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es sich handelte, dazu war es zu dunkel, außerdem verschlechterten Gischt und Regen die Sicht erheblich.

      Finnegan bemerkte, wie es sich auch unter ihm regte, und er blickte überrascht in die Tiefe. Da – zwei Männer hatten auch diese Wanten erreicht und klammerten sich fluchend daran fest!

      Finnegan kletterte nach unten zurück, um ihnen zu helfen. Auch auf die Gefahr hin, daß du selbst dabei absäufst, sagte er sich, du mußt ihnen die Hand reichen, es ist deine verdammte Pflicht!

      Als der eine Mann sich endlich an seinem ausgestreckten Arm festhielt und zu ihm heraufkroch, erkannte er endlich, um wen es sich handelte.

      „Ich werd’ verrückt!“ brüllte Finnegan außer sich vor Freude. „Paddy, du altes Faß! He, ho, sag nur nicht, daß ich dein Gespenst vor mir habe!“

      „Blödsinn“, sagte der andere laut. „Ich bin so lebendig wie du. Ich bin dem Teufel vom Spieß gesprungen, jawohl.“

      Sie halfen auch dem dritten, einem Holländer, dann enterten sie zur Marsplattform auf. Auch die beiden anderen Seeleute hatten derweil in den Wanten der Steuerbordseite aufentern können, so daß es nun also fünf Überlebende der „Zeland“ waren, die Zuflucht im Mars gesucht hatten. Sie waren dem Grauen entronnen.

      3.

      In dem kochenden Pandämonium, das unter ihnen herrschte, wirkte die Marsplattform wahrhaftig wie eine Rettungsinsel. Erschöpft setzten sich Finnegan, Rogers und die drei anderen hin und hielten sich fest, um vom Wind ja nicht wieder in die Tiefe gerissen zu werden.

      Jack Finnegan hielt Umschau und stellte fest, daß die drei Kameraden ausnahmslos Holländer waren. Sie hießen Piet Reuter, Jan Marten und Dirk Pravemann und gehörten zum einfachen Schiffsvolk, alles Leute, die vor dem Mast gefahren waren.

      Weder der Kapitän noch einer seiner Offiziere, auch der Bootsmann und der Profos hatten sich nicht zu retten vermocht. Der höhere Rang und die Privilegien, die diese Männer an Bord genossen hatten, konnten sie nicht vor dem Untergang bewahren. Vor dem Schicksal waren alle Männer gleich, selbst Könige und Kirchenfürsten ertranken, wenn sie in einen Sturm wie diesen gerieten.

      So jedenfalls dachte Finnegan in diesen Augenblicken des Ausruhens und Reflektierens, und im Prinzip hatte er recht. So und nicht anders hatte es wohl sein sollen, ein winziger Teil der Crew war mit dem Leben davongekommen, sonst keiner.

      Er blickte zu Paddy Rogers.

      Rogers war ein Bulle von Mann, rothaarig, mit grau-grünen Augen, einer Knollennase und einem massigen Kinn. Eigentlich war er ein typischer Kraft-mensch, ein bißchen mundfaul und mit dem Verstand nicht so schnell wie andere. An Bord hatte er das Denken meist Finnegan überlassen, wenn sie zusammen Dienst gehabt hatten.

      Das mit dem Denken übernahm Finnegan gern, aber er hatte nie versucht, Rogers irgendwie zu übervorteilen oder zu hintergehen. Er achtete den Mann auf seine Art, und sie hatten Freundschaft geschlossen. Einen Freund legt man nicht herein, man versucht in allen Lebenslagen, ihm zu helfen.

      Finnegan hatte seine festen Ansichten über Kameradschaft und das Leben zur See, der ungeschriebene Ehrenkodex aller Fahrensleute galt ihm sehr viel – was man bei weitem nicht von allen Kerlen behaupten konnte, die an Bord eines Segelschiffes die Meere befuhren.

      Finnegan war hager und sehnig, dunkelblond und grauäugig. Sein Gesicht war schmal und markant geschnitten, und er verfügte über einen ausgesprochen wachen Verstand. Er war zäh und furchtlos, kein Mann, der sich bereitwillig duckte.

      Er hatte seine Fassung wiedergewonnen, die Todesangst war vorbei. Er konnte ruhig und wohlüberlegt sprechen.

