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danach zu suchen.

      Grand Duc schloß den Raum ab, brachte den Schlüssel wieder in die Kapitänskammer und kehrte zu den Kumpanen auf die Kuhl zurück.

      Der Wind hatte zugenommen und heulte mit Sturmstärke über die Lagune, das konstatierte er sofort. Die Lagune lag geschützt zwischen der großen Insel, kleineren Eilanden und Riffen, hier konnte kein starker Seegang entstehen, aber draußen, auf dem offenen Meer, mußten die Wogen jetzt höher und höher steigen.

      Picou wandte sich zu dem Riesen um und rief: „Grand Duc, wenn diese braunen Huren und Hurenböcke zwischen den Riffen hindurch auf die offene See pullen, dann haben sie ihr Todesurteil selbst unterschrieben. Sie werden alle ersaufen, die Hunde, denn das Wetter hat eben erst begonnen und wird noch schlimmer werden.“

      Grand Duc blieb stehen. Seine Züge hellten sich plötzlich etwas auf. „Ich schätze, das nimmt uns ein hübsches Stück Arbeit ab, Picou. Laß sie krepieren, die Kanaken, sie haben es nicht anders verdient.“

      6.

      Bill, der Moses, meldete sich zwar sofort wieder aus dem Großmars, als im Südwesten die zwei Geschützfeuer kurz hintereinander losdonnerten, aber er hätte seinen Kapitän nicht darauf hinzuweisen brauchen, denn dieser hatte die ganze Zeit über aufmerksam vorausgespäht und das Aufblitzen der Kanonen im selben Moment wie sein Ausguck bemerkt.

      „Al!“ rief er seinem Stückmeister und Waffenexperten zu. „Was für eine Art von Geschütz war das deiner Ansicht nach?“

      „Hörte sich an wie das Feuer von zwei Minions!“ rief Al Conroy von der Kuhl aus zurück. „Aber genausogut können es Hinterlader gewesen sein, also Drehbassen oder Serpentinen.“

      „Du schätzt also, daß es auf jeden Fall Schiffsgeschütze waren?“

      „Darauf würde ich fast meine Mütze verwetten.“

      „Potztausend!“ rief der Profos. „Wer will denn deine speckige Mütze schon haben?“

      Siri-Tong, die immer noch neben dem Seewolf auf dem Quarterdeck stand, konnte sich ein leises Auflachen nicht verkneifen. Hasard hatte das Spektiv auseinandergezogen und vors Auge gehoben, drehte daran herum und versuchte, etwas zu erkennen und die Schärfe richtig einzustellen. Aber vor ihm lag wieder das unendlich wirkende, tiefschwarze Dunkel der Nacht, und kein neuer Mündungsblitz zerriß den schwarzen Vorhang.

      Hasard hatte sich wieder genau eingeprägt, an welcher Stelle die Feuerblitze aufgeflammt waren. Er ließ Pete Ballie eine leichte Kurskorrektur vornehmen, spähte noch einmal versuchsweise durch das Spektiv, gab es dann aber auf und wandte sich, nachdem er das Rohr zusammengeschoben und in seiner Tasche hatte verschwinden lassen, an die Rote Korsarin.

      „Hast du es bemerkt, Siri-Tong?“ sagte er. „Die Distanz ist ganz erheblich zusammengeschrumpft. Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln, daß die beiden Schüsse an demselben Ort wie zuvor abgegeben wurden, und dieser Ort liegt nur noch drei bis vier Meilen von uns entfernt.“

      Sie war sehr schnell wieder ernst geworden und nickte ihm flüchtig zu. „Angenommen, wir haben das gesuchte Schiff der französischen Freibeuter vor uns …“

      „Was noch höchst unwahrscheinlich ist …“

      „Angenommen, es ist doch die ‚Saint Vincent‘“, sagte sie beharrlich. „Dann müssen wir doch voraussetzen, daß sie wieder vor einer Insel ankert, auf der Masot und seine Meute nach dem vermeintlichen Schatz forschen.“

      „Auf was willst du hinaus?“

      „Daß wir uns vor Korallenriffen in acht nehmen müssen, wenn wir uns an diese Insel heranpirschen.“

      Er setzte eine grimmige Miene auf. „Keine Angst, ich lasse schon beizeiten das Zeug wegnehmen.“

