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American Football. Alex von Kuczkowski
Читать онлайн.Название American Football
Год выпуска 0
isbn 9783730704899
Автор произведения Alex von Kuczkowski
Жанр Сделай Сам
Издательство Bookwire
Nun schlug die große Stunde von Lamar Hunt (*1932, †2006). Auch der Sohn eines Öl-Milliardärs hatte im Laufe der 1950er Jahre versucht, eine NFL-Lizenz zu bekommen. Er war stark an den Chicago Cardinals interessiert und wollte das Team nach Texas lotsen. Aber die Liga-Oberen ließen ihn abblitzen. Aus Frust traf er die Entscheidung, dann halt eine eigene Liga als Konkurrenz zur NFL ins Leben zu rufen. Einen Verbündeten fand er in Bud Adams (*1923, †2013), ebenfalls Sohn eines Öl-Magnaten. Auch der hatte zuvor ein Auge auf die Cardinals geworfen und wollte sie nach Texas holen. Genauso erfolglos. Daher schlossen Adams und Hunt eine Allianz. Die beiden tüft elten erst mal im Verborgenen und gaben dann im Spätsommer 1959 die Gründung der »American Football League« bekannt, die ab 1960 an den Start gehen sollte. Dieser Name war bekannt. Im Laufe der letzten Jahrzehnte gab es bereits dreimal von unterschiedlichen Leuten den Versuch, unter dieser Bezeichnung in Rivalität zur NFL zur treten. Aber jedes Mal scheiterte der Plan relativ schnell. Diesmal jedoch nicht.
Ähnlich wie damals in der AAFC war es Hunt und Adams gelungen, einflussreiche Investoren von ihrem Vorhaben zu überzeugen und mit ins Boot zu holen. Darunter unter anderem Barron Hilton (*1927), Erbe der Hilton-Hotelkette und Großvater von »It-Girl« Paris Hilton, Ralph Wilson (*1918, †2014), ein Großindustrieller, und Billy Sullivan (*1915, †1998), ein Journalist. Zur Saison 1960 sollten acht AFL-Teams an den Start gehen: die Boston Patriots, die Buffalo Bills, die New York Titans und die Houston Oilers in der Eastern Division. Sowie die Dallas Texans, die Denver Broncos, die Los Angeles Chargers und die Oakland Raiders in der Western Division. Hunt steckte hinter den Dallas Texans (nicht zu verwechseln mit dem Team selben Namens, das 1952 krachend in der NFL gescheitert war). Adams hinter den Houston Oilers. Hunt war der festen Meinung, dass eine regionale Rivalität zwischen seinen Texans und Adams’ Oilers entscheidend zum schnellen Wachstum der Liga beitragen wird. Auch, wenn die beiden AFL-Gründungsväter nun im selben US-Bundesstaat nach Aufmerksamkeit und Sponsoren buhlten. Rückblickend ein Trugschluss. Hilton war Mitgründer der Los Angeles Chargers. Wilson übernahm die Buffalo Bills, die er bis zu seinem Tod 54 Jahre in eigener Hand behielt, und Sullivan die Patriots (mehr zu diesen beiden Teams in Kapitel #6).
Die NFL hatte aus ihren Fehlern im Umgang mit der AAFC gelernt. Statt die neue Liga lange mit Nichtachtung zu bestrafen, suchte man diesmal den schnellen Austausch, um der aufkommenden Gefahr möglichst schnell Herr zu werden. Rozelle bot Hunt und Adams nun doch den Besitz eines NFL-Franchise an. Kein bestehendes, sondern ein neues. Aber die lehnten aus Solidarität zu ihren neuen Geschäftspartnern ab. Die NFL entschied sich trotzdem zu einer Expansion, obwohl die bisherigen zwölf Teambesitzer ja eigentlich kein Verlangen danach spürten. Aber nun sah man sich angesichts der aufkommenden Konkurrenz dazu gezwungen. 1960 nahmen die Dallas Cowboys ihren Spielbetrieb auf, die von Clint Murchison (*1923, †1987) gegründet wurden, Sohn eines Öl-Oligarchen. Heute sind die Cowboys bekannt als »Americas Team« (mehr dazu in Kapitel #3). Zudem wurden die Cardinals, die von 1920 bis 1959 in Chicago beheimatet waren, aber schon länger am finanziellen Abgrund standen, 1960 nach St. Louis verfrachtet. Ab 1961 kam mit den Minnesota Vikings ein weiteres neues Team dazu. Interessant dabei: Federführend daran beteiligt war Max Winter (*1903, †1996). Der gehörte eigentlich zu den Männern um Hunt und Adams. Als die NFL mit dem Angebot um die Ecke kam, ein Team in Minneapolis installieren zu können, knickte Winter aber ein und schlug zu. Ihm war Loyalität offenbar nicht so wichtig Statt aus zwölf bestand die NFL nun aus 14 Mannschaften.
