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sah mich nicht an. Sein Blick war stur auf das inzwischen leere Glas gerichtet.

      »Wie wird die Welt denn untergehen? Was wird passieren?«

      Ich brauchte konkrete Informationen wenn ich Luca helfen wollte und mir gingen allmählich die Ideen aus. Hilflos versuchte ich seinen Blick wieder zu gewinnen, aber es war als wäre er versteinert.

      »Kommt da eine Naturkatastrophe? Eine Überschwemmung vielleicht?

      Wieder keine Reaktion.

      Ich war mit meinem Latein am Ende. Aus dem Jungen war einfach nichts herauszubekommen …

      Plötzlich fiel mir Kikumi ein und ihr Traum von dem sie erzählt hatte. Sollte ich es erwähnen? Es war nur das Gefasel einer alkoholisierten Spinnerin gewesen und ich wollte Luca nicht noch mehr verschrecken, aber es war die einzige Idee die ich noch in Reserve hatte.

      Ich berührte ihn vorsichtig am Arm und sagte leise: » Luca, meinst du ein Erdbeben?«

      Mit aufgerissenen Augen wand sich Luca ruckartig zu mir um und sah mich entsetzt an. »Du weißt von dem Erdbeben? Wie kannst du davon wissen?«

      Erschrocken über seine plötzliche Reaktion wich ich ein Stück zurück. Ich spürte wie eine Gänsehaut sich auf meinem Arm bildete und ein Schauer meinen Rücken herabrieselte. Langsam wurde mir das hier alles zu schräg.

      »Nein Luca!«, antwortete ich hysterisch. »Ich weiß nichts von einem Erdbeben. Ich weiß gar nichts. Ich weiß nur, dass meine bescheuerte Nachbarin seltsame Träume hat und dass du meine Hilfe willst um die Welt zu retten und bei aller Liebe, aber diese Untergangstheorien sind mir einfach zu surreal!«

      Luca sah mir verwirrt zu, wie ich ziellos durch meine Küche tigerte und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen. Sein verständnisloser Blick verriet mir, dass er wohl ebenfalls begann an meinem Verstand zu zweifeln. Super, dann waren wir schon mal zwei.

      »Was ist das mit dem Erdbeben?«, fragte ich in einem ruhigeren Ton.

      Luca biss sich auf die Unterlippe und schien unentschlossen ob er etwas sagen sollte oder nicht.

      »Luca bitte!«, zischte ich ungeduldig. »Ich kriege gleich Besuch und habe nicht viel Zeit. DU bist zu mir gekommen und willst meine Hilfe. Also spuck es aus. Was für ein Erdbeben meinst du?«

      Luca sah mich einen Moment an und lächelte traurig.

      »Es sind drei...«, flüsterte er so leise, als hätte er Angst, dass wir belauscht werden könnten.

      »Drei?« Wieder spürte ich die Gänsehaut auf meinem Arm.

      »Das erste wird ganz leicht. Ehe man begreift was passiert, wird es wieder vorbei sein. Das zweite wird stärker … Dinge werden kaputt gehen, aber jeder wird es wohl gut überstehen … Dann kommt das Dritte … Es wird gewaltig … Straßen werden verschwinden und …«

      Die schrille Türglocke ließ Luca verstummen.

      TOM!

      So ein Mist! Sein Timing war schon immer grauenhaft gewesen. Bei unserem ersten Date kam er zwei Stunden zu früh und fiel dann vor Schreck rückwärts die Treppen hinunter, als ich ihm im Bademantel mit meiner Ingwer-Aloe-Vera-Maske die Tür öffnete. Beim ersten Treffen mit meinen Eltern kam er zwei Stunden zu spät, woraufhin mein Vater so sauer war, dass er Tom am liebsten auf den Buffettisch gepfeffert hätte. Und auch heute kam er denkbar ungünstig, wenn auch pünktlich.

      Die Klingel schellte ein zweites Mal und Luca suchte ängstlich nach einem Ausweg.

      »Du musst keine Angst haben, Luca! Das ist nur mein Ex Tom. Der tut keinem was. Also … Na ja gut, er kriegt einen dazu, sich in ihn zu verlieben und ihn heiraten zu wollen und sein ganzes Leben um ihn herum aufzubauen, so dass du nicht mehr ohne ihn leben kannst und praktisch völlig abhängig bist und jede Sekunde mit ihm verbringen willst. Nur um dir dann anschließend bestialisch das Herz in tausend Stücke zu zerreißen und dich mit den schlimmsten Schmerzen, die du je empfunden hast allein zu lassen … Aber sonst ist er eigentlich ganz harmlos.«

      Luca starrte mich mit offenem Mund an und raunte: »Oh je …Du hast ja ne Vollscheibe.«

      »Ich ähm … Was? Na danke! Ich habe keine »Vollscheibe«. Was auch immer das sein mag!«, zischte ich säuerlich.

