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starrte in die Toilettenschüssel. Eine sonderbare Angst überfiel ihn, schnell machte er den Deckel zu und drückte den Spülknopf, immer wieder. Hatte man so was in sich, diesen braunen, stinkenden Dreck? In seinem Körper, in seinem Magen, seinem Darm. Richtig lebendig hatte es ausgesehen, als es da im Wasser lag. Was für eine eklige, blöde Konstruktion.

      Seine Beine zitterten, er legte sich aufs Bett und schloss die Augen.

      Das Telefon klingelte.

      Zuerst wollte er nicht rangehen. Vermutlich war es seine Mutter, die seine Hilfe für irgendetwas brauchte. Er hatte versprochen, sich ihren alten Saab anzugucken, der in der Garage stand. Da stimmte etwas nicht mit der Zündung, aber das schaffte er im Augenblick nicht, dazu war er zu müde.

      Dann fiel ihm ein, dass es vielleicht jemand von der Wache war. Vielleicht brauchten sie Verstärkung, sie wussten ja, wo er zu finden war.

      Aber die waren es nicht. Es war Waltraut.

      7

      LB beorderte die ganze Gruppe, sich am Nachmittag einzufinden. Ein paar von den anderen Gruppen wollten auch kommen, schließlich kannten alle Almis, aber er lehnte ab. Es durften nicht zu viele sein.

      »Wir werden mit euch später reden. Es ist erst mal wichtig, dass wir, die ... die ihm am nächsten standen ..., dass wir zuerst drüber reden.«

      Engen fror. Er trug seine eigene Kleidung, Jeans und einen Baumwollpullover, er überlegte, ob er nicht die Uniform anziehen sollte, obwohl er diese Schicht nicht arbeiten musste. Er hatte das Gefühl, er wollte sich als Teil eines größeren Ganzen zeigen, als ein unscheinbares Rädchen, das nur in Kombination mit den anderen funktionierte, nicht aus eigener Kraft.

      Der Leiter der Wache hatte ihnen freigegeben. Was passiert war, war einfach zu heftig. Aber dann hatte er sie angerufen und sie gebeten, doch für eine Weile zu kommen.

      »Wir müssen über die letzte Nacht reden«, hatte er erklärt, und seine Stimme hatte eine dünne, zittrige Schärfe bekommen.

      Debriefing wurde das genannt. Oder Kameradenunterstützung. Manchmal kam jemand von außen und führte das Gespräch, manchmal übernahm das jemand von der Wache. Es war wichtig, das durchzusprechen, was geschehen war, damit man weitermachen konnte. Das alte Sprichwort, dass die Zeit alle Wunden heilt, stimmte nicht mehr.

      Oft sprachen sie über alles hinterher in der Sauna. Schmutzig und müde, gingen alles noch einmal durch, schimpften auf fehlende Ressourcen und über das Material, das nicht in Ordnung war.

      Aber heute nicht. Die Leute waren sofort nach Hause gefahren. LB hatte Kurse mitgemacht und gelernt, wie solche Gespräche zu führen waren. Trotzdem war er beunruhigt. Er hätte natürlich gut und gern jemand anderen herbeiholen können, aber er war der Meinung, er müsse das selbst machen, schon wegen Almis. Sonst hätte er das Gefühl, ihn im Stich zu lassen.

      Alle bis auf Jompa hatte er erreicht. Bei dem hatte sich zu Hause niemand gemeldet, und seine Handynummer fand er nicht. Sie wollten sich im Kellergeschoss treffen, wo normalerweise die Feste gefeiert wurden. Auf dem Weg nach unten stieß er auf den Putzmann. Er war auf dem Weg nach Hause.

      »Du hast nicht zufällig Jompa gesehen?«, fragte LB.

      Der andere schwieg.

      LB wiederholte seine Frage.

      Da machte der Putzmann eine ruckartige Bewegung mit dem Kopf und zeigte nach oben.

      »Ist er hier?«

      »Ja. In seiner Kammer. Er wollte in Ruhe gelassen werden.«

      Engen stand direkt hinter ihnen.

      »Ich kann ihn holen«, sagte er.

      »Ja, wenn du so nett bist.«

      Dann saßen sie also alle acht da. Engen, Jompa, Tuborg, Jack, Roffe, Evert, Myran und er selbst, LB.

      Der Raum lag im Dunkel, nur von einem Adventsleuchter auf dem Bartresen erhellt. LB schaltete die Deckenbeleuchtung ein. Er betrachtete die nackten, leeren Gesichter vor sich, niemand erwiderte seinen Blick, alle schauten zu Boden oder auf die eigenen Hände.

