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Unverletzten. Alles lief plötzlich wieder wie am Schnürchen, denn die Portugiesen und Spanier, aus denen die Besatzung bestand, waren Meister der Improvisation und verstanden ihr Metier. So schnell wie möglich wurden auch die Gefechtsstationen wiederhergerichtet und die 17-Pfünder beider Batteriedecks nachgeladen.

      Stille trat ein. Die „Isabella“ befand sich außerhalb der Reichweite sämtlicher Geschütze, und auch der Seewolf verzichtete jetzt darauf, den Verfolgern noch einen flammenden Gruß zu entbieten. Er hätte einen der chinesischen Brandsätze zu ihnen hinüberschicken können, aber den sparte er sich lieber auf.

      Hoch oben auf den Klippfelsen der Bucht richteten sich die Abuela und die Mädchen langsam hinter den Felsquadern auf. Sie waren sicher, von ihren Landsleuten an Bord der „Candia“ nun nicht mehr gesehen zu werden. Die Aufmerksamkeit von do Velho und dessen Mannschaft richtete sich voll auf die Arbeiten zur Wiederherstellung des Schiffes und die Verfolgung des verhaßten Feindes.

      Die Mädchen ließen ihren Gefühlen daher freien Lauf, keiner konnte sie zur Rechenschaft dafür ziehen, daß sie für den Feind des Landes Partei ergriffen hatten.

      „Es ist vorbei“, sagte Segura aufatmend. „So ein Glück.“

      Franca klatschte vor Begeisterung spontan in die Hände. „El Lobo del Mar hat es geschafft! Gegen drei Gegner! Was ist er doch für ein toller Kerl!“

      „Ja“, versetzte die Großmutter mit leicht brüchiger Stimme. „Er segelt ihnen vor der Nase davon und lockt sie gleichzeitig von der Bucht fort. Sie werden also nicht landen. Der Kommandant des Verbandes verfällt nicht mehr auf die Idee, hier Nachforschungen anzustellen, die die Seewölfe betreffen. Keiner wird uns unangenehme Fragen stellen. Wir bleiben unbehelligt. Darauf kommt es an.“

      „Nein“, stieß Josea heftig aus. „Darauf kommt es nicht an. Was mir passiert, ist mir ganz egal. Siehst du denn nicht, daß der Viermaster und seine Begleitschiffe sich an die Fersen unserer Freunde heften? Sie jagen sie erbarmungslos, sie geben nicht auf.“

      Die Alte musterte ihre Enkelin, ihr Gesicht verzog sich zu einer galligen Grimasse. „Himmel, wie ist das nur furchtbar, wenn ihr jungen Dinger euch Hals über Kopf verliebt. Vergiß den Seewolf. Es bringt dir nichts ein, wenn du ihm nachweinst und dich um ihn sorgst.“

      „Aber Abuela …“

      „Er schüttelt seine Jäger ab. Alle.“

      „Die ‚Isabella‘ hat schwer geladen.“

      „Trotz ihres Tiefgangs ist sie das schnellere Schiff, Josea.“

      Verzweifelt rief das hübsche Mädchen: „Aber was verstehst du denn von der Seefahrt!“

      „Und du?“

      „Ich – ich habe das schreckliche Gefühl, daß Hasard und seinen Männern etwas Grauenhaftes zustößt“, sagte Josea.

      „Hör mich an“, entgegnete die alte Frau. „Diese Teufelskerle sind um die ganze Welt gesegelt, sie fürchten weder den Tod noch den Höllenfürst persönlich. Die lassen sich nicht pakken, die kennen tausend Möglichkeiten, ihre Haut zu retten. Sonst wären sie nämlich schon längst nicht mehr am Leben.“

      Josea holte tief Luft. „Ja, Abuelita“, antwortete sie dann. „Das sehe ich ein. Da magst du wirklich recht haben.“

      „Fein. Gehen wir jetzt nach Hause. Es wartet eine Menge Arbeit auf uns.“

      „O ja, wir werden keine Langeweile haben“, sagte Franca und dachte dabei an den ausgehöhlten Ziegelstein und den Beutel mit den vielen kleinen Kostbarkeiten, den sie darin verstecken wollte.

      Josea sandte der „Isabella“, die draußen auf See jetzt immer kleiner wurde, noch einen sehnsüchtigen Blick nach. Sie bemerkte nicht, daß Segura das gleiche tat. Segura hütete sich, mit einem einzigen Wort zu verstehen zu geben, wie sehr auch sie durch die Persönlichkeit des Seewolfs beeindruckt und überwältigt worden war.

