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König keinen Treueid geleistet habe. Daraufhin ließ Karl der Große einen Teil der Aufständischen nach Italien verbringen, um ihm und seinen Nachkommen die Treue zu schwören. Dies gilt als erster urkundlich erwähnter Treueid gegenüber Karl dem Großen. Auf dem Rückweg ließ Karl die Aufständischen blenden und konfiszierte ihre Güter.

      Über das weitere Leben Hardrads ist nichts bekannt, vermutlich wurde er des Reiches verwiesen.

       Der Aufstand des Bayernherzogs Tassilo

      König Karl empfing Boten, gab Audienzen, führte Einzelgespräche, sandte Schreiben an ganz unterschiedliche Verantwortungsträger, veranstaltete abends seine geliebten Symposien oder scherzte mit seinen Töchtern.

      Immer häufiger frönte er in den häufig angenehmen Frühlingstagen seiner Jagdleidenschaft.

      Im Monat Mai anno 788 überschlugen sich dann die Ereignisse. Aus Bayern erging sich Herzog Tassilo, der Vetter des Königs, in despektierlichen Reden gegen König Karl. Angeblich von seiner unversöhnlichen langobardischen Gattin Luitberga aufgestachelt, suchte Tassilo verzweifelt den Rückhalt, den sein verstorbener beneventianischer Schwager Herzog Arichis von den Byzantinern hatte, in einem Bündnis mit seinen östlichen Nachbarn, den heidnischen Awaren im mittleren Donauraum gegen den Frankenkönig zu gewinnen. Es wurde ihm von den Franken sogar vorgeworfen, er habe auf Drängen seiner Gemahlin Luitberga mit der oströmischen Kaiserin Irene korrespondiert und ihr ein Bündnis Bayern-Konstantinopel-Awaren vorgeschlagen, um damit die italienischen Truppen des fränkischen Königs zu binden. Die Vorwürfe gegen den Herzog bestätigten sich sehr schnell, als dem König gemeldet wurde, dass sich jenseits der Enns awarische Reitertruppen zu einem Entlastungsangriff gegen den fränkischen König und zugunsten Tassilos formiert hätten.

      „Ich hab’s geahnt“, sagte der König voller Zorn zu seinen umstehenden Beratern und schlug sich mit der geballten Rechten wieder und wieder in die linke offene Handfläche. „Hinter den Absichten meines meineidigen Vetters Tassilo steckt ein Plan, alles ist Absicht, alles ist Intrige“, konnte sich Karl nur schwer beruhigen. „Ich verstehe diesen Mann nicht“, sagte Karl kopfschüttelnd zu Angilbert und Theodulf, die gerade neben ihm standen.

      „Er muss doch wissen, dass er keine Unterstützung mehr findet, weder bei den bayerischen Edlen noch bei den Kirchenfürsten Bayerns oder beim Papst“, bestätigte Theodulf des Königs Einschätzung.

      „Was macht er denn? Rüstet er gegen uns?“, fragte der König.

      „Nein, er verteilt Gold und Silber an seine Klöster, schenkt Ländereien an die Kirche und lässt im ganzen Herzogtum Messen für sich lesen“, antwortete Angilbert, der die Meldungen aus Bayern gesammelt und koordiniert hatte.

      „Mein Vetter hat Angst“, sagte König Karl. „Aber Tassilos Stolz ist stärker als sein Verstand. Und sein ehrgeiziges Weib Luitberga wird zu seinem dümmlichen Verhalten sicherlich auch ihren Beitrag geleistet haben. Aber nun gut, dann soll er sehen, wohin ihn seine Unvernunft führt!“

      Karl reagierte umgehend und befahl seinem Heerführer Theoderich mit fünf Hundertschaften seiner fränkischen Scaras und mit weiteren alemannischen, ostfränkischen und thüringischen Reiterkontingenten dieser Herausforderung zu begegnen und Flagge zu zeigen. Theoderich wurde angewiesen, Kampfhandlungen nur auf fränkischem Hoheitsgebiet anzunehmen. Dann wurde durch Boten Markgraf Erich von Friaul und auch Graf Adalhard am Hof von Karls Sohn Pippin in Padua Kenntnis über die eingetretenen Ereignisse gegeben. Beide erhielten den Befehl, ein Reiterkontingent von jeweils fünfhundert Scaras in Alarmbereitschaft zu versetzen, um gegebenenfalls die Truppen des Theoderich rasch unterstützen zu können.

