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wollte sich dann jedoch wieder aufrappeln. Aber diesmal war Ben Brighton schneller. Ein nicht minder wuchtiger Hieb des Ersten der „Isabella“, und der älteste Brancate-Sohn sank bewußtlos zusammen und streckte alle viere von sich.

      Sir John flatterte durch den Kellerraum und stieß die schönsten Flüche aus seiner Sammlung aus, auf englisch und auf spanisch.

      „Mann, wie konntest du wissen, daß ich hier unten bin und der Knabe mich niederschlagen wollte?“ fragte Ben.

      Carberry grinste säuerlich. „Ein Engel hat euch in dem Kaminzimmer beobachtet, wohl durchs Schlüsselloch des einen Nebenraums. Dann hat er’s mir geflüstert, was hier läuft. Ein Engel, der so um die siebzig, achtzig, neunzig Jahre alt ist.“

      „Ed, weißt du auch wirklich, was du sagst?“ erkundigte Ben sich besorgt.

      „Ja. Lauf nach oben und sieh zu, daß du Brancates Frau und die Mädchen zurückhältst, damit sie ja nicht nach draußen können, wo Shane und Ferris jetzt wahrscheinlich mit diesem Vollbart und seinem zweiten Sohn alle Hände voll zu tun haben. Mann, nun lauf schon – nach oben, ins Kaminzimmer zurück. Von der Abuela, der Oma, haben wir übrigens keine Hinterhältigkeiten zu erwarten.“

      „Und was tust du?“ fragte Ben verblüfft.

      „Ich hab hier noch kurz was zu erledigen“, erwiderte der Profos. „Ich will ein kleines Boot kaputtschlagen. Warum, das weiß ich selbst nicht genau. Aber ich hab’s versprochen.“

      In diesem Moment war von draußen das Gebrüll Pinho Brancates zu vernehmen. Ben Brighton hielt sich nicht mehr damit auf, sich über Carberrys merkwürdiges Benehmen zu wundern – er stürmte los.

      10.

      Hasard kauerte auf der Fensterbank und hatte die Hände links und rechts von sich an den hölzernen Rahmen gelegt. Er wartete noch, bis der zornige Herbergswirt seinen Standort geringfügig verändert hatte – dann ließ er sich vornüberkippen und hechtete sich auf den Mann. Die zweieinhalb oder drei Yards freier Fall waren in einem Atemzug überbrückt. Brancate registrierte noch, daß über ihm etwas war, aber ehe er sich darauf einstellen konnte, hatte der Seewolf ihn erreicht.

      Schwer landete Hasard auf Brancates Gestalt und riß ihn mit sich zu Boden. Es gab einen klatschenden Laut, als sie im Matsch aufschlugen. Brancate brachte es mit einem mörderischen Fluch noch fertig, das Tromblon hochzureißen. Hasard rang mit ihm, Shane und Ferris duckten sich instinktiv, dann ging die Flinte los und entließ ihre höllische Ladung in den Nachthimmel.

      Hasard und der bärtige Portugiese wälzten sich im Schlamm. Über und über waren sie mit dem schwärzlichen Morast besudelt, als der Seewolf es endlich fertigbrachte, dem Kerl die Faust unters Kinn zu rammen. Brancate gab einen gurgelnden Laut von sich, schien aber immer noch nicht genug zu haben.

      Hasard schlug wieder und wieder zu, während der Wirt versuchte, seine mächtigen Hände um den Hals des Gegners zu schließen. Brancate schaffte dies noch, aber dann verließ ihn unter dem Einfluß eines neuen Kinnhakens jegliche Kraft. Schlaff sank er in den Morast zurück.

      Der Seewolf richtete sich auf. Er keuchte, wischte sich Schlamm aus dem Gesicht und drehte sich zu seinen heraneilenden Männern um.

      „Shane und Ferris“, sagte er. „Fesselt diesen Mörder und schafft ihn ins Haus. Mit Iporá verfahrt ihr genauso. Ferris, du hast ihn doch wohl hoffentlich nicht zu heftig traktiert?“

      „Der Bursche lebt, ich habe eben an seiner Brust gehorcht“, erwiderte der rothaarige Zimmermann grimmig. „Wir sollten auch nach weiteren versteckten Waffen Ausschau halten.“

      „Ja, tut das.“ Hasard wollte sich dem Haus zuwenden, aber in diesem Augenblick öffnete sich schon die Tür, und Ben Brighton trat mit Emilia ins Freie.

      Die kräftige Frau wehrte sich nach Leibeskräften, aber gegen Ben konnte sie sich nicht behaupten. Als sie das einsah, verlegte sie sich darauf, den wakkeren Ben mit den wohl unflätigsten und gemeinsten Verwünschungen zu überschütten, die die portugiesische Sprache kannte.

