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Verkaufsraum zu besichtigen. Ich ging zu Fuß die Canebière hinunter, die sich vor mir ausbreitete wie ein farbenprächtiger Teppich. Olivgrün, weinrot und honiggelb schimmerte der Boulevard, eine glänzende Weite, die vor mir lag, voller Versprechen auf ein angenehmes und angesehenes Leben. »Mira«, sagte ich zu mir selbst, »jetzt bist du angekommen, du wirst ein Geschäft in den Hafendocks, im neuesten und angesagtesten Geschäftsviertel der Stadt, eröffnen.« Beschwingt und voller Tatendrang bog ich in die Rue de la République ein, in der der abbröckelnde Stuck, das von Feuchtigkeit angeschwärzte Mauerwerk den neuen, herausgeputzten Fassaden gewichen war. Die wenigen Menschen, die auf der Straße waren, eilten vor den leer stehenden Straßenlokalen auf und ab. Plötzlich klingelte es in meinen Ohren. Zuerst dachte ich, ein Bettler scheppere mit den Münzen in seinem Becher, um weitere Geldstücke anzulocken, doch zu sehen war niemand, der hier in dieser Straße um Geld fragen würde. Das Klingeln wurde lauter, in meinen Ohren begann es zu surren und zu quietschen. Da ruckelte es auf einmal in mir, ein Ruckeln, das sich ausbreitete, das regelmäßiger und rhythmischer wurde, bis es schließlich zu vibrieren begann wie in einem Klangkörper, in dem eine Saite angeschlagen wurde, eine alte, eine verrostete Saite. Jene Saite in mir regte sich wieder, von der ich einst gedacht hatte, dass es sie nicht geben dürfe, die ich schlicht vergessen hatte, da ich endlich angekommen war, gut angekommen in dieser Stadt, in diesem Land. Widerwillig schüttelte ich den Kopf und setzte die Füße fest aufs Pflaster der Rue de la République, um weiter, weiter voranzukommen. In diesem Moment legte sich ein Pfeifen in meine Ohren. Zuerst dachte ich, dass auch dieses Pfeifen ein inneres sei, dass sich zu der verrosteten Saite ein anderes, ein schrilleres Instrument gesellt habe, das mit aller Kraft versuche, mich von dem farbenprächtigen Weg, der vor mir lag und der mich in die renovierten Hafendocks zu meinem neuen Geschäftslokal führte, abzulenken. Doch dann sah ich die Gruppe, die die Straße hinunter direkt auf mich zu ging. Eine kleine Ansammlung von Menschen versuchte, sich mit Trillerpfeifen und selbstgemalten Plakaten Aufmerksamkeit zu verschaffen. »Une ville pour tous« stand auf den Transparenten und »nous restons ici«. Es handelte sich um eine Kundgebung, bei der die Menschen, die vor Jahren in dieser Stadt angekommen waren, um hier ein besseres Leben zu finden, und die während der letzten Monate aus ihren gewohnten Stadtumgebungen vertrieben worden waren, versuchten, sich zur Wehr zu setzen. Ich blieb stehen und ließ den Demonstrationszug passieren. Grüne, blaue und braune Blicke streiften mich. Feindselig waren sie nicht gerade, aber in ihnen lag etwas, eine Art unverwandte Kälte, die mich unangenehm berührte. Als ich mich abwenden und meinen Weg fortsetzen wollte, vernahm ich jenes tiefe, klare Lachen, das sich während meines ersten rauschenden Streifzuges durch das Gassengewirr des Panier über mich ergossen hatte. Zwischen den grünen, blauen und braunen Blicken hielt ich Ausschau nach dem Augenpaar, das sich damals mit leisem Spott von mir abgewandt hatte. Doch die Gesichter der demonstrierenden Menschen waren ernst, in keinem zeigte sich ein Lachen, nicht einmal ein leises, ein spöttisches. Da schwang wieder jene Saite in meine Existenz hinein, die kurz zuvor noch vergeblich und rostig in mir vibriert hatte. Der verheißungsvolle Weg, der vor mir gelegen hatte, wechselte sein Farbenkleid. Blau gewandet war er nun, in ein dämmriges Blau gehüllt die Pfade, die sich eröffnet hatten vor meinen Füßen, die mich zwar weiterhin die Rue de la République entlang zu den Hafendocks trugen, die aber an den neuen, herausgeputzten Geschäftslokalen vorbei in das Hafengelände hineinliefen.

      Ich stand im Personenhafen, in Gedanken verstrickt, die so kompakt und undurchdringlich waren wie der Schatten, der mich gehen und atmen ließ. Mein Leben, mein ganzes Leben hier in Marseille erschien mir plötzlich öd und leer. Über das Ankommen, über jene seltsame Bewegung, die uns über die Meere trägt, die den Fluchtpunkt der Sehnsucht bildet, von dem wir ausgehen, dem wir folgen, habe ich nicht viel erfahren, abgesehen von der kratzigen Sehnsucht, die nicht geschmeidig war und kleidsam wie das blaue Tuch, mit dem ich zum Abschied gewinkt habe, zu jenem Abschied, den ich weder von Olivier noch von meinem Geschäft genommen habe, als ich auf das Fährschiff gestiegen bin, um über das Mittelmehr zu fahren.

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