Скачать книгу

Hasard lächelnd.

      Sultan Quabus bin Said blickte seinen Berater Mustafa an, als handle es sich um einen Fremden. Soeben war Mustafa eingetreten. Der Sultan schloß die Augen und öffnete sie wieder. Es schien, als sei er aus einem tiefen Schlaf erwacht.

      „Es tut mir leid, dich stören zu müssen, o Herr“, sagte der hagere Mann.

      „Du störst mich nie. Was gibt es?“

      „Fremde begehren dich zu sprechen.“

      „Ich will jetzt niemanden sehen.“

      „Sie kommen von weit her. Sie sagen, es sei sehr wichtig, was sie dir zu berichten haben“, erklärte Mustafa. „Sie sind Engländer. Kapitän Philip Hasard Killigrew und seine beiden Söhne.“

      „Du kannst sie also verstehen, nicht wahr?“ murmelte Quabus bin Said.

      „Du weißt, daß ich Spanisch, Portugiesisch, Englisch und Französisch kann, Herr“, erwiderte Mustafa bescheiden.

      Tatsächlich war er auch in diesem Punkt der wichtigste Mitarbeiter des Sultans. Nie gab es Schwierigkeiten, wenn der Sultan mit Europäern über Geschäfte verhandelte, denn Mustafa diente als Dolmetscher. Er hatte die besten Schulen besucht und war hochintelligent.

      „Schick sie weg“, sagte der Sultan.

      „Herr, verzeih“, sagte Mustafa. „Es scheint mir wirklich von Bedeutung zu sein, was sie auf dem Herzen haben. Es geht um Masquat, sagt der Kapitän. Er ist ein großer, aufrichtiger Mann.“

      „Du hast einen guten Eindruck von ihm gewonnen?“

      „Ja.“

      Quabus bin Said konnte sich auf die Menschenkenntnis und den Instinkt seines Helfers voll verlassen. Deshalb fuhr er sich jetzt noch einmal mit der Hand übers Kinn und überlegte. Obwohl ihm nicht danach zumute war, mit anderen Menschen zu sprechen, entschloß er sich nun doch anders.

      „Gut, führe sie herein“, sagte der Sultan.

      Kurz darauf betraten Hasard und seine Söhne das Allerheiligste des Sultans. Plymmie hatte draußen bleiben müssen – vor dem Tor des Palastes. Der Seewolf und die Zwillinge konnten aber sicher sein, daß die Hündin auf der Hut war. Sollte irgend etwas Unvorhergesehenes geschehen, dann witterte sie es garantiert.

      Zwei Wächter begleiteten Hasard, Philip junior und Hasard junior. Mustafa ging vor ihnen her und kündigte den Besuch der Fremden formell bei seinem Herrn an. Dann standen die drei von der „Santa Barbara“ vor Quabus bin Said.

      Hasard taxierte den Mann, während Mustafa ihnen bedeutete, auf Kissen Platz zu nehmen. Irgendwie erschien es dem Seewolf so, als würde er sich mit dem Sultan gut verstehen. Allerdings hing das ganz davon ab, wie das Gespräch geführt wurde und verlief.

      Hasard erhob sich und überreichte Mustafa das Geschenk, das er für den Sultan mitgebracht hatte – einen goldenen Ring mit einem funkelnden Smaragd. Mustafa gab den Ring an seinen Herrn weiter.

      Quabus bin Said betrachtete den Edelstein. Seine Miene hellte sich ein wenig auf, dann wurde sie wieder ernst.

      „Frage den Kapitän, warum er mich beschenkt“, sagte er zu Mustafa.

      Mustafa übersetzte die Worte ins Englische.

      Hasard antwortete: „Es ist ein Zeichen der Ehrerbietung und der Hochachtung. Wir ankern im Hafen von Masquat. Man hat mir berichtet, der Sultan sei ein guter Herrscher. Ich wollte ihn unbedingt kennenlernen.

      Quabus bin Said musterte den Seewolf. Schließlich nickte er. „Es ist selten, daß Männer aus der fernen Alten Welt sich in orientalischer Höflichkeit üben. Du, Kapitän Killigrew, scheinst dich darauf zu verstehen. Welche Gegenleistung erwartest du?“

      „Für ein Geschenk gibt es keine Gegenleistung“, erwiderte der Seewolf.

