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und begann mit spitzem Munde, Rauchringel zu blasen.

      »Warum kommst Du denn heute so früh?« frug sie endlich.

      »Warum?« – Parsenow räusperte sich. »Weil ich mit Dir zu reden habe, mein Kind.«

      »So? ... ich mit Dir auch!«

      »Na ... dann schieß los ... Wie viel macht es denn zusammen?«

      »Was?«

      »Die ganze Summe! Ich kann doch unmöglich deine unvernünftigen Rechnungen auch noch einzeln durchsehen!«

      »Natürlich!« sagte Erna und sah ihn feindselig an, »Geld ... immer nur Geld! Etwas anderes, glaubt Ihr, giebts nicht ... als das Gold ...«

      »Oh doch« ... erwidert Parsenow ... »wenn ich mich recht erinnere, nimmst Du sogar Kassenscheine lieber ... Es brauchen keine kleinen zu sein, wenn es nur viele sind ...«

      »Genug von den Witzen!« Die Ernesti stand auf, schleuderte die Cigarette auf den Boden, wo sie noch eine Zeitlang in den persischem Teppich weiterglimmte und seufzte auf. Die Zeit schien ihr gekommen, dem Grafen eine Parolie zu biegen.

      »Was hast Du?«

      »Ach, mein lieber Freund ...« Erna brachte eine leise Wehmut in ihre Stimme und versuchte, sehr ernst auszusehen ... »ich habe alles überdacht ... diese Nacht, während ich schlaflos dalag ...«

      »Schwindl' doch nicht, Kind« bemerkte Parsenow gleichmütig dazwischen ... »ich kenne Deinen Schlaf. Ein Murmeltier ist nichts dagegen ...«

      »Und diese lieblose Bemerkung,« fuhr die Schauspielerin unbeirrt fort ... »bestärkt mich nur in meinem Entschluß ...«

      »In welchem?«

      Erna sah den Grafen seelenvoll an.

      »Wir müssen uns trennen, mein Freund!«

      »Ah ... Das ist stark!« Parsenow stand verblüfft auf.

      »Wir verstehen uns nicht mehr ... wir ... na mit einem Worte ... von heute ab ists aus!«

      »Es ist doch unglaublich!« Staunend steht Parsenow auf die schlanke Gestalt, die da in dem blauen Morgenrock vor ihm steht. »Weißt Du denn überhaupt, was Du sprichst?«

      »Sehr genau!«

      »Und Du hast die Stirne, mir so ... beinahe ... den Laufpaß zu geben!«

      »Nicht nur beinahe ... sondern wirklich?«

      »Da hört aber denn doch die Weltgeschichte auf!« Parsenow tritt verstört an das Fenster. Diese Kröte ... als ob sie es wüßte, weswegen er gekommen ist ... Sie war immer ein kluges Mädchen, aber so viel Schlauheit hätte er ihr doch nicht zugetraut.

      Endlich wendet er sich vorwurfsvoll um: »Also das ist Dein Dank?«

      »Wofür denn?«

      »Wirklich, Erna« ... und er tritt näher zu ihr heran, die vor dem Kamin auf dem Boden kauert und mit der Zange zwecklos in der Glut herumstochert, »das hätte ich Dir nicht zugetraut ...«

      »Wir waren doch neulich zusammen im Friedrich-Wilhelmstädt'schen ...« sagt Erna, vom Boden her, ohne sich umzudrehen ... »Erinnerst Du Dich noch, was sie da sangen ...

      Was Du nicht willst, daß man Dir thu' ...

       Das füg' schnell vorher dem andern zu ...«

      Trällernd klingt die leichtsinnige Melodie von ihren Lippen. Dann steht sie auf und reicht dem Grafen die Hand. »Na ... und nun sei nicht böse ... es geht doch nicht anders ... komm ... wir wollen als gute Freunde auseinandergehen ...«

      »Na, meinetwegen!« ... Parsenow lacht auf und drückt ihre schmale Hand, daß sie fast schreit. »Ein geriss'ner kleiner Käfer bist Du ... daß muß man Dir lassen.«

      »Na ... und später« ... Erna bläst sich schmollend auf die Hand ... »wenn Du da 'mal Lust hast, so besuche mich doch des Nachmittags auf ein Plauderstündchen ...«

      »Danke!« sagt Parsenow und greift nach Hut und Stock ... »Ich liebe die Kaffeeverhältnisse nicht. Mir scheint, Du hältst mich schon vollständig für einen Biedergreis ...«

      »Na ... wenn Du doch heiratest ...« meint die Schauspielerin. »Uebrigens ... sie ist hübsch. Ich habe sie gestern in der Loge gesehen.«

