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aus Eis geschaffen, der mit seinem Gifthauch ganze Schiffscrews töten kann. Er bricht sich die Zapfen aus seinem Frostbart und spießt dich damit auf, Profos, ich schwör’s dir.“

      Carberrys Mund hatte sich vor Staunen geöffnet, und für eine Weile war er wohl richtig gefesselt gewesen, aber jetzt verzog er verärgert das Gesicht und brummelte: „Donnegal, wage dich bloß nicht in die Reichweite meiner Fäuste. Ich bin heute früh nicht zu Witzen aufgelegt, schon gar nicht zu so faulen, wie du sie erzählst.“

      „Ihr werdet noch an meine Worte denken“, sagte O’Flynn. „Ihr alle werdet euch noch mächtig umsehen und dann eingestehen: O ja, Hölle und Teufel, Donegal hat mal wieder recht gehabt! Jawohl, genau das werdet ihr stammeln, wenn die Dämonen der Finsternis ihre Klauen nach euch ausstrecken.“ Mit diesen Worten humpelte er davon und hielt Ausschau nach jemandem, bei dem er mehr Erfolg mit seinen haarsträubenden Gruselgeschichten hatte. Er stieg den Backbordniedergang zur Kuhl hinunter und fluchte leise vor sich hin.

      Carberry wandte sich wieder an den Seewolf. „Was meinst du, ob wir wohl auch diese weißen Biester zu sehen kriegen – die Eisbären?“

      „Zweifelst du immer noch daran, daß es sie gibt?“

      „Nein, das nicht. Aber ich bin schon neugierig darauf, mal wirklich so ein Ungetüm aus nächster Nähe zu betrachten.“

      „Warte, bis wir den Polarkreis erreicht haben, Ed.“

      „Ja. Hoffen wir, daß wir es auch schaffen und keinen Ärger mit dem Packeis kriegen.“

      „Um diese Jahreszeit wohl nicht.“

      „Hat Hendrik Laas dir das gesagt?“

      „Er hat mir gesagt, das Frühjahr und der Sommer seien die günstigsten Zeiten, um bis nach Thule hinaufzusegeln, weil dann die Packeisgrenze am weitesten zurückweicht.“

      „So ist das“, murmelte Carberry. „Und wie hat Hendrik doch noch gleich den Eisbären genannt?“

      „Nanoq.“

      „Nanoq, richtig. Ein seltsames Wort. Wie sollen wir uns überhaupt mit den Eskimos verständigen, falls wir jemals mit welchen zusammentreffen?“

      Der Seewolf hob den Kopf, weil Bill, der Ausguck im Großmars, in diesem Augenblick einen Ruf ausgestoßen hatte.

      „Wir haben uns in China verständigt, Ed“, entgegnete er noch. „Wir werden das auch in Grönland tun und darüber hinaus notfalls die Hände und die Füße zu Hilfe nehmen, um mit den Leuten zu sprechen, denen wir begegnen.“

      „Klar“, bemerkte der junge O’Flynn, der jetzt neben Shane an die Querbalustrade des Achterdecks getreten war. „Und bei dem Genie, das unser Profos in solchen Dingen hat, wird gerade er sehr schnell die fremde Sprache erlernen.“

      Big Old Shane grinste und konnte sich ein Lachen kaum verkneifen. Carberry hatte Dans Worte nicht verstanden und war inzwischen ebenfalls zu sehr auf Bill, den Moses, konzentriert, um noch mitzukriegen, wie Shane und Dan sich anstießen, sonst hätte Dan O’Flynn nämlich jetzt einen Schwall übelster. Flüche in der üblichen Profos-Lautstärke über sich ergehen lassen müssen.

      „Sir!“ schrie Bill von seinem Posten hoch oben im Großmars. „Da schwimmt was Backbord voraus in der See!“

      Hasard legte beide Hände als Schalltrichter an den Mund. „Was ist es denn, Bill?“

      „Augenblick, Sir, ich versuche gerade, Genaueres herauszukriegen …“

      „Hölle und Blitz!“ brüllte Carberry. „Bill, du verlauster Affenarsch, habe ich dir nicht tausendmal gesagt, du sollst dich gefälligst klar und deutlich ausdrücken?“

      „Sir!“ rief Bill. „Es ist eine Flasche, eine treibende Flasche, so wahr ich hier oben stehe!“

      „Treiben lassen“, sagte Carberry. „Was sollen wir denn wohl mit so einer idiotischen Buddel anfangen, was, wie?“

