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Hundsviech, geliebtes. Lise Gast
Читать онлайн.Название Hundsviech, geliebtes
Год выпуска 0
isbn 9788711509579
Автор произведения Lise Gast
Издательство Bookwire
»Das?« fragte Momme gespannt.
»Das käme vielleicht beim Standesamt nicht durch«, sagte ihr Mann und küßte sie. Momme schwieg, wie man es tut, wenn man geküßt wird, jung verheiratet und zärtlich verliebt ist in seinen Mann, seine Kinder und sein Leben, »außerdem würdest du das vielleicht selbst nicht wollen.«
»Du etwa?« fragte sie vergnügt dagegen.
»Ich will immer das, was du willst.«
Momme sah zu ihm auf, in das geliebte Gesicht, in die Augen, ritterspornblau, die gerührt auf sie gerichtet waren. Ganz plötzlich wurde sie ernst, mitten in ihrer übermütigen Verliebtheit.
»Du –«, sie schlang die Arme um seinen Hals und zog sein Gesicht an ihres. Das war einer der glücklichsten Augenblicke ihres Lebens, sie vergaß ihn nie. Ein Stück Ewigkeit, etwas, wofür man alles, was das Leben bringen würde an Schwerem, willig und randvoll dankbar auf sich nehmen würde.
Lang, lang war das her, unvergessen ruhte es in ihrem Herzen wie in einem Schrein. Jetzt aber sahen ebenso blaue Augen sie zärtlich an, ein ähnlicher Mund küßte sie, wenn er auch von einem Bart umrahmt war, den sie nicht begeisternd fand. Ihr Mann war stets glattrasiert gewesen und hatte dadurch viel jünger gewirkt als die heutige Generation im gleichen Alter.
»Rupprecht! Bleibst du über Nacht?«
»›Wann machste denn wieder fort?‹ fragten wir früher immer, wenn Besuch kam, oder ›Wann geht denn dein lieber Zug?‹«
»Also bei euch hab ich sowas noch nie gefragt, bei euch Kindern! Nie! Und wehe, wenn ein anderer sowas gesagt hätte! Nur bei Besuch. Ihr seid ja keiner, ihr kommt nach Hause. So wie Cor. Sie ist nun schon drei Wochen hier, und wir haben uns noch nie gekabbelt.«
»Wirklich?«
»Niemals. Höchstens –«
»Momme kuppelt nicht –«
»Ich sag doch, ich hatte es nie nötig –«
»Nein. Wir haben alle vier zeitig geheiratet. Und jetzt sollte sie ausgerechnet bei dir kuppeln, die du –«
»Quatsch, nun versteh du das auch noch verkehrt. Ich bring Momme das Autofahren wieder bei, da kuppelt sie nie – oder doch zu spät. Es zerreißt mir die Ohren und die Seele –«
Sie waren in das winzige Wohnzimmerchen getreten und hatten sich an den Tisch gesetzt, Corona stand noch einmal auf und nahm Tassen aus dem blauen Bauernschrank, schaltete den elektrischen Topf ein, ging hin und her. Momme saß, benommen von Glück, und sah zu ihrem Sohn auf. Der lachte.
»Also kuppeln mußt du noch lernen, Momme. Wie figura lehrt. Und du willst dir wahrhaftig einen Wagen kaufen?«
»Höchstens eine uralte Schleuder. Etwas ganz, ganz Bescheidenes. Ich hab gut verdient, nicht nur redigiert, auch übersetzt. Ein reizendes Buch, aus dem Holländischen. Das ist vielleicht eine lustige Sprache! Ich glaube, etwas Ernsthaftes könnte man darin gar nicht ausdrükken.«
»Aus dem Holländischen? Ja, kannst du denn Holländisch?«
»Aber nein, jedenfalls – ach, weißt du, ein kluger Mann hat mir einmal gesagt: ›Hauptsache, der Übersetzer kann deutsch.‹ Und weil ich doch nun so viele – in all den Jahren summiert sich das – so viele Manuskripte stilistisch redigiert habe, meine ich, vom Deutsch-Schreiben etwas zu verstehen. Da hab ich es gewagt und mir die Übersetzung ausgebeten, und siehe da, der Verlag war vom Resultat sehr angetan. Er versprach mir sofort neue Aufträge. Gut, ja?«
»Gut, Momme. Nein, was haben wir doch für eine Mutter!«
»Ach, weißt du, eine neue Sprache lernen, das ist, als ob sich dir eine Tür öffnet, durch die man in ein neues Land hineingeht. Sehr schön, sehr spannend, und lustig! Weißt du, was auf holländisch ›unbefestigte Randstreifen‹ heißt? ›Verblödelte Rabatten‹. Herrlich, nicht? Und ›Universitätsklinik‹? ›Akademisches Ziekenhus‹!«
»Siechenhus«, verbesserte Corona leicht indigniert. Momme aber lachte.
