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Prinzen von Stayningen vorstelle.«

      »Meine Gnädigste ...« Der Standesherr verbeugt sich ... »Gnädigste scheinen etwas zu suchen?«

      »Ach ja Durchlaucht!« sagt Hilda etwas befangen, ... »ich möchte so gern auf das Pferd meines Bräutigams wetten ... und er kann es nicht besorgen, weil er sich vorgenommen hat, nicht mehr zu setzen ...«

      »Aber bitte, meine Gnädigste ... sofort!« Der Prinz steigt die Treppe herunter und wandert vornüber gebeugt, in sorgvollem Schritt zum Totalisator, um nach kurzem mit dem Ticket zurückzukehren ... »Hier ... bitte gehorsamst ... werden zwar wenig Freude daran erleben ...«

      »Warum?« fragt Hilda, indem sie aus ihrem Miniatur-Portemonnaie die zwanzig Mark nimmt und mit schüchternem Lächeln jenem einhändigt.

      »Nun,« meint der Dynast, »Rennen ist ja ein todsicheres Ding für Minotauros ... Pfeiffer reitet ihn ... der sächsische Husar ... dann ist noch Mary im Feld ... auch 'ne tüchtige Stute ... tragen freilich beide schweres Gewicht ...«

      »... und der Boden ist zwei Zoll tief aufgeweicht,« ergänzt Parsenow ... »aber trotzdem ...«

      »Na ... werden ja sehen«, scherzt das Gigerl, »Rennplatz, meine Gnädigste, hat so gewissermaßen etwas weibliches an sich ... unberechenbar bis zum letzten Augenblick ... ha ... ha!«

      »Ach, Durchlaucht ... ob die Männer anders sind?« sagt Frau Hilda melancholisch ... »wieviel Pferde laufen denn übrigens?«

      »Nur die drei ... kleines Feld ... matte Affaire,« erwidert Stayningen ... »muß übrigens gleich losgehen ... aha ... da kommen sie.«

      Dicht hintereinander schreiten die drei Pferde in die Bahn. Voran Minotauros, ein schöner Wallach, auf dem Leutnant Pfeiffer, ein Herr mit scharfgeschnittenem Gesicht, sitzt, dann der alte Cocktail. Ihn steuert Wendlau, der kleine Husar, dem von dem Sturze mit Satanella keine üblen Folgen verblieben sind. Parsenow selbst hat ihn dringend gebeten, heute zu reiten, damit es nicht so aussieht, als trage er ihm den Accident des kostbaren Renners nach.

      Auf Mary, dem dritten Gaule endlich sitzt eine etwas bläßliche Gestalt in buntem Dreß.

      »Das ist Herr Röthlingk« erläutert der Prinz ... »komischer Kunde ... hätt's gar nicht nötig zu reiten ... und thut's doch immer wieder ...«

      »Nun ... wenn es ihm Spaß macht ...«

      »Spaß ... aber ich bitte Sie, Gnädigste ... sehen Sie ihn doch an, wie aschgrau er aussieht ... Er stirbt jedesmal beinahe vor Angst, der Knabe ... Ehe er sich in den Sattel setzt, stürzt er 'ne ganze Pulle Sekt herunter ... Er ist auch schon jetzt wieder zu dreiviertel bezecht ...«

      »Und dabei gewinnt er noch womöglich.« sagte Parsenow grimmig, »er klemmt sich auf's Pferd, macht die Augen zu und reitet hinter Pfeiffer drein bis zum Ziel ...«

      »Der Pfeiffer hat nu wieder 'n Kater« meint der Prinz vergnügt. »Sie haben ihn gestern bei Uhl unter Sekt gesetzt. Er hat bis heute um elf geschlafen. Nicht 'mal die Bahn hat er sich ordentlich angesehen ... und dabei kennt er sie so gut wie gar nicht ...«

      »Dann steigen ja meine Chancen ...«, der Graf sieht blinzelnd nach dem Start dicht an der Tribüne, wo in diesem Augenblick die Fahne fällt. Die drei Pferde kommen, Kotspritzer mit den Hufen hinter sich aufwerfend, in kurzem Galopp vorbei und segeln dem Wäldchen zu.

      Schon ehe sie es erreichen, ist es klar, daß Cocktail auf die Dauer nicht wird mitkommen können. Auch scheint ihm die Sache gar keinen Scherz zu machen. Schon ist er fünfundzwanzig, dreißig Längen hinter den beiden anderen zurück, als die Gesellschaft im Wäldchen verschwindet.

      Ein heiteres Murmeln geht durch die spärlichen, teilnahmlos herumsitzenden Gruppen, während sie wieder auftaucht. Minotauros führt, Mary hält sich krampfhaft dicht hinter ihm, und eine weite Strecke zurück galoppiert der greise Cocktail so mißvergnügt dahin, als wollte er sagen: »Kinder ... was sollen die Scherze ... ich bin zu alt dazu!«

      Plötzlich ein rascher Ausruf ... ein paar Stimmen dazwischen ... und ein ganzes Gewirr von Flüchen und Gelächter. Man springt auf und gestikuliert die Operngläser werden erhoben ... man streitet und schreit ...

