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seit Jahren nach meiner Berufung – etwas, das ethisch-moralisch einwandfrei wäre und möglichst viele meiner Talente und Fähigkeiten forderte.

      Ich legte los und leitete dreitägige Workshops, von Freitagabend bis Sonntagnachmittag. Anfangs war mir die Rolle des Workshopleiters total fremd –, aber ich wuchs hinein. Ich recherchierte sehr viel zu neuesten Forschungsergebnissen, weiteren Lernmethoden – vor allem aber beobachtete ich meine Teilnehmer:innen: Welche Methoden überzeugten sie sofort? Welchen standen sie kritisch gegenüber und warum? In welcher Reihenfolge waren die Techniken besonders wirkungsvoll – und weshalb? Methoden, die nicht optimal funktionierten, warf ich aus dem Workshop. Methoden, die sich bewährten, wurden fester Bestandteil.

      Meine drei Kriterien waren immer dieselben: Methoden, die der größten Anzahl an Teilnehmer:innen mit dem geringsten Aufwand den größten Erfolg brachten.

      Ich merkte bald, dass die Workshops am besten liefen, wenn ich nur 50 Prozent der Workshopzeit verplante: Die anderen 50 Prozent ergaben sich praktisch im freien Fluss, durch Rückfragen und Anmerkungen und Bedürfnisse der Teilnehmenden. Die Hälfte des Workshops war geplant, die andere Hälfte entstand spontan, intuitiv. Ich schien einen Nerv getroffen zu haben. Die Workshops wurden über die Jahre ein voller Erfolg – und ich dachte, genau so mache ich weiter. Doch dann kam ein Teilnehmer auf mich zu und sagte: „Tom, ich habe echt viel gelernt und bin begeistert. Aber was mich am meisten beeindruckt hat, war, dass ich auch abends um 22 Uhr noch taufrisch war. Wie hast du das gemacht? Normalerweise schlafe ich ab 15 Uhr bei Seminaren immer halb ein. Wie machst du das? Welches Lernsystem steht dahinter?“

      Die Frage wurde immer öfter gestellt und auf einmal hatte ich eine neue Herausforderung: Was war so spannend, dass die Teilnehmer so lange wach blieben. Oder war da wirklich … ein System? Soweit ich wusste, liefen die Workshops so gut, weil ich die Methoden inzwischen durch Erfahrung und Praxis intuitiv richtig vermittelte, nicht weil ein System dahintersteckte – oder?

      Ein Lernsystem? War mein intuitives Vorgehen doch systematischer, als mir bewusst war? Für mich lautete also der nächste logische Schritt, meine mir selbst unbewusste Lehrmethode zu untersuchen und daraus ein Lernsystem zu entwickeln, das ich weitergeben konnte. So entstand das „Centered Learning“-System, das du mit diesem Buch anzuwenden lernst. Tausende Menschen lernen mittlerweile erfolgreich nach dieser Methode, nachdem sie sie in meinen Workshops kennengelernt hatten. Oder in den Workshops der zertifizierten „Centered Learning“-Trainer:innen, die ich in den vergangenen Jahren ausbildete.

      Inzwischen, 25 Jahre später, erleben wir die sogenannte Digitalisierung und natürlich hat die Auswirkung auf das Lernverhalten der Menschen – und das vor allem bei zwei Themen:

      1 Sinkt die Lernbereitschaft oft, weil die Menschen glauben, es steht ja eh alles im Internet. Wenn ich was nicht weiß, dann google ich das eben.

      2 Glauben mehr Menschen als früher, dass Lesen oder Videoschauen im Internet dasselbe wäre wie Lernen.

      In diesem Buch werde ich dir zeigen, dass beides nicht oder nur zum Teil stimmt – in vielen Bereichen muss ich solide gelerntes Wissen im Kopf haben, wenn ich produktiv arbeiten will. Wer ständig alles nachschauen muss, kommt schlecht voran. Und ob ich etwas am Computer lese oder in einem Buch – das macht im Prinzip keinen Unterschied – das meiste davon ist eh innerhalb der nächsten 48 Stunden wieder vergessen.

      Das Wichtigste, was ich in diesen 15 Jahren gelernt habe, ist Folgendes: Beim Lernen geht es in erster Linie immer um dich. In Workshops geht es nicht um den Workshopleiter, in Vorträgen nicht um den Vortragenden. In einem Buch geht es nicht nur darum, was der Autor wichtig findet. Beim Lernen stehst immer du, also die lernende Person, im Mittelpunkt. Ein Beispiel: Nicht die Struktur, in der jemand anderes sein Buch geschrieben hat, ist entscheidend, sondern dein Ziel. Wenn du beim Lesen ein Ziel hast, dann kannst du entscheiden, was wichtig für dich ist und was du weglassen kannst. Es ist also deine Entscheidung, welche Inhalte du lernen willst – vor allem in welcher Reihenfolge. Und zwar möglichst selbstmotiviert und selbstgesteuert. Das heißt übrigens, dass es fast immer sinnvoller ist, ein Buch nicht von vorne anzufangen, sondern da, wo es dich hinzieht. Dann passieren die kleinen Wunder. Allerdings ist dieses Vorgehen sehr ungewohnt.