      »Wenn sie nur Dir gefällt!« erwidert der Graf bissig. »Das ist die Hauptsache.«

      »Hat sie denn Geld?«

      Diese Frage ist denn doch zu dumm, als daß sie Parsenow einer Antwort würdigte. Soll sie etwa noch arm sein? Als ob man zum Vergnügen heiratete! »Guten Morgen« sagt er trocken, schüttelt Erna die Hand und tritt auf den Corridor. Ein wehmütiges Lächeln gleitet über sein Gesicht. Dann steigt er die Treppen hinunter zum Wagen. »Franz ... in den Blumenladen von Schmidt unter den Linden!« ...

      Als Herr van Look eine Stunde später seine Aufwartung machte, wurde er durchaus nicht so rasch empfangen. Er mußte eine ziemliche Zeit warten, bis Fräulein Ernesti wohl frisiert und in elegantem Morgenrock hereinrauschte und ihm freundschaftlich die Hand entgegenstreckte.

      Uebrigens dauerte die Antrittsvisite nicht lange. Beide Teile waren noch etwas befangen. Es war, als ob der Schatten Parsenow mit seinen blitzenden Augen und seinem dräuenden Schnurrbart in dem traulichen Boudoir umginge.

      So verabredete man nur, sich des Abends nach dem Theater zu treffen, um gemeinsam im »Bristol« zu soupieren. Dann empfahl sich der Bankier, den dringende Geschäfte nach der Börse riefen.

      Als er ging, ließ er neben dem Blumenstrauß, den er gebracht, unauffällig ein Briefkouvert liegen. Erna übersah es geflissentlich. Aber als sie es später neugierig öffnete und das dicke Banknotenbündel sah, ging ein Lächeln der Befriedigung über ihre edelgeformten Züge. Auch das Kammermädchen, dem van Look zwanzig Mark in die Hand gedrückt, war guter Dinge. Der neue Herr hatte sich günstig eingeführt ...

      Erna blickte ihm gedankenvoll nach. Sie suchte ihre neue Rolle hervor und sperrte sie in ein Schubfach ihres Schreibtisches, um sie, wie eine gereizte Löwin ihr Junges, gegen etwaige Abholungsversuche von Seiten des Theaterdieners zu verteidigen. Dann faßte sie nach ein paar zierlichen, an dem Griff mit Leder überzogenen Hanteln und begann seufzend damit zu turnen, eine langweilige, aber bei ihrer Schmächtigkeit unerläßliche Uebung, um die Arme in angenehmer und nicht zu weichlicher Rundung zu erhalten.

      Als Parsenow in den Blumenladen trat, fand er dort einen Herrn damit beschäftigt, sich eine Gardenia in das Knopfloch des Smoking-Coat zu zwängen. Ein plump gebauter Mensch mit wulstigen Gesichtszügen, matten kleinen Augen und leicht geröteten Wimpern. Das war der Prinz von Stayningen, der letzte Sproß eines uralten schwäbischen Dynastengeschlechts.

      »Nanu, Parsenow ...« sagte der Prinz mit heiserer Stimme, als er bemerkte, welch kostbare Blumenspende jener sich zusammenstellen ließ, ein Füllhorn von Epheu und Immergrün umwunden, aus dem in duftigen Wogen frische Veilchen von San Remo hervorquollen ».. verwöhnen Sie die Ernesti nicht zu sehr ...«

      »Wer sagt Ihnen denn, daß das für die Ernesti ist?« Der Graf beugte sich über den Korb und ordnete an den Veilchen.

      »Na ... für welches Weib denn sonst?«

      »Für meine Braut ... Frau von Braneck ...

      Parsenows Stimme klang unheimlich in ihrem halblauten, schneidenden Ton.

      »Ach ... pardon!« stotterte der Prinz ... »hatte ja keine Ahnung ... also verlobt ... Deubel auch ... gratuliere ... ja ja ... so gehen sie alle hin ... einer nach dem andern ... 's is tieftraurig ...«

      Die Neuigkeit brannte auf ihm. Es litt ihn nicht länger in dem Laden. Mit hochgehobenem Ellenbogen reichte er Parsenow zwei Finger der Rechten, griff nach der zierlich geglätteten, mit Silber beschlagenen Keule, die ihm als Spazierstock diente, und zog hinaus die Linden entlang. Vorübergehende sahen lachend der vulgären Gigerl-Erscheinung nach und machten ihre Glossen über seinen hohen, gestreiften Hemdkragen, den viel zu kurzen,

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