      „Ich nehme den Ring an“, sagte der Sultan und händigte das Juwel Mustafa aus. Der Berater plazierte es auf einem kleinen roten Kissen. Quabus bin Said richtete seinen Blick wieder auf Hasard. „Leider kommt ihr in ein Trauerhaus“, fuhr er fort. „Heute nacht ist Lamia, eine meiner liebsten Frauen, gestorben.“

      „Das tut mir aufrichtig leid, Hoheit“, sagte Hasard. „War sie krank?“

      „Sie ist getötet worden.“

      „Vom wem?“ wollte der Seewolf wissen.

      Quabus bin Said hob die Schultern und ließ sie wieder sinken. „Keiner von uns hat auch nur den geringsten Verdacht. Es ist eine fatale Lage. Ein Gespenst scheint sich eingeschlichen und Lamia erdolcht zu haben.“ Er stellte die Fingerkuppen pyramidenförmig zusammen, fast wie zum Gebet, dann fügte er hinzu: „Dieser Mord richtet sich gegen mich. Der Mörder weiß, wie sehr ich Lamia geliebt habe. Seine Klinge hat in Wirklichkeit mich getroffen.“

      „Ist Lamia bestattet worden?“ erkundigte sich Hasard.

      „Ja“, erwiderte der Herr von Masquat. „Warum fragst du?“

      „Mein Arzt, der Kutscher, hätte sie untersuchen können.“

      „Du weißt, daß wir euch Ungläubige nennen, und daß der Koran die Berührung von Haremsfrauen durch Unbefugte und Ungläubige verbietet“, entgegnete Quabus bin Said.

      „Das ist mir bekannt“, sagte Hasard. „Aber mein Bordarzt könnte auf Spuren stoßen, die deinen Leuten verborgen geblieben sind.“

      Fast sah es aus, als wolle der Sultan aufbrausen. Dann aber erwiderte er nur: „Das geht nun nicht mehr. Lamia liegt unter der Erde. Außerdem wäre ich dagegen gewesen.“

      „Verzeih meinen Vorschlag, Hoheit“, sagte der Seewolf. „Ich wollte dir nicht zu nahe treten. Ich versuche nur, dir zu helfen. Hast du Feinde?“

      „Jeder Mann hat Feinde.“

      „Bestimmte Feinde?“

      „Du sprichst wie ein Kadi“, sagte Quabus bin Said. „Das steht dir nicht zu.“

      „Ein Kapitän nimmt an Bord seines Schiffes auch die Aufgaben eines Richters wahr“, hielt Hasard dem entgegen. „Wer haßt dich so sehr, daß er dir Leid zufügen will?“

      „Vielleicht ist der Satan unter meinen eigenen Landsleuten zu suchen“, entgegnete der Sultan. „Sie sehen es nicht gern, daß ich die weißen Männer freundschaftlich empfange.“

      „Du meinst die Portugiesen?“ fragte Hasard.

      „Was weißt du über die Portugiesen?“

      „Ich habe nur gehört, daß du mit ihnen auf gutem Fuße stehst. Ich habe mit meinen Männern den Markt besucht.“

      „Du kennst unsere Sprache nicht“, sagte Quabus bin Said. Plötzlich schien ihn tiefes Mißtrauen befallen zu haben. „Wie kannst du so gut informiert sein?“

      „Meine Männer haben mit Portugiesen gesprochen“, erklärte der Seewolf. „Sie wollten bei diesen Portugiesen Ware einkaufen, sind dann aber gewarnt worden, daß es sich um Diebesgut handle. Daraufhin versuchten meine Leute, sich zurückzuziehen, aber sie wurden von den Portugiesen beschimpft und angegriffen.“ Er schilderte, was sich weiter in dem Gewölbe zugetragen hatte. Den Vorfall mit Arwenack und Sir John verschwieg er lieber.

      „Davon ist mir nichts bekannt“, sagte Quabus bin Said mit finsterer Miene. „Hat man dir davon berichtet, Mustafa?“

      „Nein. Ich hätte es sonst an dich weitergegeben, Herr.“

      „Was treiben diese Portugiesen?“ wollte der Sultan von Hasard wissen.

      „Sie stehlen ihre Güter von deinen Landsleuten, Hoheit“, erwiderte der Seewolf. „Sie drangsalieren die arabischen Händler und entreißen ihnen den Markthandel durch ihre gewissenlosen Methoden. Bald werden die Araber ganz aus der Kasbah verschwunden sein. Das alles geschieht ohne dein Wissen, Sultan.“

      Quabus bin Said begehrte auf: „Das ist

Скачать книгу