Скачать книгу

rappelte sich wieder auf und stellte dem Mörder erneut nach. Aber dieser war in einer der Boxen verschwunden. Hasard lief an den Ställen entlang. Er entdeckte den Maskierten nicht. Er stoppte ab, kehrte wieder zu seinem Ausgangspunkt zurück. Vergebens. Dieses Mal war der Eindringling wirklich verschwunden.

      Die Wächter waren heran. Sie blieben keuchend stehen.

      „Wo ist der Hund?“ schrie einer von ihnen.

      Nun trafen auch der Sultan, Mustafa und die Zwillinge ein. Hasard zeigte ihnen den Fetzen schwarzen Stoffes.

      „Fast hätte ich ihn erwischt“, sagte er und berichtete in knappen Zügen, was sich zugetragen hatte. Mustafa übersetzte alles ins Arabische.

      Der Sultan deutete auf die Fenster über den Pferdeboxen. „Er muß durch eins der Fenster entwischt sein.“

      „Ich hätte es gesehen“, sagte der Seewolf.

      „Hast du nicht am Boden gelegen?“ fragte der Sultan.

      „Trotzdem hätte ich es bemerkt.“

      „Wo soll er dann sein?“ fragte Mustafa.

      Hasard begann wieder, bei den Boxen zu suchen. „Vielleicht hat er sich irgendwo verkrochen. Wäre er draußen, dann hätte Plymmie Laut gegeben.“

      „Wer ist Plymmie?“ wollte Quabus bin Said wissen.

      „Unsere Wolfshündin“, erwiderte Philip junior. „Sie hält vor dem Tor Wache. Ich schätze aber, daß sie die Schreie auch gehört hat und um den Palast streift.“

      Der Sultan gab seine Befehle. Die Wächter suchten in den Ställen nach dem Mörder – ohne Erfolg. Er schien im Boden versunken zu sein.

      „Er ist ein Zauberer“, sagte der Sultan. „Er ist in Abgesandter der Mächte der Finsternis.“

      „Er ist ein Mensch aus Fleisch und Blut wie wir“, erwiderte der Seewolf. „Wir finden ihn noch, verlaß dich darauf. Wie geht es der Frau?“

      „Sie ist schwer verletzt“, sagte der Sultan.

      „Ist ein Arzt bei dir?“ fragte Hasard.

      „Mein Leibarzt.“

      „Warum gestattest du nicht, daß mein Bordarzt sie behandelt?“

      „Das habe ich dir bereits gesagt.“

      „Er könnte ihr das Leben retten“, sagte der Seewolf.

      „Kapitän“, sagte der Sultan. „Willst du behaupten, daß deine Ärzte besser sind als die meinen?“

      „Die Erfahrung hat es bewiesen.“

      „Du bist stolz und mutig“, sagte Quabus bin Said. „Jedem anderen Ungläubigen, der es wagt, so mit mir zu reden, hätte ich längst die Zunge abschneiden lassen. Aber du gefällst mir, Kapitän Killigrew. Du hast bewiesen, daß du mein Freund bist, denn du hast wie ein Held mit diesem gemeinen Mörder gekämpft. Er hätte auch dich töten können, wie er den Eunuchen umgebracht hat.“

      „Das wußte ich nicht“, sagte Hasard.

      „Es ist eben geschehen. Er erstach den Eunuchen, um Nabila zu überfallen“, erklärte Quabus bin Said. „Nabila wehrte sich und lief davon. Nur deshalb ist sie noch am Leben.“ Er deutete auf die Wächter. „Diese Kerle sind alle nicht schnell genug. Du hast ihnen bewiesen, wie flink ein Mann sein kann, Kapitän. Ich danke dir dafür. Ich werde nicht vergessen, was du getan hast. Laß deinen Arzt kommen. Ich erteile ihm eine Sondergenehmigung. Vielleicht hast du recht. Ich nehme deinen Rat und deine Hilfe an.“

      „Philip“, sagte Hasard zu seinem Sohn. „Du läufst sofort zum Hafen und alarmierst den Kutscher. Er soll so schnell wie möglich herkommen.“

      „Kann der Junge reiten?“ fragte Mustafa.

      „Ja“, antwortete Hasard.

