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marschiert, während die richtige deutsche Armee, die Bundeswehr, in Afghanistan einen richtigen Krieg führt, in den sie allerdings nicht mit Rollkoffern zieht und ausrückt, sondern mit Rucksäcken. Schließlich müssen Soldaten für ihre ganz spezifische Form des Multitasking beide Hände frei haben.

      Erst wenn Soldaten in den Aggregatzustand »Held« versetzt werden, winkt ihnen der Rollkoffer nach Hause. Ihr oberster Dienstherr hat naturgemäß den größten Rollkoffer von allen. Er ist aus edlem Zink gemacht, und während sein Besitzer das riesige Trumm hinter sich her zerren lässt, spricht er mit Stentorstimme in die Kameras: »Ich bringe die deutschen Soldaten in ihre Heimat zurück.« Zu ihren toten Schwiegermüttern, nehme ich an.

      Plagiator II

      Guttenberg wird Film

      Nach der Absetzung des Plagiators im politischen Theater wird das Leben von Karl-Theodor zu Guttenberg auch ein Film: »Plagiator II – Die Rückkehr« soll so schnell wie möglich ins Kino kommen. Produzent Til Schweiger, wegen seiner Stimme auch »Quäki ningelt wieder« genannt, trat allerdings Behauptungen entgegen, dass es sich bei dem geplanten Film um ein Abschreibungsprojekt handele.*

      In »Plagiator II« soll Karl-Theodor zu Guttenberg sich selbst spielen; für die harten Stunts konnte Lothar Matthäus gewonnen werden. Guttenberg und Matthäus kennen sich aus Bunte, in der die Guttenbergs erfunden wurden und in der Matthäus seinen Gedankengang veröffentlicht: »Wer was Gutes für Deutschland tut, kriegt als Dank meistens was aufs Maul.«

      Das Guttenberg-Double Matthäus bekommt reichlich auf die Knochen beim Gutestun für Deutschland. Höhepunkt seiner Pein ist die Kreuzigungsszene: Guttenberg wird von akademischen Philistern öffentlich aus Kreuz geschlagen, blaues Blut fließt in Strömen. Der Leichnam des Märtyrers aber wird nicht gefunden, denn Guttenberg ist nicht tot! Er ist wiederauferstanden, strahlender, stärker und frisierter denn je!

      Das größte aller Wunder ist: Auch die toten deutschen Söldner aus Afghanistan leben wieder und ziehen als Leibstandarte mit ihrem alten und neuen Dienstherrn in die Schlacht. Guttenberg will Genugtuung und rauscht mit seinen Truppen nach Bayreuth, wo er zu den Klängen von Richard Wagners »Parsifal« die Universität niederbrennt, jenen ihm verhassten Ort, an dem man ihn, den edlen Spender, in Schande tunkte.

      Während Guttenberg noch genüsslich die Reste seines ehemaligen Doktorvaters durch den Reißwolf drückt, sieht er sich plötzlich unerwarteter Konkurrenz ausgesetzt: Christoph Schlingensief ist ebenfalls als Jesus von den Toten auferstanden, und auch er hat mit Bayreuth noch eine Rechnung offen. Die beiden Medienkatholiken aber erkennen ihre vielen Gemeinsamkeiten und schließen einen Nichtangriffspakt und eine Messias-Allianz. Schlingensief spricht den Wagner-Clan auf offener Bühne zu Tode; Guttenberg, unter dessen gepflegten Händen die Doktoranden sterben wie die Fliegen, braust im offenen Wagen Richtung Berlin.

      Begeisterte Massen strömen ihm zu, der Stamm der Sarrazinen schließt sich Guttenberg an. »Dolchstoß! Dolchstoß!«, skandieren die Freischärler und polken sich mit Schweizermessern in den Zahnlücken herum, auch »Rache! Rache!«-Rufe werden laut. Wofür eigentlich? Egal, es schreit sich so schön weg.

      Guttenberg wird zum Kaiser gekrönt, der bayerische Pontifex küsst ihm den gelifteten Podex, und die Deutschen sind zum ersten Mal seit 1918 wieder glücklich.

      Produzent und Hauptdarsteller vermelden stolz: Die Inthronisierungsszene ist ganz in Herrenaltöl gefilmt. Eine Fortsetzung ist bereits in Planung: »Plagiator III – Jetzt kopiert er alles«.

      * Einmal in seinem Leben spielte Til Schweiger in einem richtigen Film mit, in Quentin Tarantinos »Inglorious Basterds«. Tarantinos Genie kann man auch an seiner Besetzungskunst erkennen: Schweigers Rolle war nahezu sprechfrei. Das war gut, denn aussehen kann Til Schweiger. Doch was macht der Unglücksmann? Er prahlt in Interviews: »Mit Tarantino spreche ich auf Augenhöhe, mit Brad sowieso.«

      »Auf Augenhöhe« gibt es nicht; zur Verdeutlichung dessen muss man sich nur vor Augen führen, wie Helmut Kohl und Norbert Blüm »auf Augenhöhe« miteinander sprächen. Was sieht der eine? Ein Skrotum. Während der andere einen unverstellt freien Blick schweifen lässt.

