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Seewölfe Paket 1. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe Paket 1
Год выпуска 0
isbn 9783954394906
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Dort blieb er gebückt stehen und spuckte Blut. Sein Kopf schaukelte hin und her.
Hasard glitt geschmeidig zum Schanzkleid. Dort stand noch eine Holzpütz voll mit Seewasser. Er griff sie sich, umrundete den Großbaum und klatschte sie von unten in das niederhängende blutige Gesicht Carberrys.
„Aufpassen, Hasard“, sagte das Bürschchen scharf. „Hinter dir!“
Der Seewolf fuhr herum.
In der Kombüsentür auf der Steuerbordseite des Vorkastells stand ein schmieriger Mann mit einem schmierigen Grinsen, schmierigen Augen, schmierigem Haar, schmierigem Hemd und schmierigen Hosen. Seine Zähne, die er zeigte, wirkten zwar nicht schmierig, dafür aber waren sie schwarz und verfault. Er sah insgesamt so freundlich aus wie eine vergammelte Trosse aus Kokostauwerk.
Keineswegs schmierig aber war die Radschloßpistole, die er in beiden Fäusten hielt und auf Hasard gerichtet hatte.
„Was denn“, sagte Hasard und lächelte freundlich, „funktioniert der Kracher auch?“
„Worauf du einen Furz lassen kannst“, sagte der schmierige Kerl.
Hasard glitt langsam näher.
„Vorsichtig“, sagte der schmierige Kerl, „bleib lieber da, wo du bist. Das Loch, das dieses Ding pustet, flickt kein Arzt mehr zusammen.“
„Oh“, sagte der Seewolf. Und dann ruckte sein Kopf plötzlich hoch, und er starrte mit entsetzter Miene zum Vorkastell. „Geh da weg, Onkel!“ schrie er.
Der schmierige Mann riß den Kopf herum und spähte über die Schulter hoch zum Vorkastell. Aber da war gar kein „Onkel“. Und ihn selbst bewegte im selben Augenblick eine unsichtbare Kraft schwebend zurück durchs Kombüsenschott. Er segelte über den breiten Herd mit dem Holzkohlenfeuer, spürte die Hitze und zog den Abzug durch. Die Kugel durchschlug glatt die beiden Wandungen eines Kupferkessels und bohrte ein Loch in einen Mehlsack.
„Gordon Brown“, sagte der Koch mißmutig und schielte auf das Loch, aus dem Mehl rieselte, „steig vom Herd runter, ich brauch die Platte jetzt. Ich hab dir gleich gesagt, daß dich das da draußen nichts angeht. Du mußt noch Speck schneiden, und die Rüben sind auch noch nicht geputzt.“
Unter Gordon Browns Hintern stiegen Rauchwolken auf, und es roch gar nicht gut. Aber der schmierige Mann rührte sich nicht. Der Koch schnüffelte, schüttelte den Kopf und zog Gordon Brown von der Herdplatte. Einfach so. Der schmierige Mann kippte mit rauchender Hose zu Boden. Über die glimmenden Ränder goß der Koch eine Kelle Wasser.
„Blöder Hund“, murmelte er. Das Geschrei und Getrampel draußen störte ihn nicht im geringsten. „Fressen, saufen, huren, prügeln“, setzte er sein Selbstgespräch fort und schüttelte wieder den Kopf, „was ist das nur für eine Welt!“
Auf dem Mitteldeck ging Hasard mit fliegenden Fahnen unter. Carberry hatte seine Gehilfen mobilisiert. Gegen Musketen und Pistolen hatte selbst ein Seewolf keine Chance. Die einen hielten ihn in Schach, die anderen fielen wie die Wölfe über ihn her.
„Arwenack!“ brüllte das Bürschchen verzweifelt, aber da war der Holzklotz Blacky, der Donegal Daniel O’Flynn mit eiserner linker Hand zurückhielt, sich ins Gefecht zu stürzen.
„Hat keinen Zweck, Junge“, flüsterte Blacky und hatte direkt menschliche Züge. „Die verarbeiten dich zu Haferbrei.“
Donegal Daniel O’Flynn schluchzte auf, als Philip Hasard Killigrew den Lauf einer Muskete auf den Kopf kriegte und in die Knie brach. Noch ein Hieb brachte ihn endlich zu Boden. Zum zweiten Male innerhalb von vierundzwanzig Stunden tauchte der Seewolf in tiefe Bewußtlosigkeit. Er spürte nicht mehr, wie sie auf ihm herumtrampelten.
