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seine eigene Geschichte.

      Die Blumenbegeisterung meiner Großmutter machte am Zaun nicht halt, so dass auch noch der Rand der Dorfstraße mit farbenfrohen Stauden und Edelrosen geziert war. Hier hatte auch die Pfingstrose ihren Stammplatz und in ihrer Nähe auch der lilafarbene Fliederstrauch. In ihrem Reich spielte auch der ambrosianische Duft von Pflanzen eine Rolle. Ein Sträußchen gepresster Duftminzen und Thymian im Gebetbuch sollte mit seinem Aroma während der Sonntagspredigt die Bäuerin wach halten, die ja schon vor dem Kirchgang ein hartes Arbeitspensum hinter sich hatte. Und im Gartenbeet durfte auch das Mutterkraut nicht fehlen, das als „Mottenkraut“ im Kleiderschrank die Motten abwehrte.

      Am späten Abend nach getaner Arbeit saß man gemütlich unter dem Walnussbaum, der als Dorfbaum zu jedem Bauernhof gehörte, wohl wissend, dass der Geruch der Walnussblätter Stechmücken vertrieb.

      Doch am allerschönsten war an lauen Sommerabenden der Plausch in der Gartenlaube, die früher in keinem Bauerngarten fehlen durfte.

       Der alte Bauernhof

      Hinter dem Garten am nahen Wiesenhain

      stand unser altes Bauernhaus,

      wo Efeu und wilder Wein den Gipfel umrankten,

      wo Sonnenblumen thronten am Gartenzaun,

      Stockrosen und Eibisch im Vorgarten prangten.

      Am Abend drang der silberne Mondenschein

      durch die gemütliche Laube hinein:

      Ein kleines Paradies auf Erden, ein trautes Heim.

      Ein hölzernes Tor zu wundersamen Welten

      öffnete den Blick auf Großmutters Garten,

      wo schlanke Edelrosen sich zur Pose stellten

      und Käfer schwirrten auf moosigen Platten.

      Vogelwicken umwanden die alten Pfosten,

      mit ihren langen, gebogenen Fingern,

      sie drehten ihren Blütenhals nach Osten,

      Heidebeeren im Gesträuch der Hecken ringten,

      Lavendel in dem Kräuterbeet

      seinen Sommerduft ins Hause weht.

      Der heilige Hollerstock stand dicht am Giebel

      und auf dem Hausdach in den alten Ziegeln,

      die Donnerwurz das Haus vor Blitzschlag schützte:

      Großvaters Aberglaube, der sich im Sommer nützte.

      Im Kräuterbeet das alte Mutterkraut,

      es schützte in der Nacht das Kleid vor Motten,

      im Kleiderschrank ein Säckchen hing,

      das frische Heu stark duftete nach Cumarin,

      woraus die Bäurin einen Tee gebraut

      und Perlentau drang aus der Gräser Soden.

      Hut ab, vor dem Holunder!

      Das war die erste Prozedur,

      wenn Großvater am frühen Morgen

      in die Wunderwelt des Gartens trat,

      geheilt von allen finstren Sorgen

      für seinen ganzen arbeitsreichen Tag.

      Wenn sich die Bäuerin zur Ruhe legte

      nach einem schweißerfüllten Tag,

      sie in der späten Nacht das Beten pflegte,

      wo unter ihrem Kissen der Lavendel lag.

      Großmutter war das Heimchen am Herd,

      wo Bratäpfel im Winter sprühten

      und im Advent die Zimtwaffeln glühten.

      Der süße Duft zog durch den ganzen Raum:

      Auch heute noch für mich ein Kindheitstraum!

      An Weihnachten das Scheitholz brannte,

      die heißen Gluten durch die Stube flammten.

      Großvater am Kamin schlief ein,

      die Müdigkeit zog ihn in den wohlverdienten Schlaf hinein.

      Er war der Herr der alten Scheune,

      im Stall war es der große Knecht,

      die junge Magd die Herrin auf dem Felde:

      Zusammen sich erfüllten alle Bauernträume,

      ein jeder mit der schweren Arbeit kam zurecht.

      Sie waren alle vier im Bauerndorf die Helden.

      Der Hahn, er war der Ritter auf dem Hof,

      am frühen Morgen er den Bauern weckte,

      die große Hühnerschar sich um ihn reckte,

      schon ging die schwere Arbeit los.

      Am späten Abend nach getaner Arbeit,

      saß man gemütlich unterm Walnussbaum,

      es war die erste kurze Ruhezeit,

      nach vielen Stunden im alten Gartenraum.

      Ich höre heute noch die Bäurin rufen,

      wenn Mäuse in der Tenne tobten,

      zart in der Stimme, sanft im Ton:

      „Heimsje komm! Heimsje komm!“

      Die Katze war der Wächter auf dem Hof,

      sie war die Herrin in der vollen Tenne,

      und in der Nacht stets auf der Pirsch,

      mit Arien ihrer Miezenklänge

      ließ sie im Stall die Winde los,

      wenn sie durch Haus und Hofe schlich.

      Im Frühjahr war’s der Schwalben Sang,

      die in der Scheune ihre Nester bauten,

      im Sommer war es Großvaters Sensenklang,

      der am frühen Morgen unser Herz erfreute,

      wenn auch die Morgenglocken läuten.

      Im frühen Herbst die Heimchen in der Stube zirpten,

      die Grillen auf dem Ährenfeld,

      die letzten Schwalben an den Drähten schwirrten:

      die volle Ernte war bestellt.

      Das Heimchen am Herd,

      das Heimchen im Zimmer,

      das Heimsje im Haus!

      Die alten Gesichter kleiden sich aus

      für ewig und immer.

      Wo ist die Zeit geblieben?

      Wann kommt sie wieder,

      die gute, alte Zeit?

      Sie ist von uns geschieden

      hernieder in ein Armenhaus.

      Wann geh’n die Lichter aus

      im alten Bauernhaus?

      Großmutter, Mutter, Enkel und Kind,

      in einer Stube zusammen sind:

      Das war einmal

      vor langer Zeit.

      Kommt sie zurück geeilt?

      Wir haben unsre Zeit gestohlen,

      die schwangren Ackerschollen und die Gartenbohlen,

      den alten Bauerngarten und das Bauernhaus:

      Die Lebenslichter

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