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Digitales Lernen?. Tom Freudenthal
Читать онлайн.Название Digitales Lernen?
Год выпуска 0
isbn 9783948642181
Автор произведения Tom Freudenthal
Издательство Bookwire
Zweites Beispiel: der „SpeedReadingTrainer“, eine Software, mit der man in sehr kurzer Zeit sein Lesetempo verdoppeln kann. Das funktioniert zwar tatsächlich, aber das eigentliche Lernen nimmt dir die Software nicht ab. Sie kann nur einen kleinen Teil des Lernprozesses beschleunigen, nämlich das Lesen. Denn – wie wir später sehen werden – einmal einen Text zu lesen führt fast nie dazu, dass aus den Informationen eigenes Wissen wird. Egal wie schnell man liest und egal ob online oder offline.
Wenn dich das interessiert, dann scanne jetzt diesen QR-Code ein – der bringt dich auf eine Webseite mit kostenfreien Testversionen beider Programme.
Wissensnetzwerk im digitalen Zeitalter: Vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis
Die digitale Verfügbarkeit von Informationen in dieser Fülle verleitet auch dazu, dass wir von einer interessanten Information zur nächsten springen, ohne sie wirklich im Gehirn zu verarbeiten. Eine Information einmal lesen oder einmal hören – und schon ist sie im Kopf abgespeichert? Leider nein. Das klappt nur in ganz, ganz seltenen Ausnahmefällen.
Wer sich Wissen aneignen möchte, muss sich aktiv mit den Informationen beschäftigen. Passives Lesen, Zuhören oder auch Videoschauen, ohne aktive Beteiligung, führt dazu, dass das Arbeitsgedächtnis schnell überfüllt ist und es Informationen dann wieder löscht. Du kennst das sicherlich: Da surft man stundenlang im Netz – und weiß am Ende der Session nicht mehr so richtig, was man eigentlich alles gelesen und gesehen hatte.
Die Ursache für dieses Phänomen ist ganz einfach zu erklären – nämlich mit dem Badewannen-Prinzip.
Alles, was du dir langfristig merken willst, muss durch das Nadelöhr Arbeitsgedächtnis hindurch ins Langzeitgedächtnis. Nur ist das Arbeitsgedächtnis in seiner Kapazität begrenzt: Wenn der Strom an neuen Informationen länger als ungefähr 5 Minuten andauert, ist die Kapazitätsgrenze des Arbeitsgedächtnisses erreicht. Dann werden die zuerst aufgenommenen Informationen nach und nach wieder herausgelöscht, um Platz für die Informationen zu schaffen, die jetzt noch folgen. Ich nenne das das „Badewannen-Prinzip“: Das Kurzzeitgedächtnis läuft über wie das Wasser einer übervollen Badewanne und spült die zuerst aufgenommenen Informationen wieder heraus.
Die Gehirnforschung weiß also inzwischen sehr genau, warum wir zum Beispiel nach einer Stunde Surfen oder einer Stunde Fachliteratur meist nur noch die letzten fünf Minuten erinnern – und alles, was wir zuvor gehört oder gelesen hatten, weitgehend vergessen haben.
Lernen bedeutet, aus dem passiven Lesen und Zuhören heraus- und in das aktive Verarbeiten von Informationen hineinzukommen.
Wissensaufbau ist also keine Aufnahme oder Übertragung von Informationen aus einem Buch oder Text im Internet, sondern ein aktiver Prozess. Wie du ihn angehst, das zeige ich dir hier in diesem Buch. Es enthält alle wesentlichen Aspekte, die zum erfolgreichen Lernen und Aufbau von Wissen dazugehören.
Im Kern geht es dabei immer um die Integration verschiedener Lernwege und vor allem um … Verständnis.
Lernen kann leicht sein, unangestrengt und angenehm. Die Aussicht, zu lernen, kann motivieren und Vorfreude wecken. Klingt super, oder? So zu lernen macht nicht nur Spaß, es bleibt auch viel mehr in deinem Kopf. Es führt zu besseren Ergebnissen beim Anwenden des Wissens, etwa besseren Noten oder besseren Präsentationen und auch ganz allgemein zu mehr Erfolg in Schule oder Beruf. Du hast nicht nur mehr Wissen abgespeichert, sondern kannst es auch viel zielgerichteter dann abrufen, wenn du es anwenden willst.
Alles, was du dafür brauchst, ist die Bereitschaft, offen zu sein für neue Lernmethoden. Aus meiner langjährigen Erfahrung als Seminarleiter, Trainer und Coach weiß ich, dass die Haltung „Ich lese mir das mal durch und dann schau ich mal, was dann passiert“ nicht ausreicht.