      Soviel zur »Augenhöhe«, doch was weiß Til Schweiger davon, der mit »Brad« Brad Pitt meint und nicht das Brett vor seinem eigenen Kopf, das ja, und hier stimmt die Formulierung tatsächlich einmal, mit Til Schweiger »auf Augenhöhe« leben muss, und zwar lebenslänglich.

      Nivea Visage, die eiserne Ration

      Das französische Wort »visage« heißt auf deutsch Gesicht, das eingedeutschte Wort »Visage« meint aber etwas anderes und immer eindeutig Abfälliges; in der »Visage« sind die Gaunervisage, das Ohrfeigengesicht und die gute alte Hackfresse immer mit drin.

      Die Kreateure der »Nivea«-Werbung wissen das nicht, ignorieren es und / oder haben ohnehin keine Achtung vor Leuten, die sich freiwillig Mineralölcreme in ihre Visagen schmieren. Wie sonst soll man sich den Produktnamen »Nivea Visage« erklären? Der einem auch noch vom Hotelbettkopfkissen entgegenleuchtet: »Nivea Visage wünscht gute Nacht!«

      Denn das sogenannte Betthupferl, in diesem Fall handelt es sich um ein Täfelchen »Ritter Sport«-Schokolade, hat eine »Nivea«-Reklame-Manschette verpasst bekommen. »100 Jahre Hautpflege fürs Leben« steht noch darauf und, ganz charmant: »Schlafen Sie sich schön!« Denn vorher war man ja potthässlich, oder wie sonst darf man den unerbetenen Rat verstehen?

      Die »Ritter Sport«-Schokolade enthielt dann auch noch eine »Joghurt-Füllung«, bei der es sich aber ebenfalls um ein Produkt der Firma »Nivea« handeln könnte: nicht nur für, sondern auch zum Fressen. Nivea Visage, am Age, am Age.

      »Es wird mir ... o Gott!«

      Wie Guido Westerwelle sich um Restkopf und Kragen spricht

      Wenn man Guido Westerwelle sprechen hört und sieht, möchte man immer gleich die Eltern sprechen. Meine Güte, was für Unfähige haben denn den zusammenerzogen? Soviel psychische Derangiertheit, soviel Zwanghaftigkeit, soviel neurotische Rechthaberei, soviel armseliges Fäustchenballen, soviel Simulanz auf einem einzigen Haufen Elend. Was ist da alles schiefgegangen!

      Westerwelle leidet, wie nicht wenige Deutsche, am Scharping-Syndrom: Er hält sich für schnell, gewitzt und charismatisch, und alle anderen müssen das ausbaden. Zurecht gestraft sind damit die Parteigänger und die Wähler der FDP; der Rest der Öffentlichkeit muss aber bitte mit solch traurigen Folgen unterlassener Hilfestellung nicht andauernd konfrontiert werden.

      Dennoch übertrug ntv im Livestream den als »Schicksalsrede« angekündigten Auftritt Guido Westerwelles am Dreikönigstag 2011. Sehr überzeugend kann Guido Westerwelle »Meine Damenundherren« sagen. Das Selbstlob »Die Richtung stimmt, der Anfang ist gemacht« gefällt ihm so gut, dass er es gleich mehrmals sagt, ansonsten spricht er über sich und seine große Bedeutung: »Da habe ich gesagt: ›Das geht so nicht.‹« Oder, noch stolzer auf sich selbst: »Ich habe eine Fernsehdiskussion gehabt.« Das ist natürlich eine dolle Sache, die allen Respekt verdient vor einem Mann, der sich nicht einmal im populären Amt des deutschen Außenministers Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten weiß.

      Auf Autopilot peitscht Westerwelle mit auf Verve getrimmter Stimme herunter, was er gelernt hat: »liberales Immunsystem«, »die Entlastung des Mittelstandes«, »Balance zwischen Staat und Gesellschaft«, »aktive Toleranz« und immer »meine Danmenundherren«. Bemerkenswert sind allein die Routine und die Selbstverständlichkeit, mit der solche Figuren und die ihnen assoziierten Medien anderer Leute Lebenszeit zerschreddern; es liegt daran, dass ihre Lebenszeit genau daraus und aus nichts anderem besteht.

      Einmal wird es doch ein bisschen interessant – als ntv die Meldung einblendet: »Merkel mit dioxinverseuchtem Futter gemästet«. Das erklärt einiges, substantiell wie optisch, aber dann steht bei genauem Hinsehen »Ferkel« da. »Wachstumsbeschleunigungsgesetz« sagt Westerwelle noch, auf der Tonspur läuft Danny Dziuks gleichnamiges Lied: »...der Markt wird’s schon richten / und tut er das mitnichten / dann hamwer dafür ja jetz /das Wachstumsbeschleunigungsgesetz // Rettungspakete schnüren / Regenschirme aufspannen / Vertrauensvorschuss leisten / Zeitfenster einrichten / das besser kommunizieren...« Hier hakt

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