Скачать книгу

der Automat klemmte oder die Tankstelle bereits geschlossen war. Wahrscheinlich erinnern Sie sich nicht daran. Längst ist das Nervensystem so stark umgebaut, längst sitzt man so tief in der Nikotinfalle fest, dass einem das Rauchen-Wollen wie ein natürlicher Antrieb erscheint. Man hat die Kontrolle darüber verloren und muss rauchen.

      Bei 20 Zigaretten pro Tag und 10 Zügen pro Zigarette fluten Sie Ihr Gehirn mit 73.000 Zügen Nikotin pro Jahr. Nach 7 Sekunden ist das Nikotin auch an den Andockstellen im Gehirn. Diese Andockstellen haben sich schon an die Flut des Nikotins gewöhnt, sind abgestumpft und brauchen immer mehr Nikotin, um eine Grundzufriedenheit herzustellen.

      Nur allmählich – nach weiteren 50.000-100.000 Zügen pro Jahr – dämmert es Rauchern, dass man wie ferngesteuert ist. Da sind auf einmal so viele Situationen ohne Zigarette gar nicht mehr schön. Gute Dinge, wie ein schönes Essen, werden ohne Zigarette miserabel. Sie haben Ihr Gehirn perfekt mit jedem Zug programmiert. Mit tausenden von Zügen konditioniert. Zum Kaffee, beim Warten, nach dem Essen, vor dem Einstiegen in den Zug, nach dem Aussteigen, in der Pause, nach der Arbeit, mit Freunden, zum Bier, beim Telefonieren, nach dem Sex, an bestimmten Orten oder wenn Sie den Rauch von anderen schnüffeln. Wie automatisiert, ohne weiter darüber nachzudenken, greifen Sie zur Zigarette und nennen es „Gewohnheit“.

       Weitere 100.000 Züge später rauchen Sie gegen den Stress an

      Und dann? Vor allem Langweile und Stress werden immer mehr zum Rauchauslöser. Sie brauchen jetzt Nikotin, um Ihr Nervenkostüm herunterzufahren. Sie merken kaum, dass es jetzt das Nikotin selbst ist, das Ihren ganzen Körper – z.B. durch Ausschütten von Adrenalin – stresst oder Ihren Herzschlag hochfährt. Im Vordergrund steht die kurzfristige Erleichterung durch die Zigarette.

      Wie haben Sie das bloß in der Schule verkraftet, als der Lehrer Ihnen eine 5 gegeben hat? Unglaublich, wie strapazierfähig Sie als Kind ohne Zigarette waren. Aber man wird halt älter und ist auch nicht mehr so in Form. Kein Raucher käme je auf die Idee, dass Rauchen schlapp macht. Denn vordergründig regen Zigaretten doch an. Oft beruhigen sie auch. Zwei gegensätzliche Wirkungen mit ein und derselben Droge.

      Blicken Sie der Realität ins Auge: Kein Kind und kein Nichtraucher braucht je eine Zigarette, um sich besser zu fühlen. Der soziale Druck und der Wunsch „dazuzugehören“, ist der einzige Grund, mit dem Rauchen anzufangen. Auch Sie haben Zigaretten nie gebraucht, bis Sie die ersten Packungen geraucht hatten, die Andockstellen im Gehirn sich umgebildet haben und Sie dann auf einmal „gerne“ rauchen, um einen Mangel zu beheben.

       Wie „gerne“ rauchen Sie?

      Erst raucht man „gerne“. Einige 100.000 Züge später raucht man „getrieben gerne“. Einige von Ihnen sind vielleicht jetzt schon, nach einer langen Raucherkarriere von 10-20 Jahren oder 730.000 bis 2 Millionen Zügen an den Punkt gekommen, wo sie mit schlechtem Gewissen und schon spürbaren gesundheitlichen Folgen „gezwungen gerne“ rauchen müssen. Viele Kettenraucher haben längst das „Gerne“ hinter sich gelassen und machen sich keine Illusionen mehr über die Sucht. Sie ergeben sich dem Schicksal, weil man es einfach tun muss. „Ich komme nicht davon los. Ich rauche. Und Punkt.“

      Je länger man raucht, desto mehr nimmt das „Gerne“ ab und das „Müssen“ zu. Dann ist meist der Zeitpunkt gekommen, an dem der Raucher aufhören möchte. Sie wissen selbst am besten, in welchem Stadium von „Gerne“ Sie gerade stehen. 30% der Raucher rauchen auf alle Fälle „so gerne“, dass sie einmal im Jahr versuchen mit dem Rauchen aufzuhören, es dann aber doch „zu gerne tun“, um tatsächlich davon loszukommen.

       „Hurra, ich rauche“

      Wenn Sie überzeugter Genussraucher sind, gibt es eigentlich keinen Grund, damit aufzuhören. Auf der anderen Seite, haben Sie beim Kauf einer Packung Zigaretten je gedacht: „Super. Es ist doch fantastisch, dass ich angefangen habe zu rauchen, denn was hätte ich sonst alles verpasst…“. Ehrlich gesagt, ich habe diesen Satz noch nie von einem Raucher gehört. Denn fast alle Raucher wären eigentlich lieber Nichtraucher. Und wer schon einmal aufgehört und wieder angefangen hat, fängt seine Geschichte fast immer so an: „….leider habe ich dann wieder eine geraucht“.