Der Profoß sah zu. Er lehnte auf der Steuerbordseite am Schanzkleid und hatte die Arme um die Luvhauptwanten geschlungen, um nicht in die Knie zu gehen. Er hatte Mühe, klar zu denken, spie Blut durch die Zahnlücken und grübelte darüber nach, ob er diesen Teufelsbraten von Seewolf gleich an der Rah aufknüpfen oder noch eine Weile schmoren lassen sollte.
Eins stand fest. Er hatte ihn, den Profoß, den Zahlmeister an Bord der „Marygold“, zu einem Nichts degradiert, seine Autorität zerschlagen, ihn herabgewürdigt. Was würde der Kapitän dazu sagen?
Der Profoß fluchte still vor sich hin, fuhr mit der Zunge über die blutenden Zahnlücken und zischte wieder einen Blutstrahl außenbords — nach Luv, benommen wie er war, und prompt stäubte ihm der Wind das Blut zurück ins Gesicht. Er sah aus, als hätte er auf einer Schlachtbank geschlafen.
Einer seiner Gehilfen schlingerte über das Deck und baute sich vor ihm auf. Sein rechtes Auge schimmerte schwarzblau und begann sich unter der Schwellung zu schließen.
„Wohin mit ihm?“ fragte er. Er schniefte und wischte sich das Blut von der Nase.
„Hängt ihn an die Rah!“ stieß der Profoß hervor.
„Aye, aye, an die Rah“, sagte der Mann und wandte sich um.
„Du bist wohl nicht bei Trost“, sagte Patrick Evarts, der Segelmacher, und löste sich aus der Gruppe der Seeleute. „Erstens habe ich den Killigrew-See-wolf vor der ‚Bloody Mary‘ aufgesammelt und bei dieser Sache ein Wörtchen mitzureden, denn wir haben ihn umsonst gekriegt, und zweitens muß das der Kapitän entscheiden.“
„Umsonst?“ fragte der Profoß empört. „Ihr habt London-Jack und Tom Smith dabei an Land zurückgelassen ...“
„Und dafür zwei Ersatzleute mitgebracht“, unterbrach ihn Patrick Evarts.
Der Profoß spuckte verächtlich aus. „Ersatzleute? Der eine ist schlimmer als ein reißender Wolf, und der andere noch nicht trocken hinter den Ohren. Außerdem steckt er mit dem Killigrew unter einer Decke. Was heißt hier überhaupt Killigrew? Dieser schwarzhaarige Bastard ist kein Killigrew, da freß ich meine Hose auf.“
„Und warum ist er kein Killigrew?“
„Weil die alle rothaarig, grünäugig und dicke Bullen sind, deswegen. Ich kenn die Sippe aus Falmouth. Schau dir doch mal diesen Bastard an – der ist so lang wie eine Großrah, schwarzhaarig und blauäugig. Die Killigrews sind zwar auch von der wilden Sorte, aber der da ist auf einer Kanonenkugel gezeugt worden. Nein, das ist kein ...“
„Er ist ein Killigrew, verdammt noch mal!“ Das Bürschchen stand vor den beiden, hochrot im Gesicht, mit blitzenden blauen Augen.
„Verpiß dich“, sagte der Profoß wütend.
„Hasard hat’s Ihnen wohl richtig besorgt, was, wie?“ fauchte das Bürschchen kampflustig.
Blacky hatte einen Moment nicht aufgepaßt, und da war ihm Donegal Daniel O’Flynn entwischt. Blacky stöhnte, verließ die Hammelherde auf der Backbordseite und stieg das schräggeneigte Deck nach Steuerbord hoch.
„Komm, Junge“, sagte er besänftigend und zerrte an Dans Schulter. „Ob Killigrew oder nicht, hier sind wir Affenärsche und Rübenschweine und haben nichts zu melden.“
„Ich schon“, sagte das Bürschchen patzig. „Und wenn sie Hasard aufknüpfen wollen, können sie mich gleich daneben hängen. Aber vorher schlag ich diesem Großmaul noch ein paar Zähne ein, so wahr ich ein O’Flynn bin.“
Der Profoß schob den blutigen Kopf vor.
„Ist dein Alter O’Flynn mit dem Holzbein?“
„Genau der“, sagte das Bürschchen. „Vielleicht was dagegen?“
Der Profoß verdrehte die Augen zum Himmel.
„O Gott“, sagte er „ein verkappter Killigrew und diese O’Flynn-Wanze an Bord – da können wir auch gleich mit dem Teufel zur See fahren und dessen Gesellschaft wäre noch besser.“