Скачать книгу

meinte, ich wäre dick!!!«, rief ich zu meiner Verteidigung.

      Frau Nilsson musterte mich skeptisch über den Rand ihrer Brille hinweg und warf einen abschätzigen Blick auf meine Figur.

      Überleg dir guuut was du jetzt sagst! Sonst bin ich meinen Job und du deine Zähne los!

      Aber als Antwort kam nur ein »Tss!«

      »Der Kittel trägt ja wohl extrem an den Hüften auf!«

      »Pff!«

      »Und auch am Hintern!«

      »Aha!«

      »Und am Bauch ist er ebenfalls unvorteilhaft geschnitten …«

      »Na ja!«

      »Ich bin NICHT DICK!!!«

      »Darum geht es hier auch nicht! Ich bin nicht hier um über ihre Figur zu diskutieren!«

       Nein? Also ich würde das jetzt schon gern ausführlich erörtern!

      Sie fischte eine Akte aus dem Papierstapel und klappte sie triumphierend auf!

      »Hier haben wir es! Über 112 Beschwerden!«

       Ich bin ja auch schon ein paar Jahre da …

      »3x unentschuldigtes Fehlen!«

      »Da war meine Tante gestorben!«

      »Dreimal hintereinander?«

      »Nun sie hatte eine schwere Phase …«

       Okay, das Gespräch läuft etwas suboptimal grade …

      »Und …«, meine Chefin machte eine dramatische Pause, » …52 Minus-Sternchen!«

       Und schon sind wir wieder an dem Punkt, an dem es mir ein klein bisschen schwer fällt dich ernst zu nehmen.

      »Niemand im ganzen Laden hat so viele Minus-Sternchen wie Sie!«

       Ja und ich weine mich deswegen auch jede Nacht in den Schlaf.

      »Tja was soll ich sagen? Ich versuche eben in Allem die Beste zu sein!«, grinste ich Frau Nilsson provokant an.

      »Sie finden das offenbar alles sehr komisch«, zischte sie wütend.

       Ja irgendwie schon.

      »Dann werde ich jetzt mal Klartext reden! Sie sind seit Jahren eine gute Mitarbeiterin und arbeiten sehr effizient, aber ich dulde nicht länger ihr unangebrachtes Benehmen! Ich erwarte Teamwork und Interesse an unserem Unternehmen und Freundlichkeit gegenüber den Kunden! Also reißen Sie sich am Riemen, sonst hat das Konsequenzen!«

      »Ein weiteres Minus-Sternchen?«, fragte ich freundlich lächelnd.

      »Mitnichten! Dieses Mal habe ich etwas anderes im Sinn!«, presste sie wütend hervor.

      »Oh nein!«, rief ich gespielt besorgt. »Ein Negativ-Smiley? Bitte nicht der mit der Träne. Da werde ich immer so traurig …«

      Das war dann doch eines zu viel für meine Chefin. Sie schoss vom Stuhl empor und fuchtelte mit ihrem Zeigefinger energisch vor meinem Gesicht herum.

      »Frau Schwarz, wenn Sie nicht auf der Stelle ihr freches Mundwerk …«

      In diesem Moment ging die Tür zum Büro auf und Herr Jens stiefelte hinein.

       Oh Mann! Bin ich hier wieder in ein Treffen der anonymen Vollpfosten geraten? Der hat mir gerade noch gefehlt!

      »Ich störe doch nicht etwa?«, fragte er das Offensichtliche.

       Doch enorm! Und zwar seit deiner Geburt …

      Meine Chefin sah das anders. Sie war augenblicklich wie verwandelt und die reißende Furie von vor ein paar Sekunden war nun urplötzlich ein schüchternes 16-jähriges dickes Mädchen mit Zahnspange und spielte sich verlegen an den Haaren herum.

      »Herr Jens. Sie stören nie. Das wissen Sie doch! Sie sind schließlich einer unserer besten Mitarbeiter!«

       Ui da kam grad ein bisschen Frühstück mit hoch.

