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erhob sich und bückte sich nach der Verstrebung. Es bedurfte keiner großen Anstrengung, sie vollends zu lösen, es gab nur ein Knakken, dann hatte er sie in der Hand.

      Reuter, Marten und Pravemann schreckten aus ihrem Dahindämmern hoch. Sie sahen ihn an, und Reuter fragte: „He, was tust du denn da?“

      „Ich nehme mir die Planke hier“, antwortete Rogers.

      „Im Wasser schwimmt eine Pütz“, ergänzte Finnegan erläuternd. „Die holen wir uns. Ihr könnt uns helfen, wenn ihr wollt.“

      „Wir brauchen keine Pütz und keinen Kübel und auch keine Planken“, brummte Piet Reuter. „Das ist alles nichts zum zwischen die Zähne schieben, und man kann’s auch nicht die Kehle runtergießen. Wenn es ein Fäßchen Wasser oder Dünnbier gewesen wäre, wäre ich mitgegangen. Aber was sollen wir mit einer dämlichen Pütz, frage ich euch?“

      Finnegan erklärte es ihm, doch Reuter lachte nur verächtlich.

      „Regen? Den kriegen wir auch in den nächsten zwei Wochen nicht“, sagte er.

      „Wie willst du das so genau wissen?“

      „Das sagt mir mein Verstand“, entgegnete Reuter.

      „Los, Paddy“, sagte Finnegan zu seinem Freund. „Wir vergeuden hier nur unsere Zeit.“ Damit trat er an den Rand der Plattform und kletterte in den Wanten der Backbordseite hinunter. Rogers folgte ihm.

      „Eben!“ rief Reuter ihnen höhnisch nach. „Beeilt euch, sonst versäumt ihr was! Es gibt hier ja so verflucht viel zu tun – vierundzwanzig Stunden am Tag reichen nicht aus, man weiß schon gar nicht mehr, wo einem der Kopf steht!“

      Marten und Pravemann lachten.

      Jack Finnegan hatte inzwischen die Wasserfläche erreicht. Rogers war unmittelbar über ihm und bewegte das Stück Holz hin und her, das als Waffe gegen die Haie dienen sollte. Vielleicht hauen sie ab, wenn sie das Ding sehen, dachte er.

      Aber so gute Augen haben Haie nicht. Nur ein direkter Angriff konnte etwas nutzen, das sollte auch Paddy Rogers gleich erfahren.

      Reuter, Marten und Pravemann hatten sich über den Rand des Großmarses gebeugt.

      „Aufpassen!“ schrie Pravemann. „Die Burschen kommen! He, Finnegan, fall nicht aus den Wanten, sonst endest du wirklich noch als Haifischfutter!“

      Sie lachten alle drei, aber Finnegan und Rogers schenkten ihnen keine Beachtung.

      Jack Finnegan streckte die Hand nach der treibenden Pütz aus. Fast konnte er sie mit seinen Fingerspitzen berühren, doch dann wurde sie von einer winzigen Welle hochgehoben und entführt. Sie entfernte sich vom Mast und von den Wanten, und Finnegan quittierte dies mit einem saftigen Fluch.

      „Ja, es sah wohl einfacher aus, als es ist“, sagte über ihm Reuter. „Gib es auf, Mann, es bringt dir ja doch nichts ein, und die Haie beißen dir höchstens noch die Hand ab.“

      „Das ist halb so wild“, sagte Pravemann. „Jeder Mensch hat zwei Hände, die eine als Ersatz. Mit einer Hand schafft man’s immer noch ganz schön weit. Ich kenne einen, dem haben sie in Beirut die Hand abgehackt, weil sie ihn beim Klauen erwischten, und er ist trotzdem über sechzig Jahre alt geworden.“

      Wieder lachten die Kerle.

      „Eins ist mal sicher“, sagte Paddy Rogers wütend. „Wenn wir wirklich Regenwasser auffangen, kriegt ihr keinen Schluck davon ab. Nicht einen einzigen Tropfen.“

      „Die Pütz treibt immer weiter ab“, stellte Finnegan besorgt fest. „Paddy, ich schwimme ihr nach. Paß du gut auf die Haie auf.“

      „Verdammt, da sind sie schon!“ stieß Rogers hervor. Dann beugte er sich so tief wie möglich hinunter und holte, während er sich mit der einen Hand an den Webeleinen festhielt, mit der Marsverstrebung nach dem grauen Schatten aus, der sich aus Richtung des Bugs der „Zeland“ näherte und Finnegan im nächsten Augenblick erreichen mußte.