      Die entsprechenden Dekrete zur Einberufung der Kontingente hatte Karl unterzeichnet und am gleichen Tag durch Boten auf den Weg bringen lassen. Herzog Tassilo konnte sich offensichtlich nicht damit abfinden, dass der fränkische König im Vorjahr mit drei Heeressäulen gegen ihn gezogen war und ihn in demütigender Weise auf dem Lechfeld zu Augsburg einen Vasalleneid hatte leisten lassen. Auch die Stellung von dreizehn Geiseln, darunter sein ältester Sohn und designierter Nachfolger Theodor, hatte Tassilo sehr gedemütigt und zeugte nunmehr von seinem geminderten Rang. Selbst Papst Hadrian hatte Tassilos Autonomiebemühungen durchkreuzt, eine Reihe der hohen bayerischen Geistlichkeit und auch des bayerischen Adels hatten daraufhin oft sehr opportunistisch, nur ihren eigenen Vorteil bedenkend, die Seiten zu König Karl gewechselt. Die Schmähreden und treulosen Machenschaften Tassilos und seines Eheweibs Luitberga gegenüber König Karl konnten somit nicht verborgen bleiben und drangen vielmehr ungeschminkt von der Residenz des bayerischen Herzogs Tassilo in Regensburg zur Pfalz des Frankenkönigs in Ingelheim. Damit dieser bayerische Rebell endlich seine Versuche aufgebe, sich aus dem fränkischen Staatsverband zu lösen, musste König Karl vor aller Öffentlichkeit ein Exempel seiner Macht demonstrieren. Es fiel Karl daher nicht schwer, Tassilo im Juni 788 nach Ingelheim zu zitieren, dort seinen Anklägern, den nach Aussagen der Reichsannalen getreuen Bayern, gegenüberzustellen.

      Das Drama um den Bayernherzog und seine Familie nahm seinen Lauf. Herzog Tassilo erschien nicht als demütiger Sünder in Ingelheim oder als unbotmäßiger Vasall, der beim fränkischen König Abbitte zu leisten hatte, sondern traf mit großem Gefolge als ein unabhängiger Reichsfürst ein, der dem Ruf des Königs folgt. Er wusste wohl, dass dies sein letzter Auftritt war und so entfaltete er nochmals allen Glanz. Hoch zu Ross, umgeben von Hofbeamten, einigen Grafen und Bischöfen, strebte Herzog Tassilo auf das Westtor und den Innenhof der Pfalz zu. Auf seinem Kopf funkelte die Lilienkrone, in seinem linken Arm ruhte das Zepter, seine rechte Hand umfasste den Knauf des edelsteinbesetzten Prunkschwertes. Sein stolzes Gesicht zeigte keine Spur von Angst und Unsicherheit, selbst dann nicht, als seinen Begleitern der Zugang zum Innenhof verwehrt und seinem gesamten Tross bedeutet wurde, vor der Pfalz zu lagern. Wer als Betrachter dieses Vorgangs nicht erkannte, dass hier ein Gedemütigter und Gestürzter sich in die Hände seiner Richter begab, konnte meinen, Herzog Tassilo nehme in allen Ehren an einer Reichsversammlung des Königs teil.

      Der fränkische König schritt jetzt mit Erzkaplan Angilram, Karls Berater Theodulf, Alkuin, Bischof Arno von Salzburg und Kanzler Richbot die Holztreppe hinunter, die von der Königshalle zum Innenhof führte. Als der König mit seinen Beratern im Innenhof angelangt war, reichte Tassilo sein Zepter an Arno von Salzburg, stieg sehr behände vom Pferd und umarmte den König. Der König ließ die Umarmung seines Vetters ohne jegliche Gefühlsregung zu und führte ihn ohne ein Wort zu verlieren zu Graf Meginfred, der nach dem Tod von Haimo als neuer Pfalzgraf bestellt war. Meginfred bat ihn um sein Schwert und teilte dem Herzog mit, er sei festgenommen, bis das Gericht über seine Verbrechen entschieden habe. Die umstehenden Zuschauer wunderten sich, dass Tassilo sich durch diese Vorkommnisse nicht überrascht zeigte und keine Anstalten machte, sich gegen diese unehrenhafte Entwaffnung und anschließende Einkerkerung zu sträuben.

      Um Tassilo Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, wurde auch seine Ehefrau Luitberga als Drahtzieherin und Feindin des Frankenreichs mitangeklagt. Karl schickte eine Gesandtschaft nach Regensburg, um die Herzogin Luitberga mit ihrem Sohn Theotbert sowie den Töchtern Hroddrud und Cotani nach Ingelheim zu holen. Theodo, der designierte Thronfolger und älteste Sohn Tassilos lebte ohnehin seit letztem Jahr als Geisel des Königs im Kloster St. Goar am Rhein.

      Nach einigen Tagen der Vorbereitung trat eines Morgens, eine Stunde nach Sonnenaufgang, im Innenhof der Pfalz unter Vorsitz Erzkaplans Angilram das Gericht aus weiteren zwölf Großen des Reichs zusammen, um über die Schuld Tassilos zu befinden. Im Innenhof, vor der Pfalzkapelle, waren Stühle für König Karl, die Richter, für Ankläger und Verteidiger des Angeklagten aufgestellt.

      Eine große Schar von Zuschauern hatte sich im Hof auf Bänken oder auch auf Holzpodesten stehend eingefunden, die Menschen unterhielten sich flüsternd, doch sie verstummten sofort, als die Fanfarenbläser das Erscheinen des Königs ankündigten. Karl trat aus der Pfalzkapelle in den Innenhof, gefolgt von seinen Beratern, den Grafen, Bischöfen und Äbten aus Bayern, aus Lombardien, Sachsen und aus dem Frankenland. Der König nahm auf einem Feldstuhl Platz. Er trug seine gewohnte Kleidung: Wams, geschnürte Hose, einfache derbe Stiefel und wegen der morgendlichen Frische

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