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spähte. „Das Stück Papier ist vergilbt und an einigen Stellen leicht eingerissen – und es scheint beschrieben zu sein.“

      „Deck!“ schrie Dan O’Flynn. „Das sieht mir ganz nach einer Nachricht aus!“

      „Ein vergilbtes, geheimnisvolles Dokument“, murmelte sein Vater. „Heiliger Strohsack, wenn das bloß gutgeht. Wenn uns das bloß kein tödliches Unheil bringt.“

      Er verstummte, weil Hasard sich in diesem Augenblick wieder zu ihnen umdrehte und seinen Befehl gab.

      „Wir drehen bei, stoppen, fieren ein Boot ab und fischen die Flaschenpost auf!“ rief er. „Los, beeilt euch, sonst rauschen wir glatt daran vorbei!“

      Jetzt geriet auch der Profos höllisch in Fahrt. „Habt ihr nicht gehört, ihr müden Wanzen?“ brüllte er, obwohl die Männer bereits zur Kuhl hinunterhasteten und nach den Brassen, Schoten und Fallen griffen, um das Segelmanöver zu vollziehen. „Bewegt euch, ihr Lahmärsche“, schallte Carberrys mächtiges Organ über die weite, graue See, in der die „Isabella“ das einzige Schiff weit und breit zu sein schien. „Muß ich euch erst Feuer unterm Achtersteven machen, was, wie? Braucht ihr eine Sondereinladung, ihr triefäugigen Kakerlaken? Mit euch kann man keinen müden Krieg gewinnen, das sag ich euch, und ich frage mich, wer euch gezeugt hat. Davies und Bowie, grinst nicht so dämlich, ihr krummbeinigen Decksaffen, oder es gibt was über die Rippen! Bob Grey, du blinder Barsch, schnapp dir das Großgeitau und gei den verfluchten Lappen auf – oder muß ich es dir erst noch wieder beibiegen, was?“

      So ging es in der gewohnten Weise weiter, bis die „Isabella“ beigedreht am Wind lag. Der Seewolf wählte die Männer für das Beiboot aus, die Jolle wurde abgefiert und wenig später von Blacky, Matt Davies, Bob Grey, Luke Morgan, Batuti und Gary Andrews auf die Flasche zugepullt.

      Hasard stand aufrecht im Bug der Jolle, er wollte es sich nicht nehmen lassen, die Flasche selbst aus dem Wasser zu fischen.

      2.

      Die Flasche dümpelte in den graugrünen, recht trostlos wirkenden Fluten, als hätte sie immer dort geschwommen. Ihr Äußeres wies keine besonderen Merkmale auf, kein Korb- oder Bastgeflecht, das sie schützend umhüllte, keine Aufschriften, keine ausgefallenen Formen. Sie war ganz einfach nur eine „Buddel“ aus grünlichem Glas. Wenn es sich überhaupt lohnte, sie aus dem Meer zu holen, dann des Textes wegen, der auf dem Dokument festgehalten war.

      Hasard bedeutete seinen Männern, mit dem Pullen innezuhalten. Er beugte sich vor, streckte die rechte Hand aus und griff nach der Flasche, während die Jolle in langsam werdender Fahrt darauf zuglitt. Einen Moment schien es Hasard so, als wolle sich die Flasche seinem Zugriff entziehen, dann aber packte er ihren Hals und zog sie an Bord.

      Der Seewolf drehte die Flasche hin und her und versuchte etwas von dem zu entziffern, was auf dem angegilbten Dokument geschrieben stand. Er vermochte aber nur die Buchstaben „U-l-y“ zu lesen, und die ergaben keinerlei Sinn.

      „Warum öffnest du die Flasche nicht, Sir?“ wollte Batuti wissen.

      Hasard blickte auf und gab ihm und den anderen fünf Rudergasten das Zeichen zum Wenden. „Wir pullen zurück zur ‚Isabella‘. Ich will, daß alle dabei sind, wenn ich das Dokument heraushole und auseinanderrolle.“

      Die Spannung wuchs, sowohl im Boot als auch an Bord der „Isabella“. Dort stand der komplette Rest der Crew am Schanzkleid versammelt und blickte der zurückkehrenden Jolle erwartungsvoll entgegen. Arwenack, der Schimpanse, war vom Großmars bis in die Hauptwanten der Leeseite abgestiegen und klatschte in die Vorderpfoten, als die Jolle längsseits ging. Sir John saß auf der linken Schulter des Profos’, der dies alles mit gemischten Gefühlen verfolgte, und stieß Worte wie „Armleuchter“, „Hering“ und „Kanalratte“ aus. Das endete damit, daß der Profos den brabbelnden Papagei schließlich von der Schulter nahm und ihn mit einem Grunzlaut im Brustausschnitt seines Wamses versenkte.

