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mich aus meinen Tagträumen. Gleichgültig ließ ich es klingeln. Ich war zu faul um aufzustehen …

      Als der Anrufbeantworter ansprang und ich die Stimme hörte, blieb mir aber fast die Luft weg.

      »Hallo Emma … Ich bin’s … Tom … Ähm … Wie geht’s dir so... Ist lange her … Hoffe bei dir ist alles gut … Also ich … Ähm ich wollte dir nur sagen, dass ich wieder in der Stadt bin … Ich bin wieder hergezogen … Hab mich beruflich ein bisschen verändert … Ja und ich ähm … vielleicht könnten wir uns mal treffen und reden … Ist viel passiert … Also ich fände es gut, wenn das klappt … Ich komme morgen mal in dem Laden vorbei … Hoffe du arbeitest noch da … Dann können wir das ja kurz besprechen... Schönen Abend dir …Ciao!«

      Paralysiert starrte ich auf das Telefon. Mein Herz pumpte so rasend schnell, dass ich Angst hatte ohnmächtig zu werden. Allein seine Stimme zu hören, brach alles wieder auf.

      Tom … Meine große Jugendliebe! Der Dreckskerl hatte mir so wehgetan wie noch kein Mensch je zuvor. Ich habe Monate damit verbracht zu heulen und Jahre damit ihn zu hassen, zu verfluchen und ihm zu wünschen, dass ein Klavier auf ihn fallen würde oder dass er den unwiderstehlichen Drang verspüren würde gegen eine Steinmauer zu laufen oder einen Elektrozaun anzufassen. Immer und immer wieder …

      Jetzt hörte ich seine Stimme und ich wünschte mir nichts mehr, als von ihm in die Arme genommen zu werden …

       Gott, ich bin so kaputt!!

      »Nein Tom!!! Ich lasse nicht mehr zu, dass du solche Macht hast über mich. Ich werde dir morgen so fest in dein blödes, hübsches Gesicht schlagen, das du nicht mehr weißt, wie viele Engelchen gerade um deinen Kopf fliegen.«, schwor ich mir selbst.

      Plötzlich hämmerte jemand so laut gegen meine Tür, das ich fast von der Couch flog. Soviel zum Thema: Den Abend ruhig ausklingen lassen … Artemis floh ins Schlafzimmer und verkroch sich unter dem Bett und ich schlich zur Tür. Wieder klopfte jemand energisch.

       Hoffentlich kein irrer Killer …

      Ich blickte durch den Spion. Na ja das »Killer« konnte ich streichen, das »irre« leider nicht.

      Genervt öffnete ich die Tür.

      »Kikumi, was ist denn los? Was hämmerst du denn wie wild an meine Tür?«

      Meine Nachbarin lächelte mich verklärt an. Sie war schon wieder high. Oder betrunken. Oder Beides …

      »Ich habe den Klingelknopf nicht gefunden … Irgendwie ist dieses Mistding auch jedes Mal woanders …«, schimpfte sie murmelnd.

       Oh Gott! Bingo! Die hat wieder voll einen sitzen.

      »Emma ich muss dir was extreeeem Wichtiges sagen!!«, presste sie zwischen den Lippen hervor, während sie mit einer Hand versuchte sich am Türrahmen festzuhalten.

      Das sah so bescheuert aus, dass ich nicht anders konnte als laut zu lachen und schon Sekunden später lachte sie mit.

      Irgendwie mochte ich Kikumi. Sie war eine junge, lebensfrohe sehr kleine, zierliche Frau mit einem Herzen aus Gold. Ihr asiatisches Aussehen hatte sie von ihrem Vater, einem Japaner, geerbt. Aber aufgezogen wurde sie von ihrer Mutter hier in Bottrop. Sie sah irgendwie immer wie ein Manga auf Droge aus und ich war mir nicht sicher welche Drogen sie überhaupt alles einwarf. Sie schwor zwar »nur« zu kiffen und dabei ein »wenig« Alkohol zu trinken, aber das war bei ihren geistigen Aussetzern manchmal schwer zu glauben …

      »Was musst du mir denn Wichtiges sagen?«, fragte ich noch immer schmunzelnd.

      Kikumi machte ein ernstes Gesicht und lallte: »Ich habe es irgendwie vergessen, aber es war sehr wichtig!« Dabei wehte mir eine dezente Alkoholfahne um die Nase, die mich kurz aufstoßen ließ.

