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das ist mir jetzt egal. Außerdem bin ich kein Ungläubiger. Ich glaube ja an einen Gott.“

      „Trotzdem sind wir für die Türken Giaurs“, sagte Dan. „Hoffentlich geht das gut.“

      Sie stiegen die wenigen Treppenstufen zum Eingang der Moschee hoch. Dann betraten sie das Kirchenschiff. Hasard wurde sofort wieder auf die drei Fes-Träger aufmerksam. Sie steuerten nach rechts – dorthin, wo Balat kniete und betete.

      „Achtung!“ raunte der Seewolf seinen Mannen zu.

      Von links näherten sich im selben Moment zwei Moscheewächter. Sie waren ganz in Weiß gekleidet, trugen als Waffen Säbel und zeigten finstere Mienen. Allein die Anwesenheit von Giaurs versetzte sie in Zorn. Kein Ungläubiger durfte Allahs Tempel beschmutzen und gegen die Gesetze des Korans verstoßen.

      Hasard schritt auf Balat zu. Hinter ihm waren Ben und Shane, dann folgte Dan. Philip junior wandte sich den Wächtern zu und sagte etwas auf türkisch. Die Aufpasser erwiderten etwas Barsches. Einer von ihnen gestikulierte heftig.

      Vor Hasard drehten sich die drei Fes-Träger halb um und blickten zu den Wächtern. Dann sahen sie zu Hasard. Der Seewolf erkannte zwei der Gesichter wieder. Die Banditen! Sie waren ihnen also doch bis nach Üsküdar gefolgt.

      „Die Bastarde!“ zischte Dario Porceddu seinem Bruder zu.

      Brodzu hatte schon das Messer in der Hand.

      „Stirb, du Hurensohn!“ stieß Brodzu aus. Er wollte sein Messer auf Hasard schleudern.

      Dario und Silvestro trafen unterdessen Anstalten, sich auf Balat Haydar zu stürzen. Der junge Mann hob in diesem Augenblick den Kopf.

      Hasard handelte gedankenschnell. Sein rechter Fuß zuckte hoch und traf Brodzus Unterarm. Brodzu stöhnte auf. Der Seewolf sprang auf ihn zu und rammte ihm beide Fäuste mit voller Wucht gegen die Brust. Brodzu prallte zurück.

      Ben und Shane waren bei Balat. Shane schlug Dario Porceddu die Faust ans Kinn, und der Sarde flog gut zwei Yards zurück. Er stieß gegen eine Säule und sank zu Boden. Silvestro wollte Shane mit dem Messer angreifen, aber es war Ben, der ihn daran hinderte. Ein Tritt beförderte Silvestro zu Dan. Dan hieb dem Kerl blitzschnell die Handkante auf die Schulter. Silvestro stöhnte auf und sank in die Knie.

      Balat war vor Entsetzen wie gelähmt. Hasard eilte zu ihm, griff ihm unter die Achseln und zog ihn einfach weg. Er entfernte ihn aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich.

      Inzwischen waren auch die Wächter heran. Philip junior versuchte, ihnen den Sachverhalt auseinanderzusetzen, aber sie hörten nicht auf ihn. Für sie war die Lage klar. Giaurs waren gesetzeswidrig in die Moschee eingedrungen und brachen einen Streit vom Zaun. Ein Attentat! Sie griffen harmlose Muselmanen an. Man mußte sie festnehmen und vor den Kadi zerren – oder sie am besten gleich töten.

      Die Türken, die eben noch in ihrem Gebet versunken gewesen waren, sprangen auf und schrien durcheinander. Weitere Wachen stürmten herbei. Plötzlich war der Teufel los.

      Dario, Silvestro und ihr schwarzbärtiger Kumpan nutzten das Durcheinander. Sie sahen, daß es keinen Sinn mehr hatte, weiterzukämpfen. Balat Haydar war für sie ein unerreichbares Ziel geworden. Er war von den Bastarden und den Moscheehütern umringt, und es stießen immer mehr Türken hinzu.

      „Weg!“ zischte Dario.

      Es ging um die nackte Haut. Die drei Banditen mußten ihren Kopf retten. Nur Schnelligkeit konnte ihnen helfen. Sie waren noch benommen von den Hieben, die sie hatten einstecken müssen, aber sie konnten schon wieder laufen. Und so rappelten sie sich auf und liefen weg – durch die Moschee zum Ausgang, die Treppenstufen hinunter und ab in die nächste Gasse.

      Hasard und seine Männer wollten die drei Banditen zurückhalten, aber die Wächter ließen sie nicht passieren. Schon blitzten die Säbel auf und hoben sich drohend über die Köpfe der Arwenacks.