      Die Männer aus dem Boot enterten an der Jakobsleiter auf. Die Jolle wurde wenig später von Luke Morgan, Batuti, Stenmark und Jeff Bowie wieder an Bord der Galeone gehievt. Hasard hatte sich inzwischen mit leicht abgespreizten Beinen vor die Kuhlgräting gestellt und zeigte den näherrückenden Männern, den Zwillingen und der Roten Korsarin die Flasche.

      Besonders für den kleinen Philip und den kleinen Hasard war die Sache aufregend und von beinah exotischem Reiz.

      „Was ist drin, Dad?“ rief Hasard junior. „Eine Schatzkarte?“

      „Maul halten“, fuhr der Profos ihn an. „Ihr Bengel habt nur zu reden, wenn ihr was gefragt werdet.“

      „Aye, Mister Carberry“, sagte Hasard junior.

      Der Seewolf bewegte den Korken, der ziemlich tief in der Flaschenöffnung steckte, ein wenig mit Daumen und Zeigefinger, aber nach den ersten Versuchen hielt er inne und sagte: „Der Korken ist ein bißchen mürbe geworden. Ich bin sicher, daß er abbricht, wenn ich so weitermache. Kutscher, hol doch mal deinen Korkenzieher.“

      Der Kutscher drehte sich um, lief zum Kombüsenschott, verschwand für ein paar Sekunden und kehrte mit jenem unansehnlichen Ding aus einem Stück Holz und einem Stück gebogenen Eisendraht, das er selbst konstruiert hatte, zurück. Unterdessen war die Spannung weiter gewachsen.

      Hasard nahm den Korkenzieher aus der Hand des Kutschers entgegen, drückte das spitze Ende in den weichen Korken und begann zu drehen. Der Draht drang in das Material ein. Hasard drehte, bis die Spitze zum unteren Ende des Korkens herausschaute, hörte dann auf und begann vorsichtig am Holzgriff des einfachen Instruments zu ziehen.

      „Hasard“, sagte Old O’Flynn warnend.

      Der Seewolf fixierte den Alten mit einem keineswegs freundlichen Blick. „Donegal, geht das schon wieder los? Keine Angst, ich fliege nicht in die Luft, und es kriecht auch kein Nebeldämon aus der Flasche, der uns alle vertilgt. Du mußt nur ganz ruhig bleiben, immer hübsch ruhig, klar?“

      Die Zwillinge hielten sich die Hand vor den Mund und kicherten. Carberry starrte sie an, als ob er sie mit Haut und Haaren verschlingen wolle. Siri-Tong legte den Zeigefinger an die Lippen, und daraufhin verstummten die Jungen sofort wieder.

      „Hör mal zu, Sir“, sagte Old O’Flynn. „Du sprichst ja gerade so mit mir, als wäre ich ein alter Bock, der nicht mehr ganz richtig im Kopf ist.“

      „Das habe ich nicht gesagt.“

      „Aber du denkst es.“

      „Donegal, leg mir nichts in den Mund, was ich nie denken oder behaupten würde, verstanden? Du weißt ganz genau, daß ich dich hoch einschätze und für einen ausgezeichneten Seemann und Kämpfer halte. Ich habe nur was gegen übertriebene Schwarzmalereien. Wenn die auch tausendmal dein liebstes Steckenpferd sind – halte dich ein wenig damit zurück.“

      „Ist das ein Befehl?“

      „Genau das ist es.“

      „Aye, Sir“, sagte der Alte verbissen. Er wandte den Kopf, sah die Kameraden an und fragte: „He, ihr! Seid ihr auch der Meinung, ich soll die Luke halten?“

      „Hm“, antwortete Big Old Shane.

      „Ihr werdet schon noch sehen, was ihr davon habt“, zischelte Old O’Flynn.

      Hasard zog den Korken aus dem Flaschenhals, und das erzeugte das typische trocken-hohle Geräusch, das die Männer nur allzu gut kannten. Er reichte dem Kutscher den Korkenzieher samt, Korken, stülpte dann die Flasche um und schüttelte das zusammengerollte Stück Papier heraus. Geschickt fing er es auf.

      Die Flasche warf er Ben Brighton zu. Ben fing sie auf, betrachtete sie ausgiebig, schüttelte den Kopf und reichte sie an Ferris Tucker weiter, der sie dann seinerseits Carberry übergab.

      Hasard rollte das Schriftstück auseinander und sagte: „Uns ist ein Beobachtungsfehler unterlaufen. Dies ist kein Papier, sondern gegerbtes Material. Ganz feines Leder – von irgendeinem Tier.“

      „U-l-y“,

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