      »Hast du einen sitzen oder bloß wieder neues Gras ausprobiert um zu sehen wie deine Wohnung mit anderen Farben aussieht?«

      Kikumi schickte mir einen bösen Blick und zischte: »Das ist eine üble Verleud … Verleuu … Ich bin nicht IMMER high, okay? Du hast keine Beweise!«

      »Süße, du hast keine Hose an!«

      Kikumi sah an sich herunter und starrte ihre nackten Beine an …

      »OH!!«, rief sie, als würde ihr plötzlich einiges klar werden. »DAS erklärt jetzt einiges … Ich hatte mich schon gewundert wieso das untenrum so luftig und bequem ist. Hatte sogar schon nach dem Kassenzettel gesucht, weil ich mir noch so eine kaufen wollte … Trage ich denn einen Slip?«

       Ich HOFFE es, aber ich werde definitiv nicht nachsehen!

      »Kikumi!« Langsam verabschiedete sich dann doch die Geduld! »Ich habe morgen Frühschicht und möchte gern ins Bett. Wenn es dir also nichts ausmacht …«

      »Was stehst du hier eigentlich im Hausflur rum?«, fragte mich Kikumi irritiert und mit einem: »Komm doch rein!«, schob sie sich an mir vorbei in meine Wohnung!

      »Das … ähm … ist meine Wohnung!«, murmelte ich, aber Kikumi hörte es entweder nicht oder ignorierte es gekonnt.

      Nachdem sie sich selbst in meine Wohnung eingeladen hatte, ließ sie sich auf die Couch fallen und beobachtete fasziniert den Regen, der gegen mein Fenster prasselte …

      »Hast du was zu Trinken da?«

      Missmutig stapfte ich zum Kühlschrank, wohlwissend, dass mich da nicht viel erwarten würde.

      »Ich habe Johannisbeersirup, ein altes Ginger Ale ohne Kohlensäure und ähm … Senf!«

      Kikumi verzog das Gesicht. »Igitt! …Wobei auf Senf hätte ich Bock …«

      Jetzt war es an mir das Gesicht zu verziehen, aber ich kannte Kikumi und mich wunderte nichts mehr. Ich stellte ihr das Glas Senf mit einem Löffel hin und sie schnappte es sich sofort.

      »Hast du was zu Rauchen da?«

      »Ich rauche nicht!«

      »Hmmm … Du solltest damit anfangen! Du verpasst was!«

      Wieder verzog ich das Gesicht. »Schleimiger Auswurf, Raucherhusten, zittrige Hände und einen langsamen qualvollen Tod durch Lungenkrebs? So verlockend das auch alles sein mag, aber ich passe!«

      »Du bist langweilig!«, stellte Kikumi fest und stopfte sich den nächsten Löffel Senf in den Mund.«

       Gut. Ich denke damit kann ich leben.

      »Dein ganzes Leben ist langweilig. Du arbeitest in einem Supermarkt, rauchst und trinkst nicht und lebst hier allein in der Wohnung. Oh ich vergaß, da gibt es ja noch diese imaginäre Katze!« Bei dem Wort »Katze« nahm Kikumi ihre Hände um Gänsefüßchen darzustellen.

      »Wieso denn imaginär?«, seufzte ich.

      Kikumi legte sich auf die Couch um es sich bequem zu machen und meine Hoffnung auf eine baldige Verabschiedung von Kikumi verabschiedete sich ihrerseits.

      »Weil ich diese »Katze« noch nie gesehen habe!«, stellte Kikumi mit detektivischem Spürsinn fest.

      »Kikumi!«, stöhnte ich. »Artemis saß bei dir schon auf dem Schoß! Du hast ihn schon gestreichelt …«

      Kikumis prüfender und konzentrierter Blick verriet, dass sie krampfhaft nachdachte.

      »Hmm warte … So eine grau getigerte, mit weißem Hals und einem braunen Punkt über dem rechten Auge?«

      »Genau die meine ich!«

      Kikumi überlegte noch ein paar Sekunden und sagte dann überzeugt: »Nee tut mir leid, die kenne ich nicht!«

      »Kikumi, willst du nicht bald wieder nach Hause? Ich muss echt früh raus, also …«

      Doch abermals überhörte Kikumi gekonnt den sanften Rauswurf.

      »Wie läuft es mit den Männern?«

      »Gar nichts

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