      Jetzt war es Balat Haydar, der die Initiative ergriff.

      „Halt!“ rief er. „Erdreistet euch nicht, diese Männer anzugreifen! Sie haben mir soeben das Leben gerettet!“

      „Sie sind Giaurs!“ brüllte einer der Wächter.

      „Sie sind Freunde!“ stieß der junge Kaufmann hervor. „Sie haben meinen Vater und mich heute schon einmal vor dem Schlimmsten bewahrt! Banditen haben uns verfolgt! Die Sarden!“

      „Die Sarden?“ murmelten die Türken. Entsetzt blickten sie sich nach allen Seiten um.

      „Die drei, die eben weggelaufen sind, sind die Führer der Bande“, erklärte Philip junior. „Ihr könnt sie noch fassen.“

      Endlich begriffen die Moscheewächter.

      „Alarm!“ schrie ihr Anführer. „Banditen in der Stadt! Sarden! Faßt sie! Enthauptet sie! Riegelt alles ab!“ Er stürzte ins Freie, gefolgt von seinen Leuten.

      In Nu herrschte in Üsküdar das reine Chaos. Die Nachricht, daß gefährliche Banditen in die Stadt, ja, sogar in die Moschee eingedrungen waren, verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Die Bürger verbarrikadierten sich in ihren Häusern. Soldaten rannten durch die Gassen.

      Und plötzlich wurde auch bekannt, daß ein Stoffhändler erstochen worden war. Sein Gehilfe hatte die Leiche entdeckt. Dort also hatten die Banditen die Kleidung geraubt, mit der sie vermummt gewesen waren.

      Kemil Haydar traf mit vier Dienern bei der Moschee ein. Er atmete auf, als er seinen Sohn in Begleitung der Seewölfe vor dem Eingang erkannte.

      „Allah sei gepriesen“, sagte er. „Ich habe gerade erfahren, was geschehen ist. Es war ein unverzeihlicher Fehler von mir, dich allein zur Moschee zu schicken, Balat.“

      „Nein“, entgegnete der Seewolf. „Wir haben einen Fehler begangen. Wir sind nicht aufmerksam genug gewesen. Wir hätten merken müssen, daß uns die Kerle folgten.“

      „Hölle und Teufel“, sagte Dan O’Flynn. „Ich muß wohl Tomaten auf den Augen gehabt haben.“

      Es war dunkel geworden. Die Männer sahen zu den Soldaten und Wächtern, die von allen Seiten zusammenliefen.

      „Ich hoffe, sie werden es schaffen, diese Banditen zu stellen“, sagte Kemil Haydar.

      Hasard schüttelte den Kopf. „Die Sarden haben bereits einen zu großen Vorsprung. Es hat deshalb keinen Sinn, daß auch wir sie verfolgen.“

      „Kehren wir lieber zur Dubas zurück“, sagte Ben drängend. „Donegal und die anderen werden sich fragen, was passiert ist.“

      „Ja, geht zu euren Freunden“, sagte Kemil Haydar. „Wir erwarten euch dann morgen früh.“ Er legte seinen Arm um die Schulter seines Sohnes und zog ihn mit sich fort. „Du bist heute zweimal neu geboren, Balat. Es kann nur Allah gewesen sein, der uns diese Männer geschickt hat, sonst wären wir beide verloren gewesen.“

      Hasard, Ben, Shane, Dan und Philip blickten den beiden noch nach, wie sie mit den Dienern in einer Gasse verschwanden. Dann gingen sie zum Hafen.

      Old O’Flynn und die Crew hatten natürlich die Soldaten gesehen, die auch am Kai zusammenliefen. Lichter flammten auf. Der Schein von Fackeln tanzte durch die Gassen. Der Alte ließ vorsichtshalber die Waffen bereithalten, obwohl es nicht so aussah, als ob der Aufruhr ihnen galt. Aber man konnte ja nie wissen.

      Endlich trafen Hasard und seine vier Mannen auf der Pier ein.

      „Beim Henker!“ wetterte Old O’Flynn. „Schockschwerenot, wo seid ihr bloß gewesen und was ist geschehen?“

      „Eins nach dem anderen“, erwiderte der Seewolf und enterte an Bord. „Daß uns nichts zugestoßen ist, seht ihr ja. Also beruhigt euch.“

      „Wer regt sich denn auf?“ fragte Carberry. „Ich bin die Ruhe in Person. Von mir aus kann der Himmel runterfallen, auch das kann mich nicht mehr erschüttern.“

      Hasard berichtete, was sich zugetragen hatte. Die Mannen fluchten und schimpften. Sie konnten nicht fassen, daß die Sarden um

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