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versteckt“, spann Rosenkranz den Faden weiter.

      „ … und sorgfältig mit Schnee bedeckt“, beendete Kirschkern.

      Kommissar Höflich riss seinen Blick von der Tatwaffe los.

      „Der Täter hatte sich offenbar keine Zeit genommen, die Tatwaffe besser zu beseitigen. Vielleicht war er konfus.“

      „Oder die Täterin“, gab Rosenkranz zu bedenken.

      Sein Blick schweifte über die verschneite Gartenlandschaft und blieb wie zufällig an einem etwas weiter entfernt gelegenen, langgestreckten Gebäude hängen. Es schien sich um einen Stall für Tiere oder Fahrzeuge zu handeln. Genau konnte er es nicht erkennen. Sicher war dort auch der Gärtner zu finden.

      Aus der gleichen Richtung wehte das hochtönende Gebell eines eher kleinen Hundes zu ihnen herüber. Es schien, als käme es direkt aus dem Stallgebäude. Er wollte gerade den Kommissar darauf hinweisen, als dieser jedoch ungeduldig darauf drängte, mit der Vernehmung der vorerst letzten Zeugin fortzufahren. „Jammerschade“, dachte Höflich und fühlte einen kleinen Stich im Herzen.

      Er hatte sich, während der kurzen Zeit in der Küche von der Frau mit der Schürze spontan angezogen gefühlt. Doch persönliche Befindlichkeiten waren hier fehl am Platz.

      Denn jetzt war es an der Zeit, ein ernstes Wort mit der Köchin zu reden.

      „Ach nehmen Sie doch bitte Platz.“ Kommissar Höflich hatte sich beim Eintritt von Ludmila Grünspan, genannt Lulu, erhoben.

      Sie hatte ihre Schürze abgenommen. Nun saß sie vor ihm in einem engen, fliederfarbenen Kleid, das ihre imposanten Rundungen zur Geltung brachte. Was für eine prachtvolle Frau, dachte Höflich und seufzte versonnen. Doch gleich darauf schalt er sich einen Narren und riss seinen Blick von ihrem üppigen Busen los.

      Die Frau war vielleicht eine Mörderin! Was fiel ihm ein? Trotzdem, sie schien eine Frau zu sein, die gerne lachte. Das sah er an ihren Augen. Wieder etwas, das ihm gefiel. Doch jetzt saß sie ernst da und schaute ihn erwartungsvoll an.

      „Lulu“, dachte Höflich versonnen. Dann räusperte er sich. „Frau Grünspan“, begann er, „seit wann arbeiten Sie als Köchin in diesem Haus?“

      „Naja, so genau weiß ich das gar nicht mehr.“ Sie sprach mit Akzent und lächelte dabei verlegen. „Ich habe hier schon gearbeitet, als die Kinder noch ganz klein waren.“

      „Dann gehören Sie ja sozusagen mit zur Familie?“

      „Ja, natürlich. Ich habe die Kinder aufwachsen sehen.“

      „Sie haben sich hier wohl gefühlt?“

      „Oh ja.“

      „Und wie ist es jetzt hier für Sie?“

      „Jetzt?“ Höflich nickte.

      „Nun ja, die Kinder sind erwachsen.“

      „ … und die Eltern haben sich getrennt“, beendete Höflich.

      „Ja. So ist wohl das Leben.“

      „Da haben Sie recht. Sie jedoch arbeiten immer noch hier.“

      „Ja, bis vor Kurzem noch regelmäßig. Jetzt aber nur, wenn Herr Maus Gäste hat. Sonst braucht er mich nicht. Er ist viel unterwegs. Da isst er immer auswärts.“

      „Was machen Sie in der übrigen Zeit?“

      „Oh, ich arbeite in einer Familie als Köchin am Ende der Straße. Wenn Herr Maus mich braucht, richte ich es immer so ein, dass ich ihm behilflich sein kann.“

      „So. Und am heutigen Tag brauchte er Sie?“

      „Ja, richtig.“

      „Wann trafen Sie hier ein?“

      „Hm, ich war vielleicht gegen 12 Uhr hier. Da war er leider schon tot. Ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Sie begann zu schluchzen und drückte ihr Taschentuch an die Augen.