Die AFL ernannte Joe Foss (*1915, †2003) zu ihrem ersten Geschäftsführer. Ein früherer Kriegsveteran, der von 1955 bis 1959 Gouverneur des US-Bundesstaates South Dakota war. Dieses militärische und politische Schwergewicht sollte der neuen Profiliga Seriosität verleihen. Hunt wurde ihr Präsident. Für einen Paukenschlag sorgte die AFL gleich in ihrem ersten Jahr mit der Verpflichtung von Billy Cannon (*1937, †2018), der zuvor an der Louisiana State Universität als Running Back und Tight End für Aufsehen sorgte und mit der Heisman Trophy als bester Collegespieler ausgezeichnet wurde. Cannon unterschrieb im November 1959, also noch während der laufenden Collegesaison (was verboten war), einen Dreijahreskontrakt bei den damals noch von Pete Rozelle geführten Los Angeles Rams aus der NFL in Höhe von 50.000 Dollar. Zwei Monate später aber auch ein über vier Jahre laufendes Arbeitspapier bei Adams’ Houston Oilers aus der AFL, das ihm 110.000 Dollar einbringen sollte. Ein Spieler, der zwei Verträge unterzeichnet hatte. Das war ein Fall fürs Gericht. Die Rams reichten Klage ein. Schließlich habe man ja zuerst eine Vereinbarung miteinander geschlossen. Ein Richter entschied aber letztlich gegen die NFL. Die Rams hätten Cannons Naivität ausgenutzt, hieß es. Sie hätten ihn da in was reingequatscht. Der Junge aus einfachen Verhältnissen schnürte schließlich für die Oilers in der AFL die Footballschuhe. Nach seiner Footballkarriere arbeitete Cannon als Zahnarzt und landete Mitte der 1980er Jahre wegen Fälschungsbetrugs für zweieinhalb Jahre im Gefängnis.
Bei den amerikanischen Footballfans stieß die AFL zunächst nur auf wenig Gegenliebe. Die Ränge in den Stadien waren meist nur spärlich gefüllt. Im Schnitt kamen rund 20.000 Besucher pro Spiel. Die NFL hatte doppelt so viele. Das Fernsehen allerdings hatte schon vorm Saisonstart im September 1960 Gefallen an der AFL gefunden. Im Juni 1960 unterzeichnete die AFL einen Fünfjahresvertrag mit der American Broadcasting Company (ABC), der der Liga jährlich über zwei Millionen Dollar in die Kasse spülte. Erster AFL-Meister wurden die Houston Oilers mit Billy Cannon. Großen Anteil daran hatte auch George Blanda (*1927, †2010). Ein Quarterback und Kicker, der seine Profikarriere 1949 bei den Chicago Bears begann und insgesamt 26 Jahre auf höchstem Niveau Football spielte. Blanda wurde auch »the grand old Man« (der große alte Mann) genannt und hörte erst im »zarten« Alter von 48 endgültig auf. Allerdings nicht ganz freiwillig. Sein Rücktritt hatte mit einem Deutschen zu tun (mehr dazu in Kapitel #14). Blanda ist bis heute der älteste Spieler, der je in der NFL zum Einsatz kam. 1961 konnten die Oilers ihren Titel verteidigen. Die Los Angeles Chargers waren unterdessen noch weiter südlich nach San Diego weitergewandert.
Tja, die Chargers. Große Erfolge – bis auf den AFL-Titel 1963 und das Erreichen des Super Bowls in der Saison 1994 (Niederlage gegen die 49ers) – konnte dieses Franchise eigentlich nie feiern. Hoteltycoon Barron Hilton stieg 1966 als Eigentümer aus. Mit dem Umzug nach San Diego fand dieses Team immerhin für insgesamt 55 Jahre ein festes Zuhause. Weil es sich aber mit der Stadt am südlichsten Zipfel Kaliforniens nicht über den Finanzplan für den Bau eines neuen Stadions einigen konnte – das Qualcomm Stadium wurde bereits 1967 eingeweiht und hat in jetziger Form keine Perspektive – ging’s für die Chargers zurück zu den Wurzeln. Seit 2017 spielen sie wieder in Los Angeles. Noch sind sie notdürftig im »Dignity Health Sports Park«-Stadion untergebracht, das sie sich mit Fußballklub LA Galaxy aus der US-Profiliga Major League Soccer (MLS) teilen und das nur 27.000 Zuschauer fasst. Damit spielen die Chargers derzeit im mit weitem Abstand kleinsten Stadion der NFL. Ausverkauft war es in der Saison 2018 trotzdem selten. Und wenn, haben die gegnerischen Auswärtsfans dafür gesorgt. Ein feste Fanbase müssen sie sich erst wieder erarbeiten. Richtig Lust auf die Chargers haben momentan nur wenige Menschen in Los Angeles. Bleibt zu hoffen, dass sich das ändert, wenn sie 2020 ins Inglewood Stadium ziehen, das gerade vor den Toren der Stadt entsteht (siehe Kapitel #10). Sie werden es sich künftig mit den Rams teilen.
Große Spuren haben bei den Chargers bislang eigentlich nur drei Männer hinterlassen: Sid Gillman (*1911, †2003), Junior Seau (*1969, †2012) und LaDainian Tomlinson (*1979). Gillman, von 1960 bis 1971 Head Coach der Chargers, beeinflusste spätere Trainer-Generationen mit seiner revolutionären Taktik (mehr dazu in Kapitel #3). Seau war ein Anführer, an dem sich seine Mitspieler aufrichteten. Ein eisenharter Linebacker, ein kompromissloses »Tackle-Monster«. Schnell und explosiv. Hoch angesehen in der gesamten Liga. Er spielte von 1990 bis 2002 für die Chargers. Bis zu seinem Karriereende 2009 dann auch noch für die Miami Dolphins und New England Patriots. Drei Jahre später, im Alter von 43, beging er Selbstmord. Er hatte sich in die Brust geschossen. Später stellte sich heraus, dass er an Chronisch Traumatischer Enzephalopathie, kurz CTE, litt. Einer degenerativen Nervenkrankheit, die durch viele erlittene Gehirnerschütterungen ausgelöst werden kann (mehr dazu in Kapitel #9). Die Chargers werden seine Rückennummer 55 nie wieder vergeben. 2015 wurde Seau posthum in die Hall of Fame der NFL aufgenommen.
Tomlinson, Spitzname »L.T.«, war der überragende