      „Was ist mit Charutao?“ wollte Hasard von Ben wissen.

      „Der liegt im Keller, außer Gefecht gesetzt. Der Profos hat mitgeholfen, den Lümmel zu überwältigen.“

      „Und die Abuela?“

      „Die hat uns geholfen, wenn ich Ed richtig verstanden habe.“

      „Aha“, sagte Hasard. „Dann hätten wir sie ja alle zur Räson gebracht. Übrigens, unsere drei jungen Amazonen liegen sorgfältig verpackt in einer der Kammern des oberen Stockwerks. Ich gehe jetzt rauf und sehe nach, ob sie schon versuchen, ihre Stricke durchzunagen.“ Er trat an den Brunnen und hievte den hölzernen Kübel hoch, der natürlich nie irgendwo hängengeblieben war. Er goß sich einen Schwall Wasser ins Gesicht, ließ das Naß an sich herablaufen und befand sich somit in einem leidlich sauberen Zustand.

      „Das Wasser scheint in Ordnung zu sein“, stellte er nüchtern fest. „Wir können die Fässer also tatsächlich damit füllen, sobald wir mit der Familie Brancate fertig sind. Ben, Shane, Ferris, erledigt das bitte. Ich gehe jetzt nach oben. Übrigens, wußtet ihr, daß sich außer uns noch weitere fünf ‚Gäste‘ in diesem aufnahmebereiten Haus aufhalten?“

      Sie sahen ihm verblüfft nach, als er jetzt zum Eingang schritt und das Kaminzimmer durchquerte.

      Hasard verhielt auf halbem Weg, denn soeben erschien Carberry mit dem bewußtlosen Charutao auf der Bildfläche. Grinsend ließ der Profos den Burschen auf die Holzbohlen des Fußbodens sinken. Er vergewisserte sich, daß er immer noch im Reich der Träume lag, trat dann an den Tisch und goß Riojo-Wein in einen unbenutzten Becher.

      „Melde mich zum Dienst zurück, Sir“, sagte er. „Das mit dem Wein war ein Mißgeschick, das mir so schnell nicht wieder passiert.“

      „Ich hatte dich nicht rechtzeitig warnen können, Ed.“

      „Ich hätte selbst aufpassen müssen. Verdammt, ich war wohl geistig weggetreten. So ein Pech aber auch …“

      „Schwamm drüber, Ed.“

      „Aye, Sir.“ Carberry griff sich den Becher, marschierte bis vor die Tür der Abuela-Kammer, drückte den Riegel zur Seite und sagte: „Du kannst rauskommen, Oma, das Gefecht ist vorbei.“ Ihm fiel ein, daß er englisch gesprochen hatte, darum wiederholte er das Gesagte in seinem grauenvollen spanischen Kauderwelsch. Erstaunlicherweise schien die Abuela verstanden zu haben.

      Sie verließ ihr Zimmer, blieb vor dem häßlichen Riesen stehen und fragte: „Ist das Boot kaputt, Fremder?“

      „Si, Rose von Portugal. Du kannst es im Kamin verfeuern, dazu taugt es vielleicht noch.“

      „Das werde ich tun“, entgegnete sie mit Würde. „Und nun laßt uns auf den Sieg anstoßen.“ Sie nahm den Becher aus des Profos’ schwieliger Hand entgegen, trank ihn in einem Zug leer und wandte sich an den überraschten Seewolf.

      „Kapitän, ich schwöre dir, daß die drei Mädchen nicht wußten, was sie taten. Pinho, dieser Bastard von einem Vater, hatte ihnen immer vorgelogen, daß er und seine Söhne die Ausgeplünderten mit dem Maultierkarren fortbrachten und irgendwo in der Einöde aussetzten. Das ist nicht wahr. Sie haben sie von den Klippen gestürzt oder anders beseitigt. Nie hätten Josea, Segura und Franca dabei als Komplicen mitgemacht.“

      „Ich glaube Ihnen“, antwortete Hasard. „Vielen Dank, Senora.“

      Er stieg die Stufen zum Obergeschoß hoch und suchte die miteinander verbundenen Zimmer auf, in denen er die fünf gefesselten und geknebelten Männer entdeckt hatte. Er befreite sie, aber sie schliefen immer noch – aussichtslos, sie wachrütteln zu wollen.

      Hasard begab sich in die angrenzenden Räume und befreite Josea, Segura und Franca, die immer noch nebeneinander auf der Bettstatt lagen, von ihren Knebeln.

      „Wenn ich wüßte, daß ihr keine Dummheiten anstellt, würde ich

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