      Der Sultan nickte und klatschte in die Hände. „Sattelt zwei Pferde! Der Junge reitet mit beiden Tieren zum Hafen, damit auch der Arzt ein Pferd zur Verfügung hat!“

      Die Wächter führten den Befehl aus. In der Zwischenzeit waren sämtliche Boxen abgesucht worden, aber immer noch gab es keine Spur von dem Mörder.

      „Ich habe es gesagt“, murmelte der Sultan. „Er ist ein Hexer.“

      „Er bedient sich eines Tricks“, sagte der Seewolf.

      „Wie meinst du das?“

      „Er kennt sich im Palast aus“, erwiderte Hasard. „Sehr gut sogar. Vielleicht benutzt er einen Geheimgang.“

      „Es gibt keine Geheimgänge“, sagte der Sultan. Er blickte zu seinen Untertanen. „Aber vielleicht ist es einer der Wächter, der sich verkleidet und im geeigneten Moment wieder aus seiner Larve schlüpft.“

      Die Wächter begannen zu jammern und die Hände zu ringen. Sie beteuerten, daß sie unschuldig wären, Sie hatten Angst, daß ihr Herr sie foltern lassen würde.

      „Sei nicht zu voreilig“, sagte Hasard zu Quabus bin Said. „Laß mich die Sache untersuchen. Vielleicht habe ich Glück und stoße auf eine Spur.“

      „Du glaubst nicht, daß diese Bestie fliegen kann?“ fragte der Sultan.

      „Nein.“ Wieder wies Hasard den Stoffetzen vor. „Ich verlasse mich auf das, was ich sehe, höre und rieche. Laß uns nach draußen gehen. Unsere Hündin hat eine ausgezeichnete Nase. Vielleicht gelingt es ihr, die Verfolgung des Mörders aufzunehmen.“

      „Jede Hilfe ist mir recht“, sagte der Sultan.

      Kurz darauf preschte Philip junior mit einem zweiten Pferd im Schlepp durch das offene Palasttor. Sein Vater, sein Bruder, der Sultan und Mustafa blickten ihm nach, dann traten sie ins Freie und schritten zu Plymmie. Unruhig lief die Hündin an der Mauer auf und ab.

      „Sie scheint schon etwas gewittert zu haben“, sagte der Seewolf.

      Plymmie sprang an Hasard junior hoch, winselte und ließ sich mit den Vorderpfoten wieder auf den Boden sinken. Sie rannte auf und ab, senkte die Nase auf den Untergrund, blieb stehen und kläffte aufgebracht.

      „Was hat das zu bedeuten?“ fragte der Sultan. „Ich habe selbst keine Hunde und kenne mich mit diesen Tieren nicht aus.“

      „Sie hat eine Spur aufgenommen“, erwiderte der Seewolf. „Aber der Geruch ist nicht intensiv genug. Sie verzettelt sich.“

      Plymmie suchte schnuppernd den Boden ab und wühlte Staub auf. Schließlich knurrte und kläffte sie wieder. Fragend blickte sie zu Hasard junior auf. Dann kratzte sie mit ihrer linken Vorderpfote im Sand.

      „Vielleicht ist etwas unter der Erde“, sagte der Sohn des Seewolfes.

      Quabus bin Said schüttelte den Kopf. „Daran glaube ich nicht.“

      Hasard trat zu der Hündin und hielt ihr den Fetzen Stoff vor die Nase, den er von der Vermummung des Eindringlings losgerissen hatte. Aufgeregt bewegte Plymmie ihre Nase. Sie senkte die Schnauze auf den Untergrund, entfernte sich ein Stück von der Palastmauer, verharrte und knurrte wütend.

      „Früher oder später findet sie die richtige Fährte“, erklärte Hasard junior.

      „Wann wird das sein?“ wollte der Sultan wissen.

      „Wir können es nur erraten“, entgegnete der Seewolf.

      „Du hast recht“, sagte Quabus bin Said. „Laßt uns wieder in den Palast zurückkehren. Nehmt euren Hund mit. Vielleicht stößt er im Stall auf die richtige Spur.“

      Luke Morgan und Bob Grey hielten bei der Jolle Wache. Das Boot lag wieder an einer Hafenpier vertäut. Hasard und die Zwillinge waren mit Luke und Bob zum Ufer gepullt, dann hatten sie sich auf den Weg zum Palast des Sultans begeben. Der Seewolf hatte es auf jeden Fall für richtig gehalten, zwei Mann als Posten bei der Jolle zurückzulassen.

      Bob und Luke

Скачать книгу