Скачать книгу

Gruppe B. Also die Kinder, die sowohl mit Kindern des gleichen Lerntyps wie auch mit Kindern anderer Lerntypen lernten. Das war tatsächlich ein bahnbrechendes Ergebnis. Denn es zeigt, dass wir besser lernen, wenn wir abwechseln zwischen dem, was uns liegt und dem, was eine Herausforderung für uns darstellt – genau das führt zu den besten Lernerfolgen.

      Kurz zusammengefasst: Es ist egal, ob du ein visueller oder auditiver Lerntyp bist, egal, welche Zielfrage dich zum Lernen motiviert, egal, ob du besser haptisch oder kinästhetisch Informationen aufnimmst – solange du beim Lernen ausschließlich in deiner Komfortzone bleibst und immer nur das tust, was dir am leichtesten fällt, nutzt du nicht dein volles Lern-Potenzial.

      Schneller und besser lernst du, wenn du zwischen unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen wechselst. Also mal etwas machen, das ganz einfach geht, mal etwas, das ein bisschen schwieriger ist.

      Komfortzone und Herausforderung

      Der Wechsel zwischen müheloser Bequemlichkeit und wirklicher Anstrengung ist deshalb eine der wichtigsten Grundlagen von „Centered Learning“. Statt permanent einen einzigen unserer fünf Sinne zu befeuern, ist es besser, integriert zu arbeiten. Verwende also unterschiedliche Ansätze und verschiedene Lernwege – je vernetzter eine Information mit unterschiedlichen Teilen des Gehirns ist, desto besser wird sie abgespeichert.

      Informationen oder Wissen?

      Der zweite, ganz wichtige, Punkt: Informationen sind nicht gleich Wissen! Nur weil du Informationen zum Beispiel im Internet oder in einem Fachbuch findest, sind sie noch lange nicht in deinem Kopf verankert. Informationen sind erst einmal nur die Fakten, die irgendwo abgelegt sind und zur Verfügung stehen. Aber Wissen kann daraus erst entstehen, wenn du dich aktiv mit dem Material beschäftigst.

      Die hässliche Wahrheit über unsere Lernmethoden

      Die meisten Erwachsenen haben das Gefühl, dass sie den allergrößten Teil dessen, was sie in der Schule gelernt haben, schon längst wieder vergessen haben.

      Weit über 10.000 Unterrichts- und Lernstunden und kaum etwas ist hängen geblieben?

      Eine frustrierende Bilanz … da stellt sich doch die Frage …

      Warum eigentlich funktioniert das Lernen, wie die meisten von uns es aus der Schule kennen, so schlecht?

      Eine Antwort zumindest ist in jedem Fall: Weil die Unterrichtsmethoden auf historischen Erziehungsbildern beruhen, die nicht selbstbestimmte, selbst denkende junge Menschen hervorbringen wollten, sondern Untertanen oder Arbeiter, die Befehle ausführten und gehorchten.

      In den Schulen zur Zeit Kaiser Wilhelms II. richtete sich der Unterricht vor allem nach zwei Prinzipien:

      1 Ordnung, Disziplin, Strafen und Gehorsam und

      2 Basiswissen wie Lesen, Schreiben und Rechnen, um als Arbeiter oder Soldat zu „funktionieren“.

      Und da Ende des 19. Jahrhunderts die pädagogischen Vorbilder fehlten, übernahm man einfach Dienstvorschriften aus den neu gegründeten Fabriken oder dem Militär und übertrug sie auf die Schulen.

      Frei nach dem Motto: Vorne kommen ganz unterschiedliche kleine Menschen rein, hinten kommen genormte Menschen raus, die alle genau das Gleiche wissen. Wie in einer Fabrik.

      Dass jeder von uns höchst unterschiedliche Motivationen hat, warum er oder sie etwas Neues lernen möchte, sich relevantes Wissen aneignen möchte, auf Basis seiner Interessen, Talente und Fähigkeiten, wurde erst wesentlich später verstanden.

      Lesen und Lernen aus Sicht des Gehirns

      In Wirklichkeit ist unser Gehirn nicht nur darauf vorbereitet, permanent zu lernen, und zwar rasend schnell, sondern will das auch – ist also eigentlich alles andere als „lernunwillig“. Darum habe ich jetzt eine Idee:

      Wie wäre es, das Thema „Lernen“ mal aus der Perspektive des Gehirns zu betrachten?

      Denn je besser wir verstehen, wie das Organ eigentlich arbeitet, desto produktiver und effektiver können wir in Zukunft Lesen und Lernen.