»Ziekenhus ist viel schöner. Ich weiß, daß es von siech, Siechtum her kommt. Ja, und als Cor nun fand, ich müsse ein Auto haben, da hab ich zugestimmt. Warum nicht? Wenn nicht große andere, notwendige Ausgaben dazwischenkommen. Man kann ja nie wissen. Ich will es »Pourquoi-pas« nennen. Meine erste Übersetzung hab ich nämlich aus dem Französischen gemacht, Französisch hab ich in der Schule so sehr geliebt. Da besaß ich wenigstens eine Grundlage. Es war eine reizende kleine Liebesgeschichte, verschämt und gleichzeitig stolz – man küßt sich auf der Straße, aber eingehakt geht man nicht ...«
»Du kommst ja richtig ins Schwärmen, Momme«, sagte Rupprecht verwundert, »so, als hättest du es erlebt. Warst du je in Frankreich?«
»In Paris, wenn du nichts dagegen hast«, sagte die Mutter. Sie wurde rot und ärgerte sich darüber. Deshalb fuhr sie fort, nun gerade: »Ja, sogar zu zweit, wie sich das für Paris gehört. Es ist zwar lange her –«
›Was lange her ist, stört die Kinder nicht mehr‹, hatte Marika, eine sehr amourös veranlagte Freundin Mommes, einmal gesagt, die, ebenfalls verwitwet war und ebenfalls Kinder hatte. Rupprecht, der samt seinem Zwillingsbruder eine Zeitlang in einem Internat gelebt hatte, also nicht immer zu Hause gewesen war, tat sehr erstaunt-moralisch. »Aber Momme! Und wir nichtsahnenden Söhne –«
»Halt den Schnabel. Ihr braucht ja nichts zu ahnen. Ahne ich etwa, was für verschlungene Liebespfade ihr –«
»Also doch Liebespfade! Ich hatte gehofft, du wärst rein beobachtend, sozusagen geschäftlich in der capitale d’amour gewesen, jetzt aber hast du dich verschnappt. Jedoch sei es dir verziehen, wenn es lange her ist. Immerhin – oh Momme, und dir wollte ich meine Kinder anvertrauen! Übrigens, wenn du dann einen Wagen hast, paßt das ja großartig. Ihr könntet ins Schwimmbad fahren –«
»Wann? Wann soll Momme mit deinen Kindern –« Corona trat, die Kaffeekanne in der Hand, an den Tisch. Sie war kurz verschwunden und hatte sich umgezogen, trug jetzt einen knallroten Pulli, ziemlich anliegend, ›körperfreudig‹ nannte man das in der Familie, zu einer engen weißen Hose und sah bezaubernd aus, wie Momme wieder einmal insgeheim feststellte.
»Ach so, ja«, fuhr Rupprecht fort, »ich hab vergessen, dir zu sagen: Sigrid läßt natürlich grüßen, sehr sehr herzlich. Und wir fahren diesen Sommer nicht nach Sizilien, sondern nur in die Heide. Längst geplant. Sigrid muß sich einmal von den Kindern erholen, muß gar nichts tun als schlafen und essen, was andere gekocht haben, hie und da ein Blümchen pflücken – wenn es in der Heide welche gibt, oder sonst eben Heidekraut – und danach wieder alle viere von sich strecken. Sich richtig ausruhen. Und da wollten wir dir die Kinder bringen. Das dürfen wir doch?«
»Selbstverständlich. Großmütter sind dazu da, Enkel zu hüten. Sie tun es auch gern. Im Sommer? Falls Corona bis dahin –«, sie brach ab.
»Natürlich hab ich bis dahin eine Bude«, sagte Corona rasch. Sie bewohnte zur Zeit Mommes drittes Zimmer, ein viertes gab es nicht in dieser Wohnung. Momme sah zu ihr hinüber. Sie fragte nicht, aber es fragte aus ihren Augen.
»Na ja, wenn du schon pausenlos in mich hineinbohrst«, sagte sie kratzbürstig, »ich will nämlich die PH machen, hab mich zur Prüfung angemeldet. Momme muß ja immer alles wissen ...«
»Hab ich gefragt? Und gebohrt schon gar nicht«, fuhr die Mutter auf. »Ich frage nie, weil ich von meiner Mutter immerzu gefragt wurde. Dauernd wollte sie wissen, welchen Mann ich heiraten und welchen Beruf ich ergreifen wollte. Deshalb hab ich euch nie gefragt. Du bist mit der pädagogischen Hochschule von selbst herausgerückt. Sehr schön, sehr ordentlich. Hoffentlich klappt es mit der Prüfung. Wann ist sie denn?«
»Ich denke, du fragst nie?«
»Himmel,