      Herr Jens grinste großkotzig und antwortete: »Da werde ich Ihnen nicht widersprechen. 11x hintereinander Mitarbeiter des Monats. Und ich denke auch verdient. Ich bewege etwas im Laden und löse etwas in unseren Kunden aus.«

       Ja Würgereiz!

      »Aber bei so einer tollen Chefin ist das ja auch nicht schwer!«, säuselte er weiter.

       Okay, jetzt meldet sich sogar schon das Abendessen von gestern.

      »Sie Charmeur!«, lachte meine Chefin und winkte lapidar mit einer Hand ab.

       Schleimer wäre wohl eher das Wort, das ich gewählt hätte, aber gut …

      Das zwischen den Beiden etwas lief war hier ein offenes Geheimnis. Nur offenbar war den Beiden nicht klar, dass die gesamte Belegschaft schon darüber Bescheid wusste.

      »Wir müssen nachher noch in Ruhe den Einsatzplan für nächste Woche besprechen. Kommen Sie doch später in mein Büro.«, flötete meine Chefin.

      »Das mache ich sehr gerne!« Herr Jens schnappte sich die Papiere für die er gekommen war, zwinkerte Frau Nilsson zu und verließ das Büro.

      Meine Chefin schaltete sofort wieder um. »Wir waren fertig, oder?«

      »Ja, ich denke wir sind fertig. Viel Spaß beim »Plan« machen.«

      Ich wollte gerade das Büro verlassen, als meine Chefin mich stoppte.

      »Wie bitte?«, fragte sie irritiert.

      »Nun, ich meine Sie sollten nachher mit Herrn Jens den Plan mal ordentlich durchgehen.«

      »Ich ähm … Was?«

      »Ja nehmen Sie den Plan so richtig ran und arbeiten Sie ihn lange, intensiv und ordentlich durch, bis Sie sich beide komplett befriedigt zurücklehnen können!«

      Frau Nilsson schien jegliche Farbe aus dem Gesicht zu fallen und zum ersten Mal erlebte ich Sie sprachlos.

      »Letztes Mal gab es doch Probleme mit der Planung und ich soll mich doch mehr einbringen. Deswegen begrüße ich sorgfältiges Arbeiten!«

      »Ähm ja, ach so. Na das ist ja schön!« Nervös wandte sich Frau Nilsson wieder ihrem Bürotisch zu und ihr geschocktes Gesicht war eine Genugtuung für mich. Sie konnte ruhig wissen, dass alle von Ihrer Affäre wussten. Ich verließ triumphierend das Büro. Diese blöde Schnepfe würde mich nicht aus der Fassung bringen. Da brauchte es schon schwerere Kaliber …

      »Hallo, Emma!« Diese Stimme … Ich drehte mich um und da stand er. Tom. Gutaussehend, lächelnd und mit Augen in denen man sich verlieren konnte.

      Und das … brachte mich vollkommen aus der Fassung …

      Kapitel 9

      Als hätte mich der Liebesgott Amor erst geküsst und mir dann einen Feuerlöscher ins Gesicht gerammt, stand ich dämlich lächelnd, paralysiert und ohne einen klaren Gedanken fassen zu können vor Tom. Er war es. Er war es wirklich … Der Mann, der mich vor vielen Jahren meiner Sinne beraubte, mir die schönste Zeit meines Lebens verpasste, der mich mit seinem Antrag in den 27. Himmel katapultierte und der dann am Tag der Hochzeit nicht erschien, weil er kalte Füße bekam. Der Mann, der mich das schönste Gefühl der Welt erfahren ließ und der mir anschließend die schmerzhafteste Enttäuschung meines Lebens bereitete. Jahrelang hatte ich penibel genau geplant, was ich ihm sagen würde, welche Schimpfworte ich ihm um die Ohren knallen und in welche Körperteile ich besonders hart reinschlagen würde. Er sollte spüren und verstehen, was er mir angetan hatte.

      Dieser Moment war nun gekommen … All das konnte ich nun rauslassen. Mit den wüstesten Beschimpfungen

Скачать книгу