      »Das war hart«, sagte er. »Verdammt hart.«

      Niemand gab eine Antwort.

      »Aber wir müssen jedenfalls ... Also, wir sind uns doch einig, dass wir über das, was wir hier drinnen sagen oder tun, absolutes Stillschweigen bewahren. Gegenüber anderen. Nichts davon dringt nach draußen. Ist das in Ordnung?«

      Alle nickten.

      »Schließlich haben wir gerade einen Arbeitskollegen und Freund, Stefan Almgren, verloren. Und das trifft uns alle, wir sind alle traurig und schockiert über das, was passiert ist.«

      Er unterbrach sich und blieb eine Weile schweigend sitzen. Seine Stimme war ganz brüchig.

      »Wenn wir mal versuchen, das zu rekapitulieren ...«

      Und er konzentrierte sich auf den Handlungsablauf, den Alarm, der anonym aus einer Telefonzelle gekommen war, den Aufbruch und den Einsatz. Das Feuer selbst war gelöscht worden, sobald sie Verstärkung bekommen hatten. Aber da war es für Almis schon zu spät gewesen.

      Engen musste berichten, wie es da drinnen gewesen war. Er beschrieb, wie sie sich vorgetastet hatten, wie der Rauch sie eingehüllt und wie er sich nach Almis umgedreht hatte.

      »Wir haben ein Geräusch gehört«, sagte er. »Es klang, als wenn jemand da drinnen wäre, verletzt oder so ... jemand, der Hilfe brauchte. Aber wir haben niemanden gefunden. Und ich wollte mit Almis darüber reden, aber als ich mich dann umdrehte ... da war er nicht da. Und das ist ja schon merkwürdig, denn schließlich war er die ganze Zeit direkt hinter mir ... und ich denke, dass ...«

      Er verstummte.

      »Ja, das ist schon merkwürdig«, sagte LB. »Was hast du gemacht, als du gemerkt hast, dass er nicht mehr da ist?«

      Engen fuhr sich mit dem Finger unter der Nase entlang. Er räusperte sich, alles kam wieder zurück. Die Hitze, der Rauch, der ihn einhüllte und es ihm unmöglich machte, etwas zu sehen, er versuchte, am Schlauch entlang zurückzukriechen, während er Tuborg draußen zurief: »Wir brauchen sofort Hilfe. Ich glaube, es ist was passiert. Wir schaffen das hier nicht allein.«

      »Warum zum Teufel hat er seine Atemmaske abgerissen?«, fragte Tuborg, und sie hörten seinen dänischen Akzent, auffälliger als sonst. »Verdammt, warum hat er das gemacht?«

      »Ja«, sagte LB. »Das ist die große Frage.«

      Evert sagte:

      »Ich habe so was schon mal erlebt, das war in Göteborg, als ich da gearbeitet habe. Ein Kumpel von mir kriegte die große Panik, er hat sich die Maske abgerissen und den ganzen Mist, die Flaschen und alles. Er fing an, da drinnen Amok zu laufen, das war in einer Wohnung ... aber schließlich haben wir ihn rausgekriegt, lebendig.«

      »Ja. Aber so was ist ja nun nicht gerade üblich.«

      »Es war schrecklich, ihm zuzusehen, so was hat keiner erwartet ... er nahm einen Sessel und warf den direkt in den Feuerherd, als wollte er ...«

      »Okay, Evert. Okay. Aber wir wollen uns jetzt lieber auf die letzte Nacht konzentrieren ... Engen, was hast du gedacht, als du bemerkt hast, dass Almis nicht da war, kannst du ...?«

      Engen guckte auf seine Nägel, sie waren kurz und gedrungen, seine Nägel und seine Finger, er konnte sie steuern und mit ihnen machen, was er wollte, er konnte seine Kinder mit ihnen streicheln oder seine Frau, er konnte einen Wasserschlauch damit packen oder sich am Hintern kratzen. Seine Hände, sein lebendiger Körper. Seine Zähne schlossen sich, bissen fest zu, seine Kiefermuskeln zitterten vor Schmerz.

      »Gedacht? Was ich gedacht habe?«

      »Ja, was hast du gefühlt, als du gemerkt hast ...?«

      »Ich wurde wütend. Ja, nicht gleich, zuerst bekam ich eine Riesenangst und wurde ganz unruhig, mir war ja klar, dass irgendwas passiert war, und ich war ganz

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