird?“

      „Ach Leif, ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass er uns vor dieser anderen Welt nicht mehr lange beschützen wird. Komm, lass uns zurückgehen, ich habe Hunger.“

      Kaum dass die beiden in Alviturs Hütte angekommen waren, stürzte Fifilla aufgeregt herein.

      „Wir bekommen ein Kind, Nachwuchs für Björkendal. Die Hilda liegt in den Wehen.“

      Mitleidig lächelnd fügte sie hinzu: „Und Ernir, ihr Mann, sieht schon ganz blass aus. Kommst du mit?“

      Alvitur nickte. „Fifilla, warum holst du mich eigentlich zu dieser Geburt, machst du das nicht sonst alleine, mit den anderen Frauen?“

      Fifilla nickte etwas nachdenklich. „Du hast schon Recht, aber ich hatte so einen merkwürdigen Traum, in dem mit Stimmen sagten, das die Geburt heute besonders bedeutungsvoll sei. Es war wirklich merkwürdig, denn ich habe kein Wort verstanden, nur irgendwie war es dann in meinem Kopf und es drängte mich, dich zu dieser Geburt auch zu holen.“

      Alvitur grübelte etwas, dann wischte er die aufkommenden Gedanken beiseite, die Fifillas Worte, merkwürdiger Traum, ausgelöst hatten und schaute sich suchend in seiner Hütte um. „Gut, ich muss nur noch ein paar Sachen zusammensuchen. Leif, dann wird es wohl nichts mit unserem gemeinsamen Essen, eine so wichtige Geburt geht vor.“

      Als sie auf dem Weg zur Hütte von Ernir und Hilda waren, zog ihm Fifilla plötzlich am Ärmel und deutete mit überraschtem Gesicht auf die kleinen Rasenflächen, die zwischen den Häusern lagen und mit leicht erregter Stimme fragte sie: „Alvi, schau, fällt dir denn hier nichts auf?“

      Alvitur schaute und zuckte die Schultern. „Ich weiß nicht was du meinst. Was ist an den Gänseblümchen so Besonderes?“

      Fifilla rüttelte ihm nun am Kragen. „Alvitur, bitte, schau doch mal richtig hin. Waren hier gestern so viele Gänseblümchen?“

      Da stutzte Alvitur doch und macht ein überraschtes Gesicht.

      „Ja, meine Liebe, du hast Recht. Es sind ja wirklich tausende … einfach so über Nacht. Meinst du, dass hier

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