      Ben Brighton stieg vom Achterdeck aufs Quarterdeck und erwiderte: „Ed, das hängt doch wohl ganz von ihrem Inhalt ab.“

      Carberry musterte ihn in einem Anflug von Spott. „Halt die Luft an, Ben. Welcher Blödmann würde denn wohl eine volle Buddel in den Teich schmeißen, he? Doch wohl nur einer, der total übergeschnappt ist, was, wie? Außerdem würde die ja wohl nicht schwimmen, oder?“

      Bills klare Stimme ertönte wieder über ihren Köpfen: „Sir, soweit ich durch den Kieker erkennen kann, scheint was drinzustecken in der Flasche!“

      „Na also“, sagte der Seewolf, ohne sich um Carberrys verdutzte Miene zu kümmern. „Pete, Ruder zwei Strich Backbord. Ed, laß anbrassen und höher an den Wind gehen, wir nehmen Kurs auf die Flasche und sehen sie uns genauer an.“

      Es war ein bißchen Unruhe an Oberdeck entstanden, und Siri-Tong und die Zwillinge, die sich gleich nach dem Wecken in einem Raum des Achterkastells zusammengesetzt hatten, verließen nun die Hütte, um nachzuschauen, was vorgefallen war. Die Korsarin hatte Philip junior und Hasard junior – den „Rübenschweinchen“, wie der Profos sie meistens nannte – ein wenig Unterricht gegeben, zum Schluß aber mangels Konzentration ihrer „Schüler“ auf die Schilderung des Umgangs mit gefährlichen Giftschlangen ausweichen müssen, um ihre Aufmerksamkeit von neuem zu fesseln.

      Jetzt aber waren die beiden Achtjährigen für die willkommene Abwechslung ausgesprochen dankbar. Kaum auf der Kuhl angelangt, trennten sie sich von „Madam“ und stürmten zur Back, wo sich mittlerweile der Großteil der Crew versammelt hatte, um Ausschau nach der Flasche zu halten.

      Siri-Tong klomm den Backbordniedergang zur Back hoch und blickte zum Seewolf, der den Kieker sinken ließ und sich zu ihr umdrehte.

      „Kein feindliches Schiff“, sagte er lächelnd. „Nur eine Flasche.“

      „Was soll denn Besonderes daran sein?“ erkundigte sie sich verwundert.

      „Ja, das frage ich mich auch, Madam“, sagte der Profos, der sich mit ziemlich verdrossener Miene zu den anderen gesellt hatte. Es war wirklich nicht sein bester Tag, und außerdem war ihm wegen der Fahrt ins Ungewisse mulmig zumute, was er aber natürlich nicht offen zugeben mochte.

      „Sir, es ist eine ziemlich große Flasche“, meldete Bill aus dem Großmars.

      Dan O’Flynn war in den Vormars aufgeentert und rief nun: „Ein zusammengerolltes Stück Papier befindet sich darin, ich kann es deutlich sehen!“

      „Na bitte“, sagte Carberry. „Ein Fetzen Papier. Sonst nichts.“

      „Al dachte schon, es wäre eine Höllenflasche“, sagte Smoky. „Das hätte eine böse Überraschung für uns geben können.“

      „Ach, Unsinn“, begehrte Al Conroy auf. „Die Höllenflaschen sind unsere Erfindung – und die Eskimos wären meiner Meinung nach die letzten, die so was herstellen würden. Vielleicht kennen sie gar kein Pulver und keine Feuerwaffen.“

      „Ganz bestimmt nicht“, pflichtete Matt Davies ihm bei. „Hendrik Laas hat auch mit keiner Silbe erwähnt, daß sie Schießpulver, Lunten und Blei benutzen.“

      „Aber Al schätzt die Eskimos trotzdem als zu dumm ein“, meinte Will Thorne. „Wer Häuser aus Eis baut, muß doch eigentlich ganz schön was auf dem Kasten haben.“

      „Ach, hört doch auf“, sagte Al. „Ihr wollt mich ja bloß auf den Arm nehmen – wegen meiner Bemerkungen von vorhin.“

      „Du merkst aber auch alles“, sagte Smoky mit breitem Grinsen.

      „He!“ rief Blacky. „Und wenn es nun kein Eskimo war, der die Flasche ins Meer geworfen hat, sondern ein Weißer? Was ist dann?“

      „Wie nun, wenn sie von selbst ins Wasser gefallen ist?“ fragte Siri-Tong, der die Sache allmählich zu bunt wurde.

      „Von selbst – mit einem Zettel drin?“ brummte Old O’Flynn. „Das ist eine mysteriöse Angelegenheit, sage ich. Wer weiß,

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