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an ihm vorbei zur Steuerbordseite. Nur der Handspakenmann wetterte los.

      Hasard grinste, glitt hinter den Capitan und bohrte ihm den Lauf der Pistole ins Kreuz.

      „Ben! Sag ihm, daß wir wieder die ‚Santa Barbara‘ übernehmen. Sag ihm meine Empfehlung, und er soll seine verdammten Pfoten ruhig halten, sonst puste ich ihm ein Loch in die Haut!“

      Der Bootsmann rasselte seinen Text herunter und hielt gleichzeitig dem Spakenmann die Pistole unter die Nase.

      Die drei Spanier standen wie steinerne Denkmäler, mit aufgerissenen Augen und hängenden Unterlippen.

      Der vierte Don, der als Rudergänger am Kolderstock stand, kapierte überhaupt nichts und fragte irgend etwas Dämliches.

      „Sag ihm, er soll die Schnauze halten und auf Kurs bleiben“, befahl Hasard und zog dem Capitan eine Pistole aus dem Gürtel.

      „Verdammt“, sagte der Capitan sehr deutlich und auf englisch.

      „Da bin ich ganz Ihrer Meinung. Senor Capitan“, sagte Hasard, und zu Ben Brighton: „Entwaffne den Spakenmann. Der andere Don ist harmlos. Das ist der, dem ich das Kinn verschoben habe. Schau mal, der wackelt jetzt noch mit dem Kopf.“

      Der Spakenmann fluchte lästerlich.

      „Was sagt er?“ fragte Hasard interessiert.

      „Was ganz Unanständiges.“ Ben Brighton grinste. „Er meint, du seist einer Familie von Hurenböcken, Saufbolden, Tagedieben, Galgenstricken und Spitzbuben entsprungen.“

      „Wenn das Sir John wüßte“, sagte Hasard und seufzte. „Hast du seine Waffen?“

      „Hab ich.“

      „Treib sie beide ganz nach achtern an die Heckreling.“ Er knuffte den Capitan ins Kreuz. „Sie bitte auch, Senor Capitan.“

      Die drei Dons schlurften zur Heckreling.

      Hasard räusperte sich. „Sag ihnen, sie dürften sich nicht umdrehen, sonst kracht’s. Dann hol unsere Männer. Ich halte die drei Dons solange in Schach. Der Kutscher soll gleich die Kombüse besetzen und was Handfestes zubereiten. Sorg dafür, daß immer ein Mann bei den Dons Wache hält.“

      „Sollen sie im Unterdeck bleiben?“

      „Vorerst ja.“

      Der Bootsmann rasselte ein paar spanische Sätze herunter. Die drei Spanier standen an der Heckreling – ihnen den Rücken zugewandt – und rührten sich nicht.

      Ben Brighton eilte über das Achterdeck, sprang auf die Kuhl hinunter und verschwand. Minuten später war die „Santa Barbara“ wieder fest in den Händen Hasards und seiner Männer.

      Als der Capitan gefesselt vom Achterdeck geführt wurde, blieb er bei Hasard stehen und lächelte höflich.

      „Du sehr gute Capitan“, sagte er.

      „Danke“, sagte Hasard und lächelte ebenfalls.

      „Aber großes Problem für dich.“ Aus dem Lächeln des Capitans wurde ein breites, zufriedenes Grinsen.

      „Aha“, sagte Hasard und fragte sich, was den Capitan Miguel Lopez und so weiter so erheitere.

      „Sehr, sehr großes Problem“, wiederholte der Capitan. „Du schauen Steuerbord achteraus, bitte sehr!“

      „Bitte sehr“, sagte auch der Seewolf und wandte den Kopf.

      Das war ja doch wohl die Höhe. Hasard blieb buchstäblich die Spucke weg.

      Gestaffelt Steuerbord achteraus, etwa dreihundert Yards entfernt, segelte im Morgendunst auf gleichem Kurs eine andere Galeone, dickbäuchig, schwarz angestrichen, zwölf Stückpforten auf der Backbordseite. Allerdings waren sie geschlossen.