      Luca grinste. »Oh doch! Du hast ne totale Vollscheibe!«

      Langsam verlor ich mein Mitleid mit diesem frechen Gör.

      »Und so jemand soll die Welt retten? Ich frage mich, was die sich dabei gedacht haben …«, murmelte Luca ungläubig zu sich selber.

      »Ja! Ganz meine Rede! Wer sich das überlegt hat, hat definitiv nicht mehr alle Pfannen auf der Reihe!«

      Als es das dritte Mal energisch klingelte, öffnete ich die Tür einen Spalt und sah einen genervten, aber verdammt gutaussehenden Tom mit Blumen vor der Tür stehen. Er hob skeptisch eine Augenbraue und fragte bissig: » Hattest du vor mich noch heute reinzulassen oder komm ich grad irgendwie ungünstig?«

      Überfordert mit der Situation blickte ich nervös zwischen Luca und Tom hin und her.

      »Ja, es ist grad irgendwie schlecht!«, stammelte ich. »Ich hab da noch diese Sache, die ich zu Ende bringen muss.«

      »Dir ist aber schon klar, dass wir für jetzt verabredet sind, oder?«

      »Tom, wir waren vor 7 Jahren schon einmal verabredet vor dem Standesamt. Soweit ich mich erinnere, war ich an dem Tag da …«, antwortete ich zynisch.

      Tom zog eine Grimasse und versuchte durch den Türspalt zu schielen.

      »Du hast jemanden bei dir, oder? Musst du mit einem deiner zahlreichen Lover noch eine Nummer zu Ende bringen?«

      »Ich … Was? Nein! Sag mal, was denkst du denn von mir?« Meine Stimme wurde schärfer.

      »Na du hast doch selber erzählt, dass du so viele Dates hast …«, verteidigte sich Tom beleidigt.

      War Tom gerade eifersüchtig? Mir gefiel die Richtung, in die sich das Ganze entwickelte.

      »Ich habe keinen Besuch … Also nicht soo einen Besuch. Ich ähm … Ach scheiß drauf!«

      Ich öffnete die Tür und mit einer Handbewegung stellte ich die Beiden einander vor.

      »Tom – Luca! Luca – Tom!«

      Toms Kinnlade schien auf den Boden zu knallen. Seine Augen weit aufgerissen stammelte er: »Ist der von dir? Wie alt ist der? 6? 7?«

      Sein Gesicht schien gleichzeitig knallrot und leichenblass zu sein und verriet das der Herzinfarkt nicht mehr lange auf sich warten lassen würde.

      »Emma, oh mein Gott! Warum hast du nichts gesagt? Ist das mein …? Oh Gott mir wird schlecht!«

      Tom krallte sich so stark an meinem Türrahmen fest, dass ich Angst hatte, dass er Kratzspuren hinterlassen würde.

      Wie gerne hätte ich jetzt geantwortet: »Ja Tom. Das ist dein Sohn, den du jahrelang vernachlässigt hast und der endlich seinen Vater kennenlernen will …«, aber ich wollte keinen toten Tom auf meiner Türschwelle haben, denn dieser Satz hätte ich höchstwahrscheinlich die Lichter ausgeblasen.

      »Beruhige dich Tom! Das ist nicht mein Sohn. Das ist …« Ja was sollte ich sagen? Ein fremder Junge, der mich im Supermarkt angesprochen hat, der jetzt bei mir in der Küche saß und mir erzählt hat, dass die Welt untergehen wird?« Das klang weder glaubwürdig noch legal.

      »Das ist nur ein Junge, auf den ich aufpasse!«

      Tom sah skeptisch zu Luca. »Aha! Und wozu? Du hast doch selber kaum Freizeit bei deinem Job! Und ich kenne dich. Deine Freizeit ist dir heilig!«

      »Ja er …« Mist, mir muss schnell etwas einfallen. Ich flüsterte zu Tom: »Er ist etwas zurückgeblieben und ich mach das ehrenamtlich!«

      »Ich bin überhaupt nicht zurückgeblieben!«, protestierte Luca und warf mir einen

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