Darum hier schon mal der erste konkrete Praxistipp:
Wenn du etwas liest, dann nicht mit der Haltung: „Ich fange mal an und schaue, ob da etwas Interessantes kommt.“ Das wäre passives Lesen. Stelle dir vielmehr vor, du müsstest die drei wichtigsten Inhalte jemand anderem hinterher erklären. Das ist aktives Lesen, weil du parallel zum Lesevorgang über die Anwendung nachdenkst – in diesem Fall das Weitergeben von Informationen, die du für wichtig hältst.
Allein dieser „Shift“ in der inneren Haltung wird sofort zu einem besseren Gedächtnis führen, weil du gar nicht mehr passiv lesen kannst, sondern dich aktiv mit dem Lesestoff beschäftigen musst.
Aktiv ist also wichtig, aber vorab noch ein sehr wichtiger Aspekt, wenn du erfolgreicher lernen willst. Es ist nämlich nicht so, dass wir immer dann am schnellsten lernen, wenn es sich am leichtesten anfühlt. Also im angenehmsten Lernmodus. Grundsätzlich geht es erstaunlicherweise schneller, wenn du nicht immer nur in der Komfortzone lernst – aber dazu mehr im nächsten Abschnitt.
Immer nur so, wie es am einfachsten erscheint?
Eine entscheidende Konferenz Anfang der 1980er-Jahre war der Ausgangspunkt für vieles, was Neurowissenschaftler heute übers Lernen wissen – sie stellte nämlich die Frage: „Wie lernen wir eigentlich wirklich?“. Die Erkenntnisse, die infolge der damals diskutierten Ansätze gewonnen wurden, sind übrigens auch die Grundlage meines C7-/C9-Lernsystems. Unter den interessierten Teilnehmenden fanden sich nicht nur Forscher aus den damals noch jungen Disziplinen Neurobiologie, Neurophysiologie oder Neurowissenschaften, sondern auch Lehrer:innen, Dozent:innen, Biologen Coaches, Künstler:innen und Tänzer:innen – alles Menschen, die anderen etwas beibringen wollten.
Im Laufe dieser Konferenz kristallisierte sich nämlich heraus, dass es vier unterschiedliche, unbewusste innere Zielfragen gibt, mit denen Menschen sich einem neuen Thema nähern oder, anders ausgedrückt: lernen. Nämlich …
Warum?
Was?
Wie?
Was wäre, wenn?
Wenn wir lernen, stellen wir uns also unbewusst dabei eine der genannten Fragen – wobei sich jede:r von uns von einer ganz besonders angesprochen fühlt. Wir gehen also mit unterschiedlichen Ansätzen ans Lernen heran.
Das Spannende war, dass die teilnehmenden Lehrkräfte nach der Konferenz in ihre Schulen zurückgingen und sagten: „Da wir nun wissen, es gibt vier Lerntypen, teilen wir also unsere Schüler:innen jetzt in die entsprechenden Lerntyp-Lerngruppen ein.“ Das eigentliche Ziel war, homogene Gruppen zu bilden, nämlich eine für jeden Lerntyp.
Aber nicht jedes Kind machte mit.
Manche Kinder sagten: „Wunderbar, ich lerne mit Kindern, die derselbe Lerntyp sind wie ich.“ Diese Kinder bildeten eine Gruppe A und lernten eben genau so: ausschließlich mit ihrem Lerntyp.
Andere Kinder meinten: „Nee, nur mit Kindern, die derselbe Lerntyp sind, das möchte ich nicht. Ich möchte irgendwie wenigstens ab und zu mit meinen Kumpels zusammen sein.“ Diese Kinder gehörten zur Gruppe B, die man als „halb passend“ kategorisierte, diese Kinder lernten also mal nach Lerntyp, mal gemischt.
Und dann gab es noch Kinder, die sagten: „Kommt überhaupt nicht infrage, ich möchte mit meinen Kumpels lernen, ich pfeife auf Lerntypen.“ Diese Kinder also lernten immer mit anderen Kindern, die nicht ihrem eigenen Lerntyp entsprachen, man bezeichnete diese Gruppe C als „nicht passend.“
Nach einem Jahr wurde evaluiert und die Lernergebnisse und die Lernerfolge wurden gemessen. Am Ende stand ein äußerst spannendes Ergebnis, was zunächst so gar nicht dem entsprach, das alle erwartet hatten. Nicht Gruppe A, also die Schüler:innen in der homogenen Lerngruppe, schnitten mit den besten Ergebnissen ab. Gruppe