      Hasard drehte sich langsam wieder um und blickte den grinsenden Capitan an. Das Grinsen wird dir schon noch vergehen, Freundchen, dachte er und sagte: „Sehr schön, Senor Capitan, aber wo ist da ein Problem, bitte sehr?“

      „Dort die ‚Barcelona‘ – sehr starkes Schiff, sehr, sehr gute Capitan, Freund von mir, Senor Juan Descola, er dich verschlingen, hahaha!“

      „Dich auch“, sagte Hasard freundlich. „Mitgefangen, mitgehangen. Wenn die ‚Santa Barbara‘ absäuft, sauft ihr alle mit ab, verehrter Kollege Capitan.“

      „Mein Leben für den König“, sagte der Capitan stolz.

      „Ich werd’s ihm ausrichten, wenn ich ihn mal treffe“, sagte Hasard und wandte sich zu Ben Brighton um. „Bring ihn unter Deck, Ben, bevor es hell wird. Ab sofort trägt jeder Mann von uns, der an Deck arbeitet, spanische Kleidung. Zieht den Dons die Klamotten aus und probiert, was wem paßt. Ich möchte das Zeug von diesem verehrten Senor hier haben. Und jetzt verschwindet, bevor die Dons den Schwindel bemerken.“

      Noch bevor die Sonne durchbrach, war die Maskerade beendet. Ben Brighton, der einzige, der die spanische Sprache beherrschte, wurde zum wichtigsten Mann an Bord der „Santa Barbara“. Er mußte ständig bei Hasard bleiben, um notfalls sofort dolmetschen zu können.

      Wieder einmal inspizierten sie zu dritt den Fockmast, der aber nicht mehr als Mast zu bezeichnen war. Die Dons hatten aus einer Spiere einen Notmast errichtet und die eigentliche Fock verkleinert.

      Hasard meinte, daß es besser als gar nichts sei, während Ferris Tucker die Ansicht vertrat, daß sie mit dem Murksding von Notmast ziemlich lahm seien, was ja auch stimmte, und wenn sie mal türmen müßten, seien sie aufgeschmissen.

      Hasard schaute zu der „Barcelona“ hinüber, etwas nachdenklich, wie es schien. Ferris Tucker und Ben Brighton wechselten einen schnellen Blick und grinsten sich dann an. Offensichtlich kannten sie ihren Seewolf inzwischen. Der heckte also wieder etwas aus, und beide stimmten still darin überein, daß es mit der schwarzen Galeone da drüben zusammenhing.

      Sie hatten recht.

      Hasard sagte: „Eigentlich hatte ich nicht die Absicht, die Dons da drüben bis Spanien zu begleiten. Ihr doch auch nicht, oder?“

      Was für eine Frage! Die beiden Männer grinsten nur, und Ferris Tucker sagte: „Möchte wissen, was der Kasten geladen hat.“

      Er leckte sich über die Lippen und sah aus wie ein rothaariger Kater, der sich an ein Schüsselchen mit Sahne heranpirscht.

      „Möcht ich auch wissen“, sagte Ben Brighton.

      „Ich auch“, sagte der Seewolf. „Ich stelle also fest, daß wir drei, die wir die Schiffsführung verkörpern, einhelliger Meinung sind.“

      Die beiden schauten ihn verblüfft an. Warum sprach dieser Teufelsbraten plötzlich so gestelzt?

      „Dennoch“, fuhr Hasard fort, „müssen wir uns die Frage stellen, ob es nicht ratsamer ist, uns zu nächtlicher Stunde mit der ‚Santa Barbara‘ von der ‚Barcelona‘ abzusetzen und schleunigst auf Gegenkurs zu verschwinden.“

      „Da bin ich dagegen“, sagte Ferris Tucker prompt und fast empört.

      „Ich auch.“ Der Bootsmann hieb in dieselbe Kerbe.

      „Na denn“, sagte Hasard zufrieden. „Ich nämlich auch.“

      Jetzt grinsten sie alle drei wie sahnelüsterne Kater.

      Da Hasard sich bislang der Aufgabe gewidmet hatte, die „Santa Barbara“ heil nach Plymouth zu bringen, sah er sich nun mit dem Problem konfrontiert, sich noch ein zweites Beuteschiff aufzuhalsen und in den sicheren Hafen zu steuern – vorausgesetzt, sie schafften es überhaupt, den schweren Brokken zu schlucken.

      Die beiden Männer starrten den Seewolf erwartungsvoll an und waren sich sicher, daß der bereits wieder eine Patentlösung aus dem Ärmel schütteln würde.

      So war es.

      Hasard sagte: „Wir werden nach einem ähnlichen Rezept verfahren wie heute nacht im Unterdeck. Das heißt, wir müssen versuchen, die Besatzung der

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