      Er legte Rogers die Hand auf die Schulter und sagte: „Paddy, ich will dir was anvertrauen. Nur dir. Die anderen können es nicht hören.“

      „Hast du im Vordeck Geld gefunden?“ Rogers sah sich nach hinten um. „Dann behalte es für dich. Wenn die drei Kerle da auch nur Lunte riechen, gibt es Streit. Du weißt ja, wie die rangehen.“

      „Kein Geld, Paddy, es geht um was anderes. Ich habe eben richtige Angst gehabt, verstehst du?“

      „Ja. Mir ging’s nicht besser als dir.“

      „Wo warst du?“

      „Achtern. Bin über die Kuhl geflogen und dann unterm Niedergang zum Achterdeck liegengeblieben. Als der verfluchte Kahn auf Grund setzte, dachte ich: Jetzt gehst du über den Deich, Paddy, du alter Sack. Ja, so war das.“ Für seine Begriffe war dies schon eine sehr lange Rede, er holte tief Luft und wartete ab, was Finnegan erwidern würde.

      Finnegan hielt sich wieder mit beiden Händen fest, denn eine gewaltige Sturmbö heulte heran und drohte, sie von ihrer rettenden Insel zu fegen. Die Holländer fluchten wie verrückt.

      „Es ist eine schlimme Sache, wie eine Ratte abzusaufen“, sagte Finnegan, als die Wucht des Windes wieder etwas nachließ. „Schlimmer, als von einer fallenden Rah zerschmettert zu werden. Schlimmer, als eine Kugel in den Kopf zu kriegen. Es ist die furchtbarste Todesart, behaupte ich, Paddy, und deshalb schäme ich mich nicht, daß ich Angst gehabt habe.“

      „Ich auch nicht.“

      „Dann sind wir uns ja mal wieder einig. Gut, wir können hier verschnaufen und erst mal wieder ein wenig unsere Kräfte sammeln. Aber hast du dir schon überlegt, wie wir hier wieder wegkommen?“

      „Nein“, erwiderte Rogers.

      „Dann denk mal schön nach. So schnell kommen wir hier nicht wieder runter. Wir sind sozusagen dazu verdammt, auf dieser Scheiß-Plattform hocken zu bleiben und auf jemanden zu warten, der uns wegholt. Sonst vergammeln wir hier nämlich.“

      „So ein Dreck“, sagte Paddy Rogers.

      „Ja, verflucht. Ich hab’ das blöde Gefühl, daß wir vom Regen in die Traufe geraten sind“, sagte Finnegan und hatte all seine frommen Vorsätze angesichts dessen, was sie noch erwartete, bereits wieder vergessen.

      Am Morgen des 21. Mai hatte sich der Sturm ausgetobt.

      Jack Finnegan, Paddy Rogers, Piet Reuter, Jan Marten und Dirk Pravemann hatten alles heil überstanden, sie hatten überlebt, aber sie waren, wie Finnegan schon in der Nacht vorhergesehen hatte, von einer Hölle in die andere geraten:

      Haie umkreisten den Großmast mit der Marsplattform, den Rahen und den zerfetzten Segeln. Gierige Mörder belagerten den Großmast, um bei der ersten Gelegenheit, die sich ihnen bot, über ihre Beute herzufallen. Die beiden Engländer und die drei Holländer hatten weder Trinkwasser noch Proviant, das Festland war außer Sicht, und die Sonne brannte unbarmherzig auf sie nieder.

      „Biester“, sagte Piet Reuter, ein schlanker und muskulöser Mann mit derben Händen. „Seht sie euch an. Sie warten darauf, daß einer von uns runterfällt wie eine reife Birne. Aber den Gefallen tun wir ihnen nicht.“

      „Die haben Ausdauer“, meinte Finnegan. „Die lassen so schnell nicht locker.“

      Reuter streifte ihn mit einem Blick, dann sah er wieder zu den Dreiecksflossen, die scharf durch das Wasser schnitten und schwache Ringe um den Mast herum zeichneten.

      „Irgendwann müssen sie ja abhauen“, sagte der Holländer. „Und dann können wir versuchen, zur Küste zu schwimmen.“

      Jan Marten, ein Koloß von Kerl mit kurzen hellblonden Haaren, schüttelte den Kopf. „Das ist viel zu weit. Das schaffen wir nie. Bevor wir das Land erreichen, ertrinken wir oder werden von den Haien verschlungen.“

      Reuter verzog spöttisch den Mund. „Du hast die Hosen wohl voll, was? Dirk, wie ist deine Meinung?“

      Dirk Pravemann war der kleinste der drei Holländer, klein, aber sehr flink und wendig. Er setzte eine ähnliche Miene wie Reuter auf und erwiderte: „Ich finde, man sollte einen Versuch wagen. Aber das ist eben was für hartgesottene Kerle. Piet, wenn sich die verteufelten Haie verziehen, entere ich mit dir zusammen in das Wasser da ab, und wir unternehmen was, das verspreche

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