      Aber genau das möchte ich dir in diesem Buch zeigen – wie wundervoll das Lernen sein kann, wenn es selbstmotiviert und selbstbestimmt mit den richtigen Techniken erfolgt. Und dann erreichst du deine Ziele schneller und besser.

      Darum ist dieses Buch wirklich anders

      Selbstbestimmtes Lernen ist einer der allerwichtigsten Aspekte für deinen Lernerfolg. Und darum kannst du auch selbst bestimmen, wie du dieses Buch lesen möchtest.

      Gleich zu Anfang findest du einige Informationen zum Thema Digitales Lernen sowie zum Lernen im Allgemeinen.

      Wenn du es eilig hast, weil bald eine Prüfung ansteht, springst du gleich zum Kapitel „Lernerfolg für Eilige mit dem C7-System“ – und gehst direkt in die Anwendung. Hier erfährst du, wie du in sehr komprimierter Form und mit einer Kombination aus den wirkungsvollsten, einfach anwendbaren Techniken deine Lernzeit verkürzen kannst.

      Auch wenn du dir erst einmal einen kurzen Überblick über mein Lernsystem verschaffen möchtest, starte am besten mit diesem Kapitel. Dort findest du die wesentlichen Informationen stark komprimiert – zur sofortigen Anwendung. „Lernerfolg für Eilige mit dem C7-System“ solltest du chronologisch lesen, die Schritte bauen aufeinander auf.

      Der Hauptteil und das Herzstück des Buches ist das „Centered Learning“-System C9. Hier stelle ich dir ausführlich ein System vor, das die effektivsten Methoden aus meinen Lernworkshops in optimaler Reihenfolge vermittelt – von der Informationsaufnahme über das Abspeichern von Wissen bis hin zu den ersten Schritten des Anwendens.

      In diesem umfangreichen Kapitel gebe ich dir einige Hintergrundinformationen an die Hand, was alles im Gehirn passiert, wenn wir lernen. Optimal wäre natürlich, das C9-System chronologisch durchzugehen. Du kannst dir aber auch bestimmte Techniken heraussuchen und sie direkt angehen, wenn du feststellst, dass sie für deinen Lernerfolg sinnvoll sind.

      Den größten Effekt auf dein Lerntempo und auch deine Freude am Lernen erzielst du natürlich, wenn du das komplette C9-System anwendest.

      Dennoch: Eine wichtige Voraussetzung für das erfolgreiche, motivierte Lernen ist ja Selbststeuerung. Und warum nicht gleich beim Umgang mit diesem Buch damit anfangen?

      Was dieses Buch nicht ist

      Mir geht es nicht darum, dir beizubringen, wie du in maximalem Tempo eine maximale Menge von Informationen in deinen Kopf stopfen kannst, die du dann in deiner Prüfung hervorwürgen kannst, nur um sie danach wieder zu vergessen. In diesem Buch geht es um den nachhaltigen Aufbau jenes Wissens, das wichtig für dein Leben ist, dich deinen Zielen näherbringt, Verständnis erzeugt und Sinn stiftet.

      Was du mit diesem Buch erreichen kannst

      Dieses Buch ist eine Anleitung, wie du dich mit Spaß und dabei effektiv und nachhaltig so mit Informationen beschäftigen kannst, dass sie dich in deinem Leben voranbringen. Ziel ist, dass du das auf diese Weise neu aufgebaute Wissen kreativ und produktiv anwenden kannst, dass du durch tieferes Verständnis eines Themas neue Lösungen findest, Dinge weiterentwickelst, kurz: dein neues Wissen sinnvoll einsetzen kannst.

      Digitales Lernen?

      Die Verlockungen unseres Internetzeitalters sind groß und zahlreich: Jede brandaktuelle Information ist nur einen Mausklick entfernt. Sobald wir uns mit einem Thema, sei es für den Job, fürs Studium oder unsere persönliche Weiterbildung auseinandersetzen wollen, suchen wir online nach relevanten Seiten und Dateien. Jedes tiefere Eindringen in ein (hoch)spezielles Thema kostet uns wieder nur einen Klick und ein bisschen Lesezeit. Oder wir schauen uns ein Video dazu an, hören eine Audio-Datei. Wir müssen dafür

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