      „Adios“, sagte Josea. „Leb wohl, Lobo del Mar.“

      Sie wandte sich um und gab sich Mühe, ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen. „In Ordnung, gehen wir nach Hause.“

      5.

      Der Geröllpfad, der in den Felsen hinunterführte, war steil und teilweise glitschig. Alvaro Monforte legte eine halsbrecherische Strecke voller Tücken zurück, und einmal glitt er aus und konnte sich nur deshalb gerade noch halten, weil er die Muskete und das Tromblon geistesgegenwärtig losließ. Die Waffen landeten klappernd auf dem Gestein und rutschten in die Tiefe. Der Kapitän fluchte.

      Er rappelte sich wieder auf und setzte seinen Abstieg fort. Gut vierzig, fünfzig Schritte trennten ihn noch von seinem Ziel. Auf halber Strecke hob er die Muskete und das Tromblon wieder auf, hängte sie sich an den Lederriemen über die Schulter und achtete scharf auf gefährliche Stellen im Gelände.

      Schließlich erreichte er das schmale Ufer, das teils mit grauschwarzem Kies übersät war, teils aus nacktem Gestein bestand.

      Die Fischer hatten mit ihrer einmastigen Schaluppe festgemacht. Es war ihren Mienen abzulesen, wie argwöhnisch sie dem Geschehen gegenüberstanden. Monforte beschloß insgeheim, sie notfalls mit der vorgehaltenen Waffe dazu zu zwingen, seinem Befehl Folge zu leisten.

      „Capitán Alvaro Monforte, Befehlshaber der gesunkenen Kriegsgaleone ‚Sao Sirio‘“, stellte er sich ihnen hastig vor. „Senores, die brennende Galeone und die Karavelle dort drüben gehören zu meinem Verband, ich muß unverzüglich zu ihnen stoßen. Sie bringen mich zu ihnen hinüber.“

      Der ältere der beiden Männer wurde aschfahl im Gesicht. „Senor Capitán, wir riskieren Kopf und Kragen.“

      „Ich übernehme die volle Verantwortung.“

      „Sicher, aber hören Sie nicht, wie geschossen wird, wie erbittert die Gegner kämpfen? Was geht dort vor?“

      „Das frage ich mich auch“, erwiderte Monforte. Er stieg in die Schaluppe, begab sich in die Gesellschaft von Fischen und Meeresfrüchten und ließ sich auf einer Ducht nieder. „Es ist zwecklos, daß Sie sich sträuben. Sie zwingen mich damit zu Maßnahmen, die ich selbst verabscheue. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?“

      „Ja“, entgegenete der jüngere Mann. Zu dem zweiten Fischer gewandt sagte er: „Vater, tun wir, was der Capitán befiehlt.“

      „Wir haben keine andere Wahl“, sagte der Vater leise.

      „Wir legen ab, setzen das Segel und gehen hoch an den Wind“, ordnete Monforte an. „Wir nehmen Kurs auf die Galeone ‚Sao Joao‘, deren Kapitän und Besatzung ich am besten kenne. Ich werde alles tun, um Ihr Leben zu schützen, Senores.“

      Er half mit, die schwankende Schaluppe von den Felsen fortzudrücken, und wenig später dümpelte das Fahrzeug in tieferes Wasser. Der Sohn des Fischers setzte das Großsegel und eine kleine Fock, dann glitten sie hart am Nordwest erstaunlich schnell auf die Stätte des Kampfes zu.

      Staunend verfolgte Monforte, wie die letzten Brandpfeile auf die „Santa Angela“ niederhagelten und sich die Galeone des „Iren Drummond“ mit südwestlichem Kurs davonstahl.

      Nur schwerfällig drehten auch die „Sao Joao“ und die „Santa Angela“ auf den neuen Kurs.

      Monforte nahm den Blick nicht von der Galeone mit den überhohen Masten und den niedrigen Aufbauten. Was war das für ein seltsames Schiff, und was hatte es mit Drummond und seiner Mannschaft wirklich auf sich?

      Das sollte ein harmloser Handelsfahrer sein? Monforte lächelte freudlos. Er begriff jetzt, daß er sich getäuscht und man ihn hinters Licht geführt haben mußte. Zu leichtfertig hatte er sich Drummond anvertraut.

      Aber der Mann hatte ihm und den vier anderen der „Sao Sirio“ doch das Leben gerettet! Wie reimte sich das zusammen? Monforte wußte es nicht. Er war verwirrt.

      Nur eines sagte er sich immer wieder. Kein normalbeschaffener

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