      Die Verstrebung sauste auf die Dreiecksflosse des Hais nieder, und sofort hieb Paddy Rogers noch einmal zu. Er war schwerfällig im Denken, aber ein Mann der Tat – zum drittenmal schlug er kräftig mit seiner Behelfswaffe zu, und jetzt, endlich, drehte der Hai ab und glitt zu seinen Artgenossen davon.

      Jack Finnegan war jetzt im Wasser und stieß sich von den Wanten ab. Zwei Schwimmzüge genügten, und er schnappte sich die Pütz. Er drehte sich um und wollte zum Mast und zu den Wanten zurückkehren, doch jetzt schob sich einer der heimtückischen Gesellen zwischen ihn und Paddy Rogers und drohte, ihm den Weg abzuschneiden.

      Rogers stieg jedoch noch ein Stück tiefer, so, daß das Wasser ihm jetzt bis zu den Knien reichte, und drosch zornig mit der Planke auf den Hai ein. Er sah die dolchspitzen Zähne in dem grauenerregenden Maul, das Verderben schoß geradewegs auf ihn zu und wollte nach seinem Arm schnappen, doch er verlor nicht die Nerven und behauptete seinen Platz.

      Mitten auf die Nase des Hais knallte das Stück Holz, es schien, als habe Rogers genau Maß genommen. Damit hatte er eine empfindliche Partie des Angreifers getroffen – der Hai schloß sein mörderisches Maul und tauchte. Seine Dreiecksflosse verschwand, und dann war er nur noch ein Schemen unter Rogers und Finnegan, als er in Richtung auf das Vordeck der Galeone davonraste.

      Finnegan nutzte seinen Vorteil aus und war mit einer einzigen ruckartigen Bewegung seiner Arme und Beine bei Rogers. Der große Mann half ihm auf die Wanten, sah sich grimmig nach weiteren Haien um, die allzu nah an die Webeleinen heranschwammen – und schlug noch einmal mit seiner primitiven Waffe zu. Diesmal erwischte er den Rücken eines Haies und prügelte derart wild auf das Tier ein, daß dieses sein ursprüngliches Vorhaben vergaß.

      Statt nach ihren Beinen zu schnappen, entfernte sich der Hai aus der Reichweite der auf und nieder zukkenden Planke. Finnegan und Rogers konnten höher entern, und danach war die Gefahr vorbei.

      Die Haie, ein aufgebrachtes Rudel blutrünstiger Rächer jetzt, zogen heftig ihre Kreise und wühlten das Wasser um den Großmast herum auf. Mit gelindem Grauen blickten die drei Holländer auf das Treiben. Insgeheim bewunderte Reuter sogar den Mut der Engländer, aber er hätte dies niemals offen zugegeben.

      Finnegan und Rogers kehrten auf den Großmars zurück, Finnegan stellte die Pütz neben sich ab. Er setzte sich am Rand nieder, ließ die Beine baumeln, beobachtete eine Weile die Haie und sah dann zu Rogers.

      „Hast du noch alles?“ fragte dieser. „Haben sie dir nichts abgebissen?“

      „Wirklich nicht“, erwiderte Finnegan, und dann lachten sie beide.

      Reuter sagte gehässig: „Eine feine Errungenschaft habt ihr da erworben. Eine Pütz! Ist das nicht herrlich? Na, wenn die Langeweile allzu groß wird, können wir ja Fangball damit spielen.“

      Er lachte, und Marten und Pravemann stimmten mit ein. Ihr Gelächter klang bösartig, es war eine offene Warnung an Jack Finnegan und Paddy Rogers.

      Sir John, der karmesinrote Aracanga, hatte sich auf einen Erkundungsflug begeben. Die schützende Nähe Edwin Carberrys hatte er schon vor gut einer halben Stunde verlassen und war in südlicher Richtung verschwunden.

      Der Profos begann bereits, besorgt nach ihm Ausschau zu halten.

      „Was ist denn, Ed?“ fragte Dan O’Flynn. „Du glaubst doch wohl nicht, Sir John sei was zugestoßen, oder?“

      „Unsinn. Ich will nur nachsehen, ob da irgendwo Karawanen sind.“

      „Eigentlich wäre das nicht schlecht“, sagte Big Old Shane. „Diese Beduinen haben bestimmt noch keinen Papagei gesehen, und wenn, dann wahrscheinlich keinen so schönen. Könnte sein, daß sie Sir John anlocken, ihn einfangen und mitnehmen. Na, Ed, wie wäre das? Dann wärst du ihn endlich los.“

      „Ach, halt doch das Maul, du Bollerkopf“, brummte Carberry.

      „Wie denn? Was denn?“ tat nun der Kutscher überrascht. „Das hört sich ja fast so an, als wäre dir doch was an dem Tierchen gelegen, Mister Carberry. Aber merkwürdig ist das

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