      „Ja, das wissen wir. Tut mir leid. Was taten Sie, bevor Sie hierher kamen?“

      „Ich arbeitete den ganzen Vormittag über in der Villa ‚Agatha‘ am Ende der Straße, Nummer 45. Ich habe dort bereits das Menü für den heutigen Abend vorbereitet.“

      „Hmm, wir werden Ihre Aussage überprüfen müssen, Frau Grünspan“, sagte Kommissar Höflich ernsten Gesichtes und schickte seinen Assistenten Rosenkranz zur genannten Adresse, um sich das Alibi der Köchin bestätigen zu lassen.

      „Wenn Sie das müssen …“, seufzte Ludmila Grünspan und sah ihn mit ihren blauen Augen an, dass sich Höflich wünschte, ihr in einer anderen Situation begegnet zu sein.

      „Reine Routine …“, entschuldigte er sich. Ihm wurde plötzlich bewusst, dass er mit ihr allein war. „Leben Sie allein?“ Spontan war ihm diese Frage über die Lippen gekommen? Gleich darauf spürte er, dass er rot wurde und wandte sich ab. Er hatte gar nicht weiter nachgedacht. Jetzt hätte er sich dafür ohrfeigen können, so taktlos zu sein.

      Doch Ludmila Grünspan schien es gar nicht zu bemerken.

      „Ja. Vor einem Jahr ist meine Mutter gestorben. Seitdem lebe ich allein.“

      „Oh“, machte Höflich nur und versuchte wieder einen klaren Kopf zu bekommen.

      „Was sollten Sie heute für den Verstorbenen erledigen? Denn er erwartete ja Gäste. Richtig?“

      „Ja, richtig. Er wollte gern, dass ich ein Abendessen mit drei Gängen für zwei Personen vorbereite sowie ein Kindermenü.“ Als der Kommissar sie immer noch abwartend ansah, fuhr sie fort: „Pastanester mit Garnelen, gefüllte Gurkenhäppchen mit Räucherlachssalat, Kalbskotelett mit Steinpilzen und Herzoginkartoffeln und als Nachtisch Créme brûlée. Für den späteren Abend war eine Feuerzangenbowle geplant.“

      „Ehm, verstehe, danke.“ Offenbar war sie eine ausgezeichnete Köchin. Höflich lief das Wasser im Mund zusammen. Ein Grund mehr ….nun ja.

      Doch er runzelte die Stirn. Jetzt musste Klartext gesprochen werden: „Und wann soll es die Weihnachtsgans geben?“

      „Die Weihnachtsgans?“ Die Köchin wirkte erstaunt. „Na, die gibt es doch morgen. Ehm, das heißt, es hätte sie morgen gegeben“, verbesserte sie sich.

      „Herr Maus hatte sich für den Weihnachtstag ein typisch deutsches Gericht, eine Weihnachtsgans gewünscht.“

      „Das hätte er sich nicht wünschen sollen, denn nun hat er sie schon heute bekommen“, meinte Höflich lakonisch.

      „Wie bitte?“

      „Wie ich es bereits sagte. Er hat sie schon heute bekommen.“ Höflich beobachtete die Köchin gespannt. „Ich verstehe nicht.“ Ludmila Grünspan schien völlig verwirrt.

      „Wie könnte Herr Maus sie heute schon bekommen haben, denn sie ist doch noch tief gefroren!“ Sie sah ihn kopfschüttelnd an.

      „Richtig, Frau Grünspan!“ Höflich erhob sich und ebenfalls seine Stimme. Private Befindlichkeiten hatten hier keinen Platz.

      „Sie ist noch tief gefroren! Schockgefrostet! So heißt es wohl richtig. Bei Minus 10 Grad oder so.“ Höflich hatte seine Hände auf dem Rücken verschränkt und lief dozierend durch den Raum. Dann machte er vor Ludmila Grünspan Halt, die ihn verständnislos ansah, und starrte auf sie herab.

      „Sie, Frau Grünspan, waren die einzige, die um die gefrostete Gans wussten.“ Dann machte er eine wohl berechnete Pause, in der sich die Angesprochene immer unbehaglicher fühlte.

      Schließlich sprach er langsam weiter, indem er jedes Wort einzeln betonte: „Und Sie waren es auch, die diesen Vogel dem Frostfach entnahm und damit so lange auf den Kopf Ihres Opfers einschlugen, bis dieses aus seinem Sessel fiel und unter seinem eigenen Weihnachtsbaum verstarb!“ Höflich war sehr laut geworden. Nun musste er erst einmal Luft holen.

      „NEIN!“, rief da Ludmila Grünspan und

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