      Alle Raucher beneiden Gelegenheits-Raucher, die es schaffen nur ein paar Zigaretten pro Tag zu rauchen und nicht weiter darüber nachzudenken. Nur 10% der Raucher gehört tatsächlich zu dieser Gruppe. 5 Zigaretten pro Tag. Das wäre doch ideal, denken Sie? Keineswegs. Wenn Sie als normaler Raucher, mit viel Willen Ihre Zigarettenzahl herunterdrücken und niedrig halten, wenden Sie dazu enorme Energie auf. Denn wer süchtig ist, möchte immer mehr rauchen und nicht etwa weniger. Sie verzichten also den ganzen Tag, meist aus gesundheitlichen Gründen, bis Sie sich dann endlich „die Eine“ gönnen. Diese Willens-Gelegenheits-Raucher erzählen mir nie „Hurra, ich rauche wenig. Ist das ein tolles Gefühl“.

       Ist Rauchen eine Gewohnheit?

      Die meisten Raucher erzählen von einer „Gewohnheit“ oder einer „dummen Angewohnheit“. Rauchen ist aber keine Gewohnheit, so als ob Sie gerne etwas essen. Gewohnheiten lassen sich jederzeit abstellen. Wenn ich in England auf der linken Straßenseite fahren muss, statt wie hier auf der rechten, schalte ich die Gewohnheit innerhalb von wenigen Sekunden um, schon wenn ich mit dem Mietwagen aus dem Flughafen fahre. Etwas länger dauert es dann, Blinker und Scheibenwischer nicht ständig zu verwechseln, die sich auch umgekehrt am Steuerrad befinden. Aber nach ein paar anfänglichen Fehlgriffen gelingt auch das. Ich stelle meine Gewohnheit ohne Probleme einfach um. Mir ist es auch noch nie vorgekommen, dass ich nicht rechts fahren darf und deswegen unruhig und nervös werde oder eine Panikattacke bekomme. Ich stehe auch nicht nachts auf, um bei leeren Straßen mal eine Runde rechts zu fahren. Warum müssen wir als Raucher dann immer von „Gewohnheit“ oder „dummer Angewohnheit“ sprechen? Sucht und Gewohnheit sind zwei vollkommen verschiedene Dinge.

       Sind Sie ein Gewohnheitsmensch?

      Gewohnheitsmensch! Das hört sich an, als würden Sie jeden Tag das Bürgerliche Gesetzbuch lesen oder kleinkariert Ihre Gewohnheiten mit der Uhr verrichten. Wollen Sie sich wirklich so beschreiben? Was ist übrig geblieben von Ihrem jugendlichen Übermut, nichts tun zu müssen? Raucher waren doch eher die Jugendlichen, die sich gegen die Erwachsenen aufgelehnt haben. Kein Mensch beschreibt sich gerne als Gewohnheitstier. Und was wäre Rauchen für eine Gewohnheit? Sich 4.000 hochgiftige Substanzen in die Lunge hineinzupumpen, um 10-15 Jahre früher zu sterben? Ich glaube nicht, dass Sie so eine „Gewohnheit“ aufrechterhalten würden, wenn es denn eine Gewohnheit wäre.

       Essen Sie gerne Broccoli?

      Ich esse zum Beispiel für mein Leben gerne Brokkoli. Trotzdem muss ich ihn nicht 20mal am Tag essen. Ich habe auch nicht ständig unterwegs etwas Brokkoli dabei, um ihn zu knabbern und so meinen Brokkoli-Blutspiegel wieder anzuheben. Ich habe auch noch nie das Gefühl gehabt, dass ich anderen Menschen erzählen müsste, warum ich so gerne Brokkoli esse. Auch: Brokkoli essen kann ich einfach sein lassen, wenn ich es will. So ist das mit Gewohnheiten. Auch die schönsten Gewohnheiten wird man leid. Ständig Brokkoli wäre ein Alptraum. Bei Zigaretten kann man selten genug bekommen. Selbst nach Hundertausenden von Nikotin-Zügen will man immer noch mehr.

      Rauchen ist also keine Gewohnheit. Jede Gewohnheit ließe sich im Handumdrehen abstellen, wenn Sie diese leid sind oder sie Ihnen schadet. Rauchen ist eine Sucht, die erhebliche Probleme macht, sie abzulegen. Es bringt daher auch nichts, sich selbst (und anderen) vorzulügen, man rauche „aus Gewohnheit“ oder es wäre eine „dumme Angewohnheit“. Benennen Sie es als das, was es ist: Eine Sucht mit Suchtverhalten. Zumindest sich selbst gegenüber. Das wäre schon ein erster riesiger Schritt.

      Ihre Kinder mögen keinen Broccoli? Kein Problem. Margie in diesem TV-Spot wird Ihnen zeigen, wie Sie

Скачать книгу