      Stell dir jetzt also vor, „du“ bist dein Gehirn und du betrachtest die Welt von dort aus, also aus der Sicht deines Gehirns. Du hast 86 Milliarden Gehirnzellen zur Verfügung, unvorstellbar viele Kombinationsmöglichkeiten und damit praktisch eine unendliche Kapazität, dir neue Eindrücke, neue Informationen und neues Wissen aufzubauen. Und dazu hast du auch Lust, dafür bist du gemacht. Du bist vielleicht das Perfekteste, was die Evolution auf diesem Planeten jemals hervorgebracht hat: ein Wunderwerk an Kreativität, Erinnerungsvermögen, Lernfähigkeit und Flexibilität. Und diese Fähigkeiten auszuleben, macht Spaß! Du verfügst über diesen Mechanismus, der dich alles sofort mit Emotionen verknüpfen lässt, automatisch, im Guten wie im Schlechten. Das lässt sich nicht abstellen. Außerdem bist du darauf geeicht, kontinuierlich bei allem, was reinkommt, zu prüfen, ob es deinem Menschen hilft oder schadet. Wie ein angeborener Sinnsucher, auch der arbeitet unaufhörlich. Und wenn dieser Sinnsucher sagt „Nein, das hat für meinen Menschen keinen Sinn“, dann reagierst du automatisch mit Emotionen, die sich für deinen Menschen unangenehm anfühlen, damit er aufhört und sich mit einer sinnvolleren Angelegenheit beschäftigt. Du besitzt zwar auch einen Vorrat an Willensenergie, die du dagegenhalten kannst, aber dieser Vorrat ist begrenzt und meist ziemlich schnell erschöpft.

      Jetzt setzt sich dein Mensch hin und liest. Wörter strömen auf dich ein und du filterst unablässig die Informationen: Können sie deinem Menschen in irgendeiner Form helfen oder nicht? Wenn diese Informationen sinnlos und zusammenhanglos erscheinen, also keinerlei Bezug zu deinem Leben und Alltag feststellbar ist, schaltest du um auf unangenehme Gefühle: Widerstand. Langeweile. Müdigkeit. Allerdings bekommst du jetzt von deinem Menschen das Kommando zurück, weiterzumachen! Und so bleibt dir nichts anderes übrig, als an den Vorrat der Willenskraft zu gehen. Der ist bekanntlich begrenzt, aber das spielt eh keine Rolle, denn nach ungefähr fünf Minuten läuft dein Arbeitsspeicher über. Dein Mensch liest da ununterbrochen und ohne Pause schon seit über fünf Minuten. Um im Arbeitsgedächtnis wieder Platz zu schaffen, löschst du die Infos raus, die zuerst reingekommen ist. Dein Mensch liest jetzt durchgehend seit einer halben Stunde, unmöglich für dich, irgendetwas davon ins Langzeitgedächtnis zu schaufeln. Du verarbeitest nur den Arbeitsspeicher, also immer das, was dein Mensch in den letzten fünf Minuten gelesen hat. Dir reicht es langsam. In dem Strom von Wörtern konntest du bisher nichts finden, was deinen Sinnsucher befriedigt hätte. Also – wie wär’s damit, die Konzentration mal ein bisschen zu boykottieren?

      Prima, funktioniert super, dein Mensch hat schon den vierten Satz zweimal gelesen … Jetzt könntest du noch ein paar schöne Urlaubserinnerungen dazwischen schießen, das lenkt meistens auch gut ab. Jetzt noch die volle Blase stärker ins Bewusstsein rücken, das Hungergefühl aktivieren … und siehe da, tatsächlich, dein Mensch steht auf, marschiert Richtung Bad und dann in die Küche. Na also, geht doch. Voller Erfolg!

      So viel also zum Thema „Lesen und Lernen“ aus deiner Sicht … sorry, aus der deines Gehirns. „Du“ bist nun wieder du, lieber Leser.

      Kommt dir davon etwas bekannt vor? Viel lesen, kaum was erinnern, bald müde und abgelenkt sein, keine Lust mehr, aber Hunger …?

      Und alles ist auf einen Fakt zurückzuführen: Dein Gehirn ist derart auf „Sinnsuche“ beim Lernen fokussiert, dass es alle Lern-Bemühungen torpediert, die es in keinen Sinnzusammenhang stellen kann. Wenn ich mir zum Beispiel vornehme, etwas zu lernen, dann geht dieser Entschluss nicht direkt in die Teile des Gehirns, die ihn praktisch umsetzen und ausführen sollen, sondern durchläuft erst einmal eine unbewusste Kontrollinstanz (das limbische System). Und die entscheidet dann, was als Nächstes passiert oder nicht. Der Weg zum erfolgreichen Lernen geht über Sinn und positive Emotionen. Das sind die Erkenntnisse der Neurowissenschaften und die bestätigen sich immer wieder in unseren Lern-Workshops.

Скачать книгу