      Die „Isabella“ schob sich unter vollen Segeln auf ihr unbekanntes Ziel zu. Der Seewolf schätzte den Wind auf Sturmstärke, ließ sich aber von dem Heulen und Tosen und dem sprühenden Gischt rundherum nicht beeindrucken. Er wartete weiterhin damit, die Segel bergen und die kleineren, stärkeren Sturmsegel setzen zu lassen. Hart krängte die Dreimast-Galeone nach Steuerbord, so hart, daß die untere Leekante des Großsegels in die Fluten zu tauchen drohte. Das Steuerbordschanzkleid schnitt fast unter, und die Back, die Kuhl, das Quarter- und Achterdeck hatten sich in eine feuchte Rutschbahn verwandelt, die für jeden Mann der Besatzung unvermittelt zum tödlichen Abhang werden konnte. Wild schlingernde und taumelnde Bewegungen vollführte die „Isabella“ in den aufgewühlten Fluten. Jedesmal, wenn sie einen Brecher mit ihrem Bug zerteilte, krachte es beinah ohrenbetäubend.

      Längst war auch die Freiwache auf Deck erschienen, keiner tat jetzt mehr ein Auge zu. Mit vereinten Kräften führten die Männer die Segelmanöver durch, prüften die Zurrings der Boote und Kanonen und achteten darauf, daß alles für die größtmögliche Sicherheit des Schiffes im Sturm getan wurde.

      „Haltet euch an den Manntauen fest!“ brüllte der Profos. „Daß mir ja keiner über Bord geht, ihr matschäugigen Heringe!“

      „Der Teufel soll ihn holen“, schrie Matt Davies, der gerade ein loses Ende an der Nagelbank auf der Backbordseite der Kuhl belegte. „Wofür hält der uns eigentlich? Für blutige Anfänger?“

      Plötzlich rutschte er aus und mußte sich an der Nagelbank festhalten, um nicht quer über die Kuhl zu schlittern. Batuti, der Mann aus Gambia, der ihm am nächsten stand, grinste breit und mußte einen Schwall von Matts Flüchen über sich ergehen lassen.

      „Soll ich die Zwillinge unter Deck begleiten?“ fragte die Rote Korsarin den Seewolf.

      Er blickte sie an. „Nein. Solange das Wetter sich nicht verschlechtert, versehen sie weiter ihren Dienst an Deck. Sie haben die gleichen Pflichten wie jeder andere auf diesem Schiff.“

      „Mit dem feinen Unterschied, daß sie Jungen und keine Männer sind“, sagte die Eurasierin angriffslustig. „Das darfst du nicht vergessen.“

      „Aber die richtigen Seebeine sind ihnen inzwischen gewachsen.“

      „Hasard, das …“

      „Das hast du mir gestern selbst gesagt“, unterbrach er sie mit dem Anflug eines harten Grinsens.

      „Und daraus schließt du – was?“

      „Daß sie auch im Sturm ihren Mann zu stehen haben. Sie haben gefälligst aufzupassen, daß sie nicht über Bord gefegt werden“, sagte er. „Das erwarte ich von jedem Moses – und erst recht von meinen eigenen Söhnen.“

      Sie stemmte die Fäuste in die Seiten und rief: „Also gut! Du hast ja recht. Wie immer hast du völlig recht mit dem, was du sagst und anordnest. Zufrieden?“

      „Ja. Ich hasse nichts mehr als sinnlosen Widerspruch und Disziplinlosigkeit“, erwiderte er halb im Scherz, halb im Ernst.

      Sie wollte aufbegehren, bezwang sich dann aber und schwieg. Dies war sein Schiff, nicht das ihre. Trotz des einmalig guten Verhältnisses, das sie zueinander hatten, konnte sie ihm in seine Entscheidungen nicht hineinreden. Er war der Kapitän und hatte zu bestimmen. Gelegentlich waren sie darüber aneinandergeraten, denn auch Siri-Tong verfügte über einen harten, unbeugsamen Charakter, aber sie war intelligent genug, einzusehen, daß dies der unpassendste Moment zum Diskutieren war.

      Hasard hielt sich an der Querbalustrade des Quarterdecks fest und schaute voraus. Er fragte sich, welches Geheimnis sich mit den Schüssen verband, welches Drama dort, drei Meilen im Südwesten, wohl seinen Lauf nahm.

      Er ahnte nicht, daß sich der Schleier der Ungewißheit schon bald auf ganz ungewöhnliche Weise lüften sollte.

      Die Jolle der „Saint Vincent“ hatte die Korallenbänke vor der großen Lagune fast erreicht. Andai, der auf der Heckducht saß und die Ruderpinne übernommen hatte, feuerte die Männer an den Riemen durch Zurufe an. Er wußte, daß die namenlose Insel von gefährlichen Riffen umgeben sein mußte, und gab sich keinen Moment der Illusion hin, daß sie einfach aufs Geratewohl

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