      »Was ist denn los?« fragt Hilda ängstlich.

      Parsenow läßt sein Glas sinken. Ein grimmiges Lächeln geht über sein Gesicht. »Sie haben sich verritten!« sagt er vergnügt, »Pfeifer und der andere ... dort an der Schleife, sind sie aus den richtigen Flaggen gekommen ... und dabei reiten sie immer noch weiter! ... wenn jetzt Wendlau aufpaßt! ... setzte er nach einiger Zeit murmelnd dazu.

      Und Wendlau paßt auf! Er hat die Situation überschaut und jagt an der verhängnisvollen Stelle geradeaus, den richtigen Weg weiter, während eben erst die beiden andern den Irrtum gewahr werden und im Bogen schwenken, um den langen Weg bis zu der Schleife zurückzureiten.

      »Wenn der Wendlau Vernunft hat, muß er jetzt losreiten wie toll!« klingt hinter Hilda Stayningens heisere, knarrende Stimme, und fast zugleich beugt sich neben ihr Parsenow vor: »Gott sei Dank ... er reitet!«

      Draußen, im Felde merkt der alte Cocktail zu seinem lebhaften Mißvergnügen, daß sein Reiter plötzlich energisch zu werden anfängt. Peitsche und Sporen thun ihre Schuldigkeit. Der steife Hengst wird lebhaft. Er beginnt sich zu strecken und geht in rascher Fahrt dahin, während der Husar sich alle Augenblicke im Sattel umwendet, um nach den beiden Rivalen zu schauen, die viele hundert Längen hinter ihm aus allen Kräften losjagen.

      Aber die Distanz ist zu groß und zudem der gelockerte Boden den schwergewichtigen Pferden nicht günstig.

      Bis auf zwanzig Längen kommen sie heran, dann aber schießt der ununterbrochen energisch aufgemunterte Cocktail mit fliegenden Nüstern und schaumbedeckt durch das Ziel. Musiktusch ... Heiterkeit und Lärmen überall ... trotz etwaiger Geldverluste ist man dem alten Veteran beinahe dankbar für die Ueberraschung die er in den langweiligen Regentag gebracht.

      »Nun haben wir fünfzehnhundert Mark gewonnen!« sagt Hilda strahlend und schlägt vergnügt wie ein Kind die schmalen Handflächen zusammen.

      »Mehr.« Parsenow steht auf. »Du vergißt Dein Totalisator-Billet!«

      »Ach ja!« daran hatte sie nicht gedacht. »Darauf giebts ja auch noch was!«

      »Wahrscheinlich 'ne ganze Menge!« meint Stayningen. »Werde sofort nachschauen meine Gnädigste!«

      Es dauert kaum eine Viertelstunde, bis das überraschende Resultat bekannt ist. Der Totalisator zahlt den fünf Glücklichen, die auf Cocktail gesetzt, das 45fache Geld aus. So hohe Odds waren schon lange nicht da. Mit freudigem Staunen sieht Hilda auf das Päckchen Banknoten, die ihr der Prinz bringt, und zählt sie immer wieder durch, um sich zu überzeugen, daß sie wirklich – durch eigene Arbeit, wie sie stolz hinzusetzt, – die Summe von beinahe 900 Mark verdient hat.

      Das Rennwesen erscheint ihr jetzt auf einmal in einem ganz anderen Licht. Sie überlegt. »Weißt Du,« wendet sie sich dann zögernd zu dem Grafen, »eigentlich könntest Du doch ein paar von den Pferden behalten. Es ist so nett?«

      »Das denkst Du Dir jetzt so!« meint Parsenow ... »wenn ich dann verliere, kommt Dir die Sache anders vor ...!«

      »Wenigstens zwei Pferde ... oder eins nur ... damit man doch sagen kann, man hätte auch seinen Rennstall ...!«

      »Ob man einen Steepler hat oder zehn ...« der Graf steht auf und knöpft den braunen Sport-Paletot zu, ... »das bleibt sich ganz gleich, liebes Kind! ... sein Geld wird man doch los ... so oder so ... Und nun entschuldige mich einen Augenblick. Ich will mal sehen, wie es mit der Versteigerung steht.«

      Der Regen schlägt Parsenow ins Gesicht, als er, die steilen Holztreppen an der Seite der Tribüne heruntersteigend, auf den nassen Rasen tritt. Kein Mensch ringsum. In der Ferne blasen die Musikanten melancholisch in dem winddurchpfiffenen, offenen Tempelchen; ganz weit hinten sieht man eine Reihe Equipagen und Droschken in dem Nebel, deren Kutscher es sich in dem Innern der Vehikel bequem gemacht haben, während die Gäule unwirsch